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Julias Geheimnis

Julias Geheimnis

Titel: Julias Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Hall
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und brummend durch. Schließlich zog er ein Bild hervor.
    Andrés hielt die Luft an. Was für ein Bild würde es wohl sein? Als sein Vater es auf Armeslänge von sich weghielt, um es ihm zu zeigen, sah er zu seiner Erleichterung, dass es harmlos war. Es war das Porträt einer Frau am Strand   – Laura Woods, sí, ganz eindeutig. Das Bild war verdammt gut. Er nickte. »Schön«, meinte er. Der Künstler in ihm musste einem Werk Anerkennung zollen, das es verdient hatte.
    »Davon habe ich noch jede Menge.« Der alte Mann zog noch ein Bild aus dem Stapel, dann ein paar Skizzen aus einem Papierhaufen auf dem Schreibtisch und eine Kohlezeichnung aus einer Schublade in der Kommode an der Wand, und schließlich förderte er aus einem kleinen Notizbuch mit Spiralbindung eine Reihe Pastelle zutage.
    »Verdammt.« Entsetzt starrte Andrés ihn an. Sein Vater hatte offensichtlich nicht genug von ihr bekommen können.Das schien seine Frage zu beantworten, oder? Sie mussten eine Affäre gehabt haben. Und das bedeutete, dass sein eigener Vater das Mädchen womöglich geschwängert hatte. Was wiederum hieß   … Verdammt. Wie in aller Welt sollte er sich jetzt verhalten?
    Als Andrés all diese Bilder von ihr betrachtete, die vermutlich Ende der 1970er-Jahre entstanden waren, fiel ihm erneut die Ähnlichkeit zwischen ihr und Ruby auf. Sie war nicht offensichtlich. Auf den ersten Blick würde man sie gar nicht erkennen, es sei denn, man betrachtete den Knochenbau und die Gesichtsform aus dem Blickwinkel eines Künstlers. Doch sie war da, ohne jeden Zweifel. Sie war immer dagewesen. Und es war wirklich dumm von ihm gewesen, das abzustreiten und zu versuchen, Ruby von ihrer Reise abzuhalten. Was hatte er damit erreichen wollen? Die Wahrheit würde immer ans Licht kommen. Er hatte nur so den Gedanken nicht ertragen können, jene Möglichkeit, die mittlerweile fast zur Gewissheit geworden war.
    »Hast du mit ihr geschlafen?«, fragte er.
    Enrique schnaubte. »Was ist denn das für eine Frage?« Er begann, alles wieder dorthin zurückzuräumen, wo er es hergeholt hatte.
    Andrés hatte die Fäuste geballt. »Ich muss es wissen.«
    »Ah.« Er schloss die Schublade und drehte sich um. »Ich verstehe. Du machst dir Sorgen. Dieses Mädchen   …«
    »Ruby.«
    »Ruby, ja.«
    »Also, hast du?« Er würde ihn umbringen. Wenn sein Vater ihm die Sache mit Ruby mit seinen Schürzenjägereien zerstört hatte, würde er ihn umbringen.
    Enrique betrachtete das Bild von Laura am Strand undseufzte schwer. Er nahm das Bild und stellte es zurück zu den anderen. »Wenn ich gekonnt hätte, dann schon.«
    Also   … So schnell, wie er gekommen war, verrauchte Andrés Zorn auch wieder. Dann hatte er es nicht getan. Gott sei Dank. »Wirklich?« Er fragte sich plötzlich, ob der alte Bastard log.
    Sein Vater warf ihm einen entrüsteten Blick zu. »Glaubst du, ich würde es dir nicht sagen?«
    Dann musste es wahr sein. Er spürte, wie seine Schultern sich entspannten und sein Kopf aufhörte, sich zu drehen. »Was ist passiert?«, fragte er. »Was war zwischen euch? Wieso gibt es so viele Bilder?«
    »Na ja, sie wollte eben nicht.« Er atmete pfeifend und hustete. »Das war ein Teil ihrer Anziehungskraft, oder? So funktioniert es doch, stimmt’s?«
    Andrés zuckte die Achseln. Mit so etwas kannte sein Vater sich besser aus als er. Aber Gott sei Dank war Laura vernünftiger gewesen. Und er hatte gedacht   … Aber es hatte alles auf schreckliche Weise zusammengepasst. Laura, die hier auf der Insel schwanger mit einem ungewollten Kind geworden war, dann nach England gefahren war und das Kind im Stich gelassen hatte   …
    »Ich habe es immer wieder versucht.« Sein Vater steckte die Hände in die Taschen. »Wer hätte das nicht? Jedes Mal, wenn ich sie gemalt habe, dachte ich: dieses Mal.«
    Das glaubte Andrés ihm sofort.
    Selbst jetzt konnte Enrique das Thema nicht auf sich beruhen lassen. »Kannst du dir das vorstellen, Junge?« Er marschierte zu der Staffelei in der Mitte des Raums. »Sie war nicht von dem Künstler beeindruckt und auch nicht von diesem Atelier.« Er breitete die Arme zu einer Geste aus, die denganzen Raum umfasste, obwohl Andrés natürlich wusste, dass sein Vater dieses Atelier noch nicht gehabt hatte, als er Laura gemalt hatte. Zu Lauras Zeit musste Andrés ein kleiner Junge von vier oder fünf Jahren gewesen sein. Das Atelier hatte damals noch im obersten Stockwert der kleinen casa gelegen und hatte ganz anders ausgesehen. »Nicht

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