Julians süßes Blut (German Edition)
lächelnd und zog die Oberlippe soweit zurück, daß Julian die messerscharfen Raubtierzähne sehen konnte.
Erschrocken starrte er Brian an. Konnte das wirklich wahr sein? Aber es mußte ja, oder? Wie sonst war es möglich, daß Brian so jung war? Seine Mutter, Virginia, war 38 gewesen. Doch Brian sah aus, als wäre er höchstens 25 Jahre. Und er sah so ungewöhnlich gut aus. Die hohen Wangenknochen, die smaragdgrünen Augen. Würde er auch einmal so aussehen?
»Sicher, Julian. Du siehst mir schon jetzt sehr ähnlich.« Brian stand auf. »Möchtest du etwas trinken?«
»Einen Orangensaft vielleicht«, murmelte Julian.
Brian ging zu der schlichten Holztheke und öffnete einen verborgenen Kühlschrank. Dort goß er für seinen Sohn den Saft, für sich selbst einen lieblichen Cidre ein, und kehrte zur Sitzecke zurück.
Julian nahm den Saft dankbar entgegen.
»Ich glaube, das ist alles zuviel für mich. Mein Verstand scheint immer noch in New York zu sein. Ich kann das alles nicht begreifen. Als ich mich entschloß, dich kennenzulernen, habe ich ja mit allem Möglichen gerechnet. Das ich mit dem Unmöglichen auch noch rechnen mußte, war mir erst klar, als ich anfing, die Tagebuch-Eintragungen zu lesen. – Daniel McNamara ist auch einer von euch?«
»Ja, natürlich. Hast du es nicht schon geahnt?«
»Ich ... nein. Ich habe erst im Flugzeug gelesen, daß ihr ... Vampire seid.«
Brian hörte, wie schwer Julian dieses Wort über die Lippen kam. Aber er sagte nichts dazu.
»Möchtest du jetzt Alex kennenlernen?« fragte er statt dessen und beobachtete seinen Sohn nachdenklich.
Julian starrte ihn an. Er sah noch ziemlich mitgenommen aus, mit seiner wulstigen Naht über der Augenbraue und dem blauen Auge.
»Nein«, sagte er schließlich leise. »Ich muß erst noch einige Dinge wissen.«
»O.k., schieß los.« Brian nahm einen kleinen Schluck seines Cidres und ließ sich entspannt in den Sessel zurücksinken.
»Du wohnst hier mit Alex ... und wem noch?«
»Mit Alex, denn es ist sein Haus. Und mit Gabriel. Alex lernte ihn in New York kennen.« Brians Antwort war sehr knapp, das bemerkte Julian, aber er sagte nichts dazu.
»Bist du ... ähm seid ihr – du und Alex – zusammen?« Julian spürte, wie seine Ohren rot wurden, aber er hielt Brians Blick stand. Der lachte leise.
»Das hat deine Mutter damals auch gefragt. Ich habe den Fehler gemacht, ihr eine ausweichende Antwort zu geben. Aber ich war einfach nicht bereit, die Wahrheit zu sagen. – Ich liebe Alex. Zusammen oder nicht, ist da keine Frage mehr. Ich denke, man muß ihn einfach lieben.« Brians Stimme war so sanft, so einschmeichelnd, daß Julian eine Gänsehaut bekam.
Er trank einen Schluck Orangensaft. »Ist er jetzt da? Ich meine, hier im Haus?«
Brian starrte in die langsam hereinbrechende Nacht. Spürte hinaus, ließ seinen Sinnen freien Lauf. Dann lächelte er. »Er ist gerade wiedergekommen.«
Einen Augenblick später öffnete sich die Tür des Salons und eine schmale, dunkel gekleidete Person trat ein. Julian starrte sie an, denn es schien, als würde ein weißes fahles Licht sie umgeben. Elegant trat das Wesen einen Schritt näher.
»Störe ich vielleicht?« Die Stimme eines Engels. Sanft und fließend. Mit einem wunderbaren britischen Akzent.
»Nein, Alex. Komm bitte näher.«
Alex trat ins Licht, doch noch immer hatte Julian den Eindruck, als umgäbe ein phosphoreszierender Mantel aus Mondlicht dieses Wesen.
»Julian, das ist Alex.«
Julian erhob sich langsam und ergriff die kräftige, schlanke Hand des Vampirs. Wieder erschrak er über die erschreckend niedrige Temperatur.
»Hallo, ich bin Julian«, krächzte er schließlich rauh.
Alex lächelte ihn verführerisch an. »Hallo Julian. Schön, daß du da bist. Gefällt dir dein Zimmer? Hast du etwas zu Essen bekommen, heute abend?«
Julian nickte verwirrt. »Das Zimmer ist phantastisch. Gegessen habe ich noch nichts, weil ich bis eben geschlafen hab.« Er hatte das Gefühl, Alex’ Augen seien dunkelblaue Strömungen, und je länger er in diese Augen schaute, desto verwirrter wurde er. Er sah Alex’ faszinierend warmes Lächeln, aber er konnte nicht mehr sprechen. Bis dieser seinen Blick abwandte. Sofort kam eine Art Befreiung über Julian. Er schüttelte leicht den Kopf.
Alex sah ihn abschätzend an. »Du bist ziemlich mager, du solltest auf keine Mahlzeit verzichten. Was möchtest du?«
»Was ist denn da?« fragte Julian schüchtern.
Der Vampir lachte melodiös. »Das
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