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Julias Geheimnis

Julias Geheimnis

Titel: Julias Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Hall
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einem ihrer Redakteure verabredet. Sie wollte auf dem Laufenden bleiben. Sie wusste, wonach sie Ausschau hielt: nach etwas Großem. Nach einem Artikel, der Bedeutung besaß, der globaleren Widerhall hatte, und nicht seichte Lifestyle-Themen behandelte. Aber solche Storys begegnetem einem nicht jeden Tag, und wenn, dann stand für gewöhnlich schon eine ganze Truppe Journalisten in den Startlöchern und wartete darauf, ihn zu schreiben.
    »Und deine Musik? Spielst du noch?«, fragte Alan.
    »Ja.« Sie hatte wieder zu üben begonnen und war selbst überrascht gewesen. Um ihre Saxofonkünste war es doch noch besser gestellt, als sie gedacht hatte. Im Lauf der letzten Tage hatte sie Kontakt zu einigen Mitgliedern der alten Band aufgenommen, und gestern Abend hatten sie sich getroffen und geprobt. Es hatte zunächst eher schaurig geklungen, aber   …
    »Wir planen einen Auftritt«, fügte Ruby noch hinzu. Das war ein großer Schritt, doch Ruby war bereit dafür. Die gestrige Probe war gut verlaufen, und das Jazz-Café hatte bereits mitgeteilt, dass die Gruppe jederzeit willkommen sei. Ihre Eltern hatten ihre Musik immer unterstützt; besonders ihre Mutter hatte Jazz geliebt. Beide waren immer so stolz gewesen, wenn sie auftrat. Es würde sein, als säßen sie wieder im Publikum. Sie würde bei diesem Auftritt nur für sie spielen.
    »Großartig«, meinte Alan. »Es freut mich, das zu hören.«
    Das Leben war zu kurz, um seine Träume nicht zu verwirklichen   – zumindest das hatten die letzten Monate sie gelehrt. Es konnte sein, dass man plötzlich keine Gelegenheit mehr dazu hatte.
    Außerdem hatte sie natürlich mit James gesprochen. Es war nicht so schlimm gewesen, wie sie befürchtet hatte.
    »Ich habe nachgedacht«, hatte sie zu ihm gesagt.
    »Du kommst nicht zurück.« Das war keine Frage, sondern eine Feststellung.
    »Woher weißt du das?«, fragte sie ausweichend. So einfach konnte   – oder sollte   – das nicht sein, oder?
    Er seufzte. »Ich glaube, ich habe es immer gewusst«, erklärte er. »Ich habe es mir nur nicht eingestanden.«
    Ruby wurde klar, dass es bei ihr genauso gewesen war. Dann war es nun also vorbei.
    Ruby konzentrierte sich auf den dichten Verkehr vor ihr. Es war nicht die größte Liebesgeschichte aller Zeiten gewesen, aber sie hatten sich gern genug gemocht, um zusammenzuziehen, hatten gedacht, es würde funktionieren. Aber die Menschen änderten sich, überlegte Ruby. Es war reines Glück, wenn sie es auf dieselbe Art und Weise und noch dazu gleichzeitig taten. Und noch etwas stimmte. Sie hatte ihn nicht genug geliebt.
    »Ich würde gern meine Sachen aus der Wohnung holen, wenn das okay ist«, hatte sie zu ihm gesagt.
    »Wann?«, hatte er gefragt, und etwas daran, wie er das sagte, ein gedämpftes Geräusch im Hintergrund, das auch aus dem Radio stammen konnte, brachte sie auf die Idee, dass noch jemand da war. Dass James es ihr leichter machte,weil er schon eine andere hatte. Nun ja, sie konnte es ihm nicht übel nehmen. James war nicht der Typ, der lange in einer ungeklärten Situation lebte, und schließlich war es seine Wohnung.
    »Samstagmorgen?«, hatte sie vorgeschlagen. »Gegen elf?« Die Vorstellung, dass sich schon   – so bald   – jemand anderer in ihrem Bad wusch, in ihrem Bett schlief, hatte sie zunächst schrecklich gefunden. Doch auf gewisse Weise machte das alles einfacher. Es war nicht mehr ihr Bad oder ihr Bett, das war es auch nie gewesen; alles gehörte James.
    »Samstag ist prima«, sagte er. »Ich bin hier.«
    Es war ein merkwürdiges Gefühl, an der Londoner Wohnung zu klingeln, statt ihren Schlüssel zu benutzen. James ließ sie herein und küsste sie auf die Wange. »Du siehst gut aus, Rubes«, meinte er ohne eine Spur von Bitterkeit. Also hatte er wirklich eine andere.
    »Du auch«, sagte Ruby. Und das stimmte. Er trug sein blondes Haar ein wenig länger, und es stand ihm gut. Er sah entspannter aus, stellte sie fest. Glücklich. Nun, darüber sollte sie sich eigentlich freuen.
    Ruby verschwendete nicht viel Zeit damit, sich umzusehen. Dennoch sah die Wohnung irgendwie anders aus. Irgendwie keimfrei, als ob James   – oder jemand anderes?   – sie gründlich geschrubbt hätte. Jemand mit einer leichten Zwangsstörung? Oder jemand, der verzweifelt versuchte, jede Spur von Ruby auszulöschen?
    Aber es war nicht wichtig. Er hatte ihre Sachen in Kartons gepackt und sie in die Diele gestellt. Das verkürzte ihren Aufenthalt, und Ruby war froh darüber.

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