Juliana und das Licht des Mondes
über meine Vergehen. Schweigen herrschte im Raum. Keiner konnte verstehen, warum gerade ich, der Sohn des Fürsten solche Schande über die Familie brachte. Angstschweiß bildete sich auf meiner Stirn, und mein Herz schlug in einem wildem Takt. Doch es half nichts, ich musste mich der Anklage stellen, und so erbat ich um das Wort. „ Ich weiß das ich einen Fehler begangen habe, fing ich mit meiner Rede an. Eine Frau zu begehren die nicht gewillt ist ihre Gefühle ohne Zwang zu verschenken, ist eine sträfliche Tat, und das einzige worin euer Vorwurf bestehen sollte. Dafür aber, muss ich allein die Konsequenzen tragen. Ihr jedoch, die heute hier Anwesenden, solltet nicht über mein Handeln richten, nein, eher über das Verbrechen meiner Vorfahren, welches ihr bis zum heutigem Tage noch gutheißt. Waren es nicht sie, diejenigen die Schande gebracht haben, als man die Bewohner einer anderen fremden Welt zum Zwecke des Sklaventums hierher geholt hatte. Viel zu lange lebten sie in Unterdrückung. Die Taten von einzelnen erschienen wichtiger, als der Ruf und die Anerkennung des Volkes wessen er angehört. Wir waren es doch, wir die Arvianer, die nicht deren einzelne Verbrecher bestraften, sondern ihr gesamtes Volk verbannten. Den Fehler den ich hingegen begangen habe, muss ich alleine tragen. Ich habe die Mutter meines ungeborenen Kindes in die Welt ihrer Vorfahren zurück gebracht, ganz wie es ihr Wunsch gewesen war, und die von ihr hinterlassene Wunde ist schmerzlich.
Noch einmal möchte ich darum bitten, in die Welt fremde Welt der Haragos reisen zu dürfen, um mein Kind zu holen, welches auf Arvia aufwachsen soll. Deutlich spürte ich die Spannung und Verwirrung in den Blicken der Anwesenden, als meine Rede beendet war. Eine Entscheidung zu fällen, lag jetzt ganz in den Händen meiner Familie und der Ratsmitglieder. Ich saß in mich zusammen gesunken auf dem Stuhl, abwartend dessen, wie ihre Entscheidung „ für meine Verbrechen „ ausfiel. Ungeachtet meiner anwesenden Person, entbrannte eine wilde, laute Diskussion, bis endlich eine Entscheidung gefallen war. Mein Vater machte ein sehr ernstes Gesicht, und ich kannte ihn gut genug um zu erkennen, dass er innerlich mit sich rang. Weder er, noch die Familie, oder einer der Ratsmitglieder wussten die von mir erhobenen Anschuldigungen gegen unser Volk mit Argumenten zu wiederlegen. Im Gegenteil, sie mussten sich selber eingestehen, auch, wenn es schon viele Jahrhunderte her war, jeglichen Bezug für ein höfliches miteinander der fremden Rasse verloren zu haben. Sie hatten ein großes Reich errichten lassen, auf ihre Kosten und Gesundheit, und damit den für uns, von den Göttern vorgesehen Pfad verlassen. Viele fragten innerlich, ob nicht alles wie es kam, die Schuld unseres Volkes gewesen ist. Ich hob den Kopf in Richtung meines Vaters hin, und unsere Blicke begegneten sich. Eine Moment lang sahen wir uns schweigend an, dann sagte mein Vater in einem, jetzt viel sanfterem Tonfall: „Es macht keinen Sinn, dass wir uns die Unterschiedlichkeiten unserer Völker vorwerfen. Du hast Recht mein Sohn. Vor langer Zeit verloren wir die Fähigkeit auch andere als uns, mit Wohlwollen zu bedenken. Offenbar erschienen immer andere Dinge wichtiger, die Erhaltung unseres Fürstentums, wichtige Regierungsfragen, alles was von Nöten war zur Führung eines Reiches. In den nächsten Tagen werden wir beraten, wie es mit dem Volke der Haragos weiter gehen wird. Dir gestatten wir indessen, noch einmal in die fremde Welt zu reisen, um dein Kind, dass uns willkommen ist, hierher zu holen. Die Entscheidung meiner Familie und des Rates überraschte mich völlig. In Dankbarkeit verneigte ich mich ehrfürchtig. Die kommenden Monate verbrachte ich wartend, zur Untätigkeit verbannt, auf die bevorstehende Geburt meines Kindes.
Ich hegte mittlerweile keinen Groll mehr, gegen die Absicht deiner Mutter, mir das Kind alleine zu überlassen. Sie wollte es nicht, und in meiner Familie würde es willkommen geheißen. Innerlich entsprang mir aber immer noch ein Funken Hoffnung, dass sie sich vielleicht anders entschied und uns begleiten würde. Der Tag oder vielmehr die Nacht meiner Reise stand kurz bevor. Als der Mond mit voller Scheibe am Himmel stand, übergab mein Vater mir eines der Amulette. Das ich eines bei deiner Mutter gelassen hatte für das Kind, wusste er schon seit geraumer Zeit. Er begleitete mich nur bis zum Fenster hin. Ich bestand darauf alleine zu gehen.
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