Julians süßes Blut (German Edition)
trug. Der Rucksack erschien ihm schon zu schwer. Berkeley öffnete eine Zimmertür vor ihm und ließ ihn eintreten. Das Zimmer war etwas schlichter, als die pompöse Eingangshalle, doch nicht minder schön. Es war mit Parkett ausgelegt, und in der Mitte des Zimmers befand sich ein dicker, flauschiger Gabbehin sanften Pastelltönen. So, wie Julian das erkennen konnte, gab es keine Deckenbeleuchtung. Licht spendeten ausschließlich die Deckenfluter, die auf ihren schlanken Specksteinfüßenin den Ecken des Zimmers ihren Platz fanden. Ein großes, fast klobiges Bett stand links von ihm, gleich daneben ein reichverzierter Schrank aus Kirschholz. Julian betrat lächelnd das Zimmer. Es war überwältigend. Er humpelte gerade durch zu den gläsernen Türen, die auf den kleinen Balkon führten. Von hier konnte man auf den hinteren Teil des Gartens schauen. Entzückt sah Julian den großen Pool, der eingerahmt war von mächtigen Bäumen. Was für einen unermeßlichen Reichtum mußte dieser Alexander besitzen.
Berkeley war ihm gefolgt. »Hier ist dein Badezimmer, Julian«, sagte er sanft und schob die Tür, die sich gegenüber des Bettes befand, auf. Mit einem flüchtigen Blick sah Julian den Marmorfußboden und die blauen Armaturen. Er nickte.
»Mr. Berkeley?«
Dieser drehte sich um. »Du kannst mich René nennen.«
»O.k., René. Ich brauche die Adresse eines Arztes. Die Fäden müssen noch gezogen werden und meine Hand weiter behandelt. Oder sollte ich da besser ins Krankenhaus gehen?«
»Ich werde dir gute Adressen heraussuchen. Oder eilt es?« Er sah Julian besorgt an.
»Nein.« Julian dachte kurz nach, wie viele von den Tabletten er noch hatte.
»Nein, heute braucht das nicht mehr zu sein.«
»Gut, dann pack’ in Ruhe alles aus. Wenn du irgendetwas brauchst, ich bin in der Bibliothek. Hausangestellte gibt es hier zwei, Claudia – sie macht dir sicher gern etwas zu essen – und George. Du kannst sie jederzeit ansprechen, wenn dir irgendetwas fehlt.« Er schenkte Julian noch ein abwesendes Lächeln und verschwand.
Julian ließ sich erschöpft auf das große, weiche Bett fallen. Was würde ihn noch alles erwarten? Noch etwas mehr als eine Stunde, dann würde er mit seinem Vater zusammentreffen. Eine leichte Nervosität befiel ihn. Er schloß die Augen. Seine Hand schmerzte noch immer, trotz der im Auto eingenommenen Tabletten. Langsam stand er wieder auf und ging ins Bad. Er wollte so gern duschen, aber er hatte noch nicht darüber nachgedacht, wie er das mit dem Gipsverband bewerkstelligen sollte. Oder war Baden vielleicht besser? Oh, ja, die Badewanne reizte ihn. Sie war sehr groß und oval, mit einer kleinen Stufe. Wie in der abgefahrensten Werbung, oder im Film, dachte Julian und ließ das Wasser in die Wanne laufen. Das plätschernde Geräusch entspannte ihn. Er kehrte zurück in sein Zimmer und öffnete den Koffer. Mit einer Hand durchwühlte er seine Sachen, bis er neue Wäsche, eine Plastiktüte, Leukoplast und sein Duschzeug gefunden hatte. Handtücher hingen bereits im Bad. Er zog sein T-Shirt über den Kopf und wickelte mit einiger Mühe die Plastiktüte um seinen Gipsverband. Mit dem Leukoplast klebte er die Tüte schließlich zu, so daß kein Wasser eindringen konnte.
Dann ließ er etwas von seinem Duschgel in das rauschende Wasser laufen und beobachtete den Schaumberg, der sofort entstand. Der frische Duft des Duschgels erfüllte den Raum. Mist, er hatte vergessen Monica anzurufen! So rasch es ihm möglich war, verließ er das Bad und ging hinaus auf den Flur. Heimeliges Licht brannte dort, denn es war bereits dämmrig. Die Treppe hinunter, aber schon auf halber Höhe sah er einen bulligen kleinen Mann geschäftig hin und her laufen.
»Entschuldigen Sie, wo ist hier bitte das Telefon?« Seine Stimme kam ihm merkwürdig mickrig vor.
Der Mann schaute nach oben und lächelte ihn dann freundlich an. »Sie haben eines in Ihrem Zimmer, junger Mann.«
Julian spürte, wie er rot anlief. Sofort machte er sich wieder auf den Weg in sein Zimmer. Und tatsächlich, dort stand es. Ein wenig verborgen auf einem kleinen Tischchen in der Ecke. Doch zunächst drehte er das Wasser im Badezimmer ab.
Es dauerte einen Moment, bis er eine Verbindung bekam.
»Ja?«
»Hi, hier ist Julian.«
»Ah, schön das du anrufst. Und bist du gut angekommen?« Monicas Stimme war sehr leise. Irgendwie weit entfernt.
»Ja, hat alles super geklappt. Nur meinen Vater hab ich noch nicht getroffen. Der ... äh ... kommt erst
Weitere Kostenlose Bücher