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Julie oder Die neue Heloise

Titel: Julie oder Die neue Heloise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Jacques Rousseau
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beendet würde. „Ich weiß, was sich gehört," antwortete er kurz, „und werde thun, was sein muß. Bringen Sie mir zwei Ihrer Freunde oder ich habe Ihnen nichts weiter zu sagen." Damit bin ich hinweggegangen, und habe mir vergeblich den Kopf darüber zerbrochen, was dieser Sonderling für eine Absicht haben mag. Was es auch sei, ich werde heute Abend die Ehre haben, Sie zu sehen, und morgen thun, was Sie mir vorschreiben werden. Wenn Sie es angemessen finden, daß ich mich mit dem verlangten Geleite zu Milord Eduard begebe, so werde ich Personen wählen, deren ich für alle Fälle gewiß sein kann.
     
Sechzigster Brief.
An Julie.
    Beruhige dich, zärtliche, geliebte Julie, und aus dem Berichte, den ich dir über das eben Vorgegangene geben werde, erkenne und theile die Gefühle, die es in mir erregt hat.
    Ich war noch so voll Unwillen, als ich deinen Brief erhielt, daß ich ihn kaum mit der Aufmerksamkeit lesen konnte, welche er verdiente. Was half es, daß ich seinen Gründen nichts entgegenzusetzen hatte, der blinde Zorn hatte die Oberhand. Du magst Recht haben, sagte ich bei mir selbst, aber kein Wort davon, daß ich dich je herabsetzen lasse. Müßte ich dich verlieren und in Schuld hinfahren, ich werde nicht leiden, daß Jemand die dir gebührende Achtung aus den Augen setzt, und so lange ein Athem in mir ist, soll Alles, was dir naht, dich ehren, wie mein Herz dich ehrt. In Betreff der acht Tage jedoch, die du von mir verlangtest, nahm ich keinen Anstand; Milord Eduard's Zufall und mein Gelübde, dir zu gehorchen, kamen zusammen, diesen Aufschub nothwendig zu machen. Entschlossen, deinem Befehle gemäß, diese Zeit zur Ueberlegung dessen, was du mir schriebst, anzuwenden, beschäftigte ich mich unablässig damit, deinen Brief wieder zu lesen und darüber nachzudenken, nicht um andrer Ansicht zu werden, sondern um die meinige zu rechtfertigen.
    Ich hatte auch heute Morgen diesen mir zu klugen und zu vernünftigen Brief zur Hand genommen und las ihn voll Unruhe wieder durch, als an meine Zimmerthür gepocht wird. Einen Augenblick darauf sehe ich Milord Eduard ohne Degen eintreten, auf ein Rohr gestützt; drei Personen mit ihm, unter denen ich Herrn von Orbe bemerke. Ueberrascht durch diesen unverhofften Besuch, erwarte ich schweigend, was er mir bringen würde, als Eduard mich bittet, ihm einen Augenblick Gehör zu geben, und ihn machen und reden zu lassen, ohne ihn zu unterbrechen. Ich ersuche Sie, sagte er, mir Ihr Wort darauf zu geben;
    die Gegenwart dieser Gerren, welche zu Ihren Freunden gehören, bürgt Ihnen dafür, daß Sie es nicht unbehutsamer Weise einsetzen. Ich willigte unbedenklich ein. Kaum hatte ich es ausgesprochen, sah ich mit einem Erstaunen, das du dir denken kannst, Milord Eduard auf den Knien vor mir. Ueberrascht durch diese seltsame Stellung, wollte ich ihn sogleich aufheben: aber er erinnerte mich an mein Versprechen und sagte dann ungefähr Folgendes: „Ich komme, mein Herr, um offen die beleidigenden Worte zurückzunehmen, die ich im Rausche in Ihrer Gegenwart gesprochen habe: in ihrer Ungerechtigkeit sind sie kränkender für mich selbst als für Sie, und ich bin mir schuldig, sie auf beglaubigte Weise zu widerrufen. Ich unterwerfe mich jeder Strafe, die Sie mir auflegen wollen, und werde meine Ehre nicht eher für wiederhergestellt halten, als bis mein Vergehen wieder gut gemacht sein wird. Um welchen Preis es sei, gewähren Sie mir die Verzeihung, um welche ich Sie bitte, und wenden Sie mir Ihre Freundschaft wieder zu!“ Milord, antwortete ich ihm sogleich, ich erkenne jetzt den Adel und die Hoheit Ihrer Seele, und weiß nun zu unterscheiden, was aus Ihnen das Herz spricht, von dem, was Ihnen entfuhr, da Sie nicht bei sich selbst waren: sei es auf ewig vergessen. Zugleich half ich ihm aufstehen und wir umarmten uns. Milord wendete sich hierauf zu den Umstehenden und sagte: „ Meine Herren, ich danke Ihnen für Ihre Gefälligkeit. Brave Männer wie sie sind,“ setzte er mit stolzer Miene und belebtem Tone hinzu, „fühlen daß Der, welcher auf diese Art sein eigenes Unrecht wieder gut macht, von Niemanden unrecht erträgt … Sie können das weiter erzählen, was Sie gesehen haben.“ Hierauf lud er uns Vier zum Abendessen zu sich ein und die Herren entfernten sich.
    Kaum waren wir allein, so umarmte er mich abermals inniger und freunschaftlicher; dann ergriff er meine Hand und setzte sich neben mich. Glücklicher Mensch, rief er aus, genießen Sie eines Glückes, dessen Sie

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