Julia Weihnachtsband Band 26
seinen Schenkel fahren. „Fehlt dir deine Mom?“
„Klar. Aber anders als dir. Ich brauche keine Mutter mehr, die für mich sorgt. Aber du. Was du jetzt fühlst, ist zum Teil auch Angst. In erster Linie Angst davor, alleingelassen zu werden.“
Er nickte.
„Wendy wird dich niemals alleinlassen. Du musst nur an sie glauben.“
Harry sah Cullen in die Augen. So großes Vertrauen sprach aus seinem Blick, dass Wendy der Atem stockte. „Okay.“
„Und immer wenn du Angst bekommst, rufst du mich an.“
„Okay.“
„Genau“, sagte Cullen, zog die Nachttischschublade auf und entnahm ihr einen Stift und einen kleinen Schreibblock. „Das hier ist meine Handynummer.“
Harry grinste. „Cool.“
Cullen legte Stift und Block auf den Nachttisch. „Gut, jetzt hast du meine Nummer. Du kannst mich jederzeit anrufen. Tag und Nacht.“
Sie schwiegen ein paar Sekunden, dann fragte Cullen: „Was meinst du, kannst du jetzt schlafen?“
„Ja.“
„Ich decke dich zu.“
Statt Harry sanft hinzulegen, warf Cullen ihn aufs Bett, um einen Stimmungswechsel herbeizuführen. Der Kleine landete in der Mitte, ein wenig schief auf dem Kopfkissen, und kicherte. „Danke, Cullen.“
„Hey, keine Ursache.“
Cullen zog ihm die Bettdecke bis unters Kinn und gab ihm einen Kuss auf die Wange. „Schlaf jetzt.“
„Okay.“
„Okay.“
Wendy zog sich von der Tür zurück, bevor Cullen sich umwandte. So leise wie möglich huschte sie die Treppe hinunter, lief ins Wohnzimmer und legte sich aufs Sofa. Cullen sollte nicht wissen, dass sie gelauscht hatte.
Ein paar Sekunden später erschien er an der Tür. „Ich glaube, ich habe ihn beruhigt.“
„Danke.“
„Er brauchte nur die Bestätigung, dass alles gut wird.“ Er bewegte die Schultern, als wollte er Verspannungen lockern. „Ich habe ihm meine Handynummer gegeben.“
„Das wäre nicht nötig gewesen.“
„Ich glaube nicht, dass er mich belästigen wird. Er ist den ganzen Tag in der Schule und hat kaum jemals Zugriff auf ein Telefon. Und nach der Schule ist die Nanny bei ihm, bis du nach Hause kommst.“ Er sah sie an. „Aber wenn er mich sechsundvierzig Mal am Tag anrufen muss, um sich zu beruhigen, dann soll es mir recht sein.“
Sie lächelte fein und fühlte sich schlecht, weil sie ihn so falsch eingeschätzt hatte. „Danke.“
„Gern geschehen.“ Er drehte sich um und ging in Richtung Eingangshalle. Wendy folgte ihm zur Haustür.
„Das war eine Zumutung für dich, und ich weiß deine Hilfe zu schätzen.“
„Wie gesagt, es ist gern geschehen.“
Es wurde still in der Halle. Wendy suchte nach Worten, doch ihr fiel nichts ein, es sei denn, sie wollte sich noch einmal wegen der missverstandenen Gehaltserhöhung entschuldigen. Und dieses besonders unangenehme Thema wollte sie nicht noch einmal anschneiden.
Hilflos sah sie zu ihm auf. Er musterte sie forschend.
Wahrscheinlich fragte er sich, wieso sie so begriffsstutzig war, und sie schüttelte den Kopf. „Anfangs haben wir uns so gut verstanden, und jetzt habe ich alles vermasselt.“
„Schon gut.“
„Nein. Du warst immer nett zu mir und Harry, und ich war … na ja … so komisch zu dir.“ Sie atmete tief ein. „Du bist nicht wie mein Mann. Was nicht heißt, dass er nicht auch seine guten Seiten hatte, aber als er starb und mich allein ließ, war ich so wütend. Über dich habe ich wohl voreilige Schlüsse gezogen, und das tut mir leid. Gewöhnlich lasse ich diese Wut nicht an anderen Menschen aus.“
„Aber sie hat dich vorsichtig werden lassen.“
Sie nickte.
„Vielleicht solltest du wirklich vorsichtig sein.“
Sie lächelte. „Du willst mich vor dir warnen?“
„Ja.“
Sein ernster Tonfall verunsicherte sie. Sie suchte wieder seinen Blick. Seine dunklen Augen glühten nahezu, sodass sie ein Kribbeln am ganzen Körper spürte. Wenn sie ihn berühren würde, wäre sie verloren.
„Ich bin nicht der Typ, der sesshaft wird, und du bist durch und durch der sesshafte Typ Frau. Das wüsste ich auch, wenn du Harry nicht hättest. Allerdings verhindert es nicht, dass ich dich will. Du liegst gar nicht so falsch mit deiner Behauptung, ich wäre tyrannisch. Wenn ich etwas will, versuche ich, es mir zu nehmen. Und im Augenblick will ich dich.“
Sie fuhr sich mit der Zungenspitze über die Lippen und trat einen Schritt zurück.
„Vergiss deinen ersten Eindruck und bleib bei der Befürchtung, dass ich deinem Mann ähnlich genug bin, um dich nicht mit mir einlassen zu wollen. Dann sind
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