Julia Weihnachtsband Band 26
Mr Barrington?“
„Er gibt dir eine Gehaltserhöhung von fünfundzwanzig Prozent!“ Vor Begeisterung federte Poppy beinahe in ihrem Sessel auf und ab.
Wendy vergaß, den Mund zu schließen. „Fünfundzwanzig Prozent?“
„Ja!“, rief Poppy. „Und ist der Zeitpunkt nicht genau richtig? Er hat es rückwirkend seit letzter Woche angeordnet, damit du rechtzeitig zu Weihnachten mehr Geld hast.“
Ihr wurde das Herz schwer, und alles drehte sich um sie, als sie wirklich schreckliche Schlüsse daraus zog. Sie hatte ihm eine Abfuhr erteilt, und jetzt bot er ihr Geld an? Ihr wurde flau im Magen. Wollte er sie mit einer Gehaltserhöhung kaufen? „Also, wirklich.“
Die Freude wich aus Poppys Miene. „Du solltest tanzen vor Glück.“
Wendy atmete tief durch und bemühte sich, ganz natürlich auf die scheinbar gute Nachricht zu reagieren, die in Wirklichkeit doch die denkbar schlechteste war. „Ich tanze innerlich.“
„Wendy, alle wissen, dass dir kürzlich das Sorgerecht für den kleinen Sohn deiner Nachbarin übertragen worden ist. Vielleicht will Mr Barrington dir auf diese Weise helfen.“
Wendy lächelte gezwungen. „Bestimmt.“
Poppy reichte ihr ein paar Formulare über den Schreibtisch. „Hier hast du die Unterlagen mit allen Angaben. Die Erhöhung erfolgt mit dem jetzigen Monatsgehalt. Mr Barrington bittet nur darum, dass die Sache unter uns bleibt.“
Wendy stand auf. „Ja, sicher.“
Offenbar war Poppy der bedrückte Unterton in Wendys Stimme entgangen, denn sie erhob sich, griff nach Wendys Hand und drückte sie. „Hoffentlich ist dir das eine Hilfe für deinen kleinen Jungen.“
Wendy lächelte. Es würde unglaublich undankbar wirken, wenn sie nicht ein bisschen Freude zeigte. „Ist es bestimmt. Danke, Poppy.“
„Bedank dich nicht bei mir, sondern bei Mr Barrington.“
„Oh, das werde ich tun.“
Wendy verließ Poppys Büro und wusste nicht recht, ob sie wütend oder beschämt war. Zumal die Barringtons Gehalterhöhungen in den vergangenen fünf Jahren nur auf die Angleichung an die Lebenshaltungskosten beschränkt hatten. Als Einzige eine Gehaltserhöhung zu bekommen, während doch alle in der Fabrik Beschäftigten eine benötigten und verdient hatten, ließ Cullens Großzügigkeit umso auffälliger erscheinen. Wenn jemand von dieser Sache erfuhr, wäre Wendy eine Ausgestoßene.
Als sie in ihrem Büro ankam, atmete sie schwer. Sie stürmte durch die offene Tür in Cullens Büro und knallte ihm die Unterlagen auf den Schreibtisch.
„Was soll das?“
Er blickte auf, musterte ihr wütendes Gesicht und legte die Stirn in Falten. „Der Papierkram für deine Gehaltserhöhung?“
„Das weiß ich!“ Sie hob die Arme und wandte sich vom Schreibtisch ab.
„Und trotzdem bist du wütend.“
Sie fuhr wieder zu ihm herum. „Was hoffst du mit diesem Geld zu erreichen?“
„Zu erreichen?“
„Glaubst du, dafür würde ich mit dir schlafen?“
Im Bruchteil einer Sekunde machte sein verwirrter Gesichtsausdruck einer wütenden Miene Platz. „Hör lieber auf zu reden und lass mich erklären.“ Die Worte klangen geradezu drohend.
Sein Tonfall ließ ihr das Blut in den Adern gefrieren. Herrgott, er war der Chef! Er konnte sie feuern, konnte den Sicherheitsdienst rufen und sie vom Gelände schaffen lassen. Und sie hatte ein Kind zu versorgen!
„Ich habe dein Gehalt überprüft, um zu sehen, ob ich dir helfen kann, da du jetzt einen Sohn ernähren musst.“ Er lehnte sich in seinem Sessel zurück und warf seinen Stift auf die Schreibtischplatte. „Ich hatte ganz sicher nicht die Absicht, dich für Sex zu bezahlen.“
Wendys Wangen glühten. Der Raum drehte sich um sie. Das Atmen fiel ihr so schwer, dass sie nicht sicher war, ob sie überhaupt sprechen konnte, doch es gab kein Zurück. „Trotzdem erteilst du mir Sonderbehandlung, bevorzugst mich. Auch wenn ich mich hinsichtlich deiner Gründe getäuscht habe“ – sie schluckte –, „kannst du nicht mir und sonst niemandem das Gehalt erhöhen, ohne dass es so aussieht, als hätte ich mich bei dir eingeschmeichelt.“
„Bei der Überprüfung deines Gehalts habe ich auch die Gehälter aller anderen gesehen. Niemand in dieser Firma hat in den vergangenen fünf Jahren eine Gehaltserhöhung bekommen. Deshalb erhalten alle zum Januar eine ähnliche Zulage wie du.“
Wendy schämte sich. Sie wollte ohnmächtig werden oder tot umfallen, ließ sich dann aber lediglich in den Sessel vor seinem Schreibtisch sinken.
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