Julia Winterträume Band 8 (German Edition)
hilflos vorgekommen, sondern sehr weiblich und wie trunken. Die Art, wie er sie hielt, wie er ihren Kopf zurückbeugte, hatte sie erregt. Und dann, gerade als sie beschlossen hatte, mit dem Analysieren aufzuhören und einfach nur zu genießen, war sein Kuss zärtlich geworden, der Druck seiner Lippen hatte nachgelassen, seine Hände waren sanfter geworden. Und sie war völlig dahingeschmolzen.
Körperlich. Geistig. Emotional.
Stellte der Kuss eines Mannes das immer mit einer Frau an? Falls ja, was würde erst passieren, wenn ein Mann mit ihr schlief? Würde sie zu seiner gehorsamen Sklavin werden? Es musste doch Wege geben, diese zerstörerische Selbstaufgabe zu verhindern.
Sie würde nicht warten, bis sie in einer Ehe eingesperrt war. Sie brauchte die Antworten auf ihre Fragen vorher.
Jake würde es ihr beibringen. Sie würde so viel wie möglich von ihm lernen.
Bis zum Letzten würde sie es natürlich nicht kommen lassen. Sie wusste, was das bedeutete, mehr oder weniger. Jake hatte gefragt, ob sie im Biologieunterricht über Sex geredet hatten, und sie hatte verneint, aber das stimmte nicht ganz. Schwester Angelica hatte das Wort einmal ausgesprochen und gesagt, dass es die Pflicht einer Ehefrau sei. Und hatte sich sofort hastig bekreuzigt.
Catarina sah wieder auf Jake. Wahrscheinlich gab es da noch andere Faktoren zu beachten. Jake sah gut aus, er war jung. Von einem Mann wie ihm geliebt zu werden, war wahrscheinlich anders, als mit einem Mann zusammen zu sein, der alt oder hässlich war. So hässlich wie der dicke Geschäftsmann, der auf der anderen Seite des Ganges vor sich hin schnarchte. Oder so alt wie Estes, dem Büschel weißer Haare aus den Ohren wuchsen.
Catarina schüttelte sich angewidert. Nein, sie konnte nicht darauf zählen, dass der Mann, den Jake für sie fand, so aussah wie er. Sie konnte nicht darauf hoffen, dass sie neben diesem Mann liegen und die faszinierende Freiheit haben würde, ihn zu beobachten, zu berühren …
„Wir setzen jetzt zur Landung in New York an. Alle Passagiere werden gebeten, die Gurte festzuschnallen.“
Catarina richtete sich auf. Eine Ankunft, oh ja, dachte sie und verdrängte alle Gedanken bis auf den einen, der wichtig war.
Überleben.
Rio war groß und selbst an einem regnerischen Tag voller Leben und Energie.
New York war groß, kalt, grau und dumpf wie ein Grab.
Vielleicht lag es an dem überwältigenden Verkehr. An den überfüllten Bürgersteigen. An den Wolkenkratzern, die alles erdrückten. Vielleicht, weil jede Frau, die Catarina sah, Schwarz trug. Schick und elegant, sicher, aber Schwarz.
Catarina drückte sich fast die Nase am Fenster des Taxis ein, das sie beide zu Jakes Wohnung brachte, so angestrengt besah sie sich die Szenerie.
Jakes Apartment lag in einem hohen Gebäude am Central Park. Wasserspeier hockten auf den Ecken des Daches und beugten sich hinunter zur Straße. Der Türsteher begrüßte Jake mit Namen und tippte sich beim Blick auf Catarina an die Mütze. Der Liftführer tat das Gleiche, bevor er einen Schlüssel benutzte, um den Aufzug in Bewegung zu setzen, hinauf zum obersten Stockwerk.
Die Wohnung selbst war ein riesiges Maisonette-Apartment mit einem atemberaubenden Blick auf den Park. Jake führte Catarina eine Wendeltreppe hinauf und über eine lange Diele zu einem Schlafzimmer mit eigenem Bad und sagte, das sei ihr Bereich. Catarina freute sich darüber, dass auch hier die Fenster auf den Park hinausgingen. Die Bäume da unten waren kahl, aber irgendwie schien es Catarina sogar elegant. Das Grau der Bäume passte zum bleiernen Himmel über der Stadt.
Nie zuvor hatte Catarina solch schwelgerischen Luxus gesehen. Ihr Elternhaus war großzügig und hübsch gewesen, aber das hier war feudal. Sie hatte nicht die geringste Vorstellung, wie viel Geld man brauchte, um so zu leben – um überhaupt zu leben. Oder wie viel sie eigentlich erbte. Aber jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt, danach zu fragen.
„Ich schlage vor, Sie packen aus und legen sich ein wenig hin“, sagte Jake unwirsch. „Anna ist nicht hier, aber …“
„Anna?“
Er nickte. „Sie wusste, dass wir kommen. Ich habe sie heute Morgen angerufen. Sie wird etwas zum Abendessen vorbereitet haben.“
Er hatte eine Frau? Eine Geliebte? Und dann hatte er sie, Catarina, geküsst? Noch etwas, das sie über Männer wissen musste. Allerdings hatte Catarina bereits gehört, dass brasilianische Männer nicht unbedingt für ihre Treue bekannt waren.
Die
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