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Julias Geheimnis

Julias Geheimnis

Titel: Julias Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Hall
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Hier hing immer noch der Nachhall jenes frühmorgendlichen Polizeibesuchs in derLuft, die Nachricht, die ihre Welt zerschmettert hatte. Es gibt immer einen toten Winkel   …
    James bot ihr Kaffee an, doch sie schüttelte den Kopf. »Danke, aber ich bin noch mit Leah verabredet.« Leah war die Redakteurin, von der sie die meisten freiberuflichen Aufträge erhielt. Zwischen Leah und Ruby hatte sich im Lauf der Jahre eine enge, vertrauensvolle Beziehung entwickelt. Ruby wusste, dass Leah ihr so viele interessante Aufträge geben würde, wie sie konnte; und Leah wusste, dass Ruby immer pünktlich gute Qualität lieferte. Außerdem hatte Ruby keine Lust, Small Talk mit James zu betreiben. Noch weniger Lust hatte sie, ihm zu erzählen, was seit ihrer Trennung in ihrem Leben passiert war. Und schließlich wollte sie auf keinen Fall in die Lage kommen, das Bad benutzen zu müssen und im Regal die Sachen von jemand anderem zu sehen.
    Gemeinsam trugen sie die Kisten die Treppe hinunter und stapelten sie im Laderaum des Transporters.
    »Ganz schön knallig?« James zuckte beim Anblick des flamingofarbenen Vans unwillkürlich zusammen. Er war schon ein wenig auffällig, aber Ruby hatte den Wagen während der Fahrt ganz lieb gewonnen.
    Ruby zuckte die Achseln. »Er fährt.«
    Als sie fertig waren, wartete er auf dem Gehsteig, während sie auf den Fahrersitz stieg. Sie kurbelte das Fenster hinunter.
    »Tut mir leid, dass es mit uns nichts geworden ist, Rubes«, sagte James. Er streckte die Hand aus.
    »Mir auch.« Ruby legte die Hand hinein. Sein Händedruck erinnerte sie an ihre Beziehung. Nett, dachte sie, aber nicht welterschütternd. Ob sie in Verbindung bleiben würden? Wahrscheinlich nicht. Das war zwar ein wenig traurig, aber   … »Ich hoffe, du findest bald einen neuen Mitbewohner.«
    Eine Sekunde lang flackerte sein Blick, und sie wusste, dass sie ins Schwarze getroffen hatte. Grinsend drückte sie ihm die Hand, um ihm zu zeigen, dass sie ihm keine Vorwürfe machte. »Pass auf dich auf, James.«
    »Du auch. Mach’s gut, Ruby.«
    So weit, so gut. Das kurze Mittagessen mit Leah war gut verlaufen. Sie hatten ihren Kontakt wiederbelebt und waren zusammen ein paar Ideen durchgegangen. Die beiden waren zwar nicht privat befreundet, aber Leah wusste von dem Unfall und war erleichtert darüber, dass Ruby mit dem Tod ihrer Eltern so gut zurechtzukommen schien.
    »Nehmen Sie sich nicht zu viel vor, Ruby«, sagte sie beim Abschied zu ihr. »Nehmen Sie sich alle Zeit, die Sie brauchen.«
    »Keine Sorge«, gab Ruby zurück. »Aber unterdessen   …«
    Leah lachte. »Ich weiß. Wenn mir etwas Interessantes über den Weg läuft, dann gebe ich Ihnen Bescheid.«
    »Danke, Leah.«
    Nach dem Mittagessen hatte Ruby sich mit Jude getroffen und sie auf den neuesten Stand gebracht.
    »Du fehlst mir«, sagte Jude. »Wir werden dich alle vermissen.«
    »Ich euch auch«, erklärte Ruby. Aber die Wahrheit war, dass ihr das Leben in London schon jetzt in weite Ferne gerückt schien. Jude und die anderen würden ihr fehlen und James auch. Aber das alles war bereits Vergangenheit.
    Jetzt waren sie und ihre Besitztümer unterwegs nach Westen. Ruby war müde. Aber sie wusste, dass sie die richtige Entscheidung getroffen hatte.
    In irgendeinem dieser Kartons befand sich ihre Geburtsurkunde. Etwas, das verhindern würde, dass eine Schuhschachtel mit Fotos und ein paar banalen Gegenständen ihr so einfach ihre Identität stehlen konnten, etwas, das beweisen würde, wer sie war und woher sie kam. Wen interessierte es da schon, dass ihre Eltern lange gebraucht hatten, um sie zu zeugen, oder dass sie ihnen überhaupt nicht ähnlich sah? Sie war ihre Tochter, und die Urkunde würde das beweisen. Sie war Ruby Rae.
    Endlich erreichte sie die A   31 und fuhr über die Hügel, vorbei an ihrer Lieblingsaussicht auf die Täler von West Dorset und das Meer dahinter und hinab nach Pridehaven. Der Flamingo-Transporter mochte von außen komisch aussehen, aber sein Motor war stark, und er schlug sich großartig. Trotz allem anderen, was sich in ihrem Leben abspielte, fühlte sich Ruby befreit, ja sie spürte sogar Hoffnung. Sie tat, was sie konnte, und sie blieb stark. Sie   … Nun ja, sie kam zurecht.
    Wieder im Haus angekommen, lud Ruby die Kisten aus und setzte sich endlich hin, um eine Tasse Tee zu trinken. Auf dem Sofa neben ihr stand eine Schachtel mit Papieren, die aus der obersten Schublade ihres Schreibtisches stammten. Sie hoffte, dass die Urkunde

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