Julia Winterträume Band 8 (German Edition)
Besonderes.“
„Ah, Liebesromane.“ Er war ehrlich erleichtert. „Ja, nun … manche Küsse sind das auch.“
„Aber nicht alle? Sie meinen, ein Mann küsst eine Frau ohne besonderen Grund?“
„Natürlich nicht. Ein Mann sollte immer … er wünscht sich, dass die Frau fühlt, dass …“
„Ja?“, hakte Catarina sanft nach. „Was soll die Frau fühlen?“
Vor Jahren, als er noch ein Kind gewesen war, da hatten Jake und seine Kumpane an einem bitterkalten Wintertag die Schule geschwänzt und waren zu dem Baggerloch gegangen, in dem sie im Sommer immer schwammen. Eine glitzernde Eisschicht hatte über dem Wasser gelegen.
„Geh, Jake, probier’s aus“, hatten die Jungs gerufen.
Er war gegangen, hatte sich weiter und weiter vom Ufer entfernt. Bis das Eis unter seinen Füßen zu brechen anfing. Da waren die Rufe voller Panik gewesen.
„Mann, es bricht! Jake, komm zurück, es bricht!“
Er war zurückgekommen. Alles andere wäre dumm gewesen.
Aber es hatte da einen Moment gegeben … einen Moment, in dem er gezögert hatte, hin- und hergerissen zwischen dem Wissen, sich in Gefahr zu befinden, und dem unbeschreiblichen Reiz, mit dem Leben zu spielen.
Genauso fühlte er sich jetzt, als er in Catarinas kaffeebraune Augen sah. Noch ein Schritt vor, noch eine Berührung, noch ein Kuss …
Er sog tief die Luft in die Lungen und trat einen Schritt zurück. Weg von dem Eis, das unter ihm zu brechen begann. „Packen Sie aus, und ziehen Sie sich etwas anderes als diesen braunen Sack an. Schlafen Sie ein paar Stunden, oder laufen Sie auf und ab, wie Sie wollen. Ich rufe Sie zum Abendessen.“ Er ging zur Tür, erinnerte sich daran, wie diese ganze Szene hier überhaupt angefangen hatte. „Sie fragten nach Anna. Sie ist meine Haushälterin. Außerdem verheiratet und so um die fünfzig Jahre alt.“
„Oh.“
„Genau, oh. Eigentlich geht es Sie nichts an.“
„Ich dachte nur …“
„Ich weiß, was Sie dachten.“ Damit zog er die Tür hinter sich zu.
Nein, er wusste nicht mehr, was er denken sollte. Denn die Vorstellung, dass sein unschuldiges Mündel, seine in einer Klosterschule erzogene Kindfrau ihn reizen wollte, war einfach unmöglich.
Sie hatte ihn ganz bestimmt nicht provozieren wollen, sie noch einmal zu küssen. Das war ja absurd. So etwas würde sie nicht tun, ganz bestimmt nicht.
Oder?
Fluchend riss Jake sich die Krawatte vom Hals und marschierte nach unten und zum anderen Ende der Wohnung, wo sein Schlafzimmer lag. Er brauchte dringend eine kalte Dusche.
7. KAPITEL
Anna hatte eine Geflügelkasserolle vorbereitet. „Nur in der Mikrowelle aufwärmen“, stand als Anweisung auf einem Zettel. Als das Mahl fertig war, ging Jake zur Wendeltreppe.
„Abendessen ist fertig“, rief er nun hinauf. Keine Antwort. „Catarina? Essen ist serviert.“
Er hörte die Tür schlagen. „Ich habe keinen Hunger.“
„Auch gut. Dann bleibt mehr für mich.“
Damit stapfte er zurück in die Küche und verbrannte sich prompt die Finger, als er die Schüssel aus der Mikrowelle holte und auf die Frühstückstheke stellte. Er war wütend. Wütender, als er sein sollte.
Fluchend holte er eine Gabel aus der Besteckschublade und setzte sich auf einen der hohen Hocker. Er überlegte noch, ob er sich Teller und Serviette holen sollte. Doch wozu? Er war Junggeselle, er aß allein, dank des unberechenbaren Temperaments seines Hausgastes, und er hatte einen Bärenhunger. Es gab also keinen Grund, warum er sich nicht auf die Ellbogen stützen und gleich aus der Schüssel essen sollte.
„Wissen Sie nicht, wie man einen Tisch deckt?“
Jake unterdrückte ein Stöhnen und ließ seine Gabel fallen. „Ich dachte, Sie haben keinen Hunger.“
„Ich habe es mir anders überlegt.“ Catarina schnupperte anerkennend. „Das riecht gar nicht mal so übel.“
„Anna wäre über ein solch überschwängliches Kompliment sicher ganz aus dem Häuschen.“ Er hörte das Fußtappen hinter sich auf dem Fliesenboden.
„Was ist das?“
„Irgendwas mit Hühnchen.“
„Ja, aber was? Auf jeden Fall nicht das grässliche Zeug, das wir in der Schule bekamen.“
„Warum nennen wir es dann nicht einfach so? ‚Nicht-das-grässliche-Zeug‘ …“ Er hatte sich während des Sprechens umgedreht, jetzt stand ihm der Mund offen. „Die Frage ist doch wohl, was ist das ?“
Catarina sah an sich herab. Sie trug einen selbst genähten Jogginganzug. Nun, sie zumindest bezeichnete es als Jogginganzug. Gut gelungen war er ihr
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