Julie u Julia - 365 Tage, 524 Rezepte Und 1 Winzige Küche
wenn man so große Füße hat wie ich, dann nimmt man den Verlust von einem Paar Schuhe nicht auf die leichte Schulter. ›Kümmre dich nicht um mich, Paul‹, schrie ich, ›such lieber meine Krokopumps!‹«
Paul beobachtete sie. Umgeben von ihren und seinen Freunden saß sie da in ihrem braunkarierten Sommerkleid, in dem ihre Beine kein Ende nehmen wollten. Sie trug noch immer einen Verband über dem Auge, aber irgendwie schaffte sie es, dass er an ihr richtig flott aussah. Sie strahlte.
»So, Bruder, jetzt hast du es endlich geschafft, und es wurde auch Zeit.« Charlie schlug ihm auf die Schulter. Er hatte Paul noch ein Glas Champagner gebracht, obwohl er noch nicht einmal das erste ausgetrunken hatte. »Gut, dass du sie nicht vorher umgebracht hast.«
»Ja, das stimmt. Weißt du, mir ist regelrecht schwindlig. Ich weiß nicht, ob das der Champagner macht, oder weil ich geheiratet habe, oder weil ich dem Tod entkommen bin.«
»Ein bisschen von allem, schätze ich.«
Er war immer noch auf den Stock angewiesen, den er im Krankenhaus bekommen hatte, aber das machte nichts; ihm war, als könne er eine Irish Jig tanzen. Julia brachte Fanny furchtbar zum Lachen, sogar ihr sauertöpfischer Vater riskierte ein Lächeln. »Schau sie dir an, Charlie. Wenn man sich vorstellt, dass ich sie mir beinahe hätte entgehen lassen...«
»Ach, mach dir keine Gedanken. Sei froh, dass es irgendwann doch in deinen alten Dickschädel reingegangen ist.«
Paul suchte Julias Blick, und sie schenkte ihm ein strahlendes, herrliches Lächeln.
»Darauf will ich anstoßen!«
237. TAG, 357. REZEPT
Verfl..ambierte Crêpes!
E s begann um den 1. April - ein Pochen im Kopf und im Unterbauch, nicht eigentlich schmerzhaft, eher unerbittlich. Und vertraut. Die näher liegenden Schwierigkeiten wie Einkaufen und Kochen, die deutlicheren Ziele des Projekts hatten dieses ältere, vagere Ticken eine Weile übertönt. Aber als der gefürchtete, mit einer Null geschmückte Tag näher rückte, ließ sich meine biologische Uhr nicht mehr ignorieren.
»Vielleicht wäre es gut, wenn wir ein Kind kriegten.«
»Was? Du willst ein Kind? Jetzt?«
Wir aßen gerade Wolfman Jack Burgers, die machte Eric immer an »Erics Pikantem Donnerstag«. Den hatten wir eingeführt zur Erholung von den Härten und Sahnesaucen rund um Mastering the Art of French Cooking . Schließlich sind Eric und ich Texaner, wir hatten es noch nie so lange mit so wenig Jalapeños ausgehalten. Wolfman Jack Burgers wurden in Austin erfunden, in einer geradezu fantastischen Hamburger-Bude namens Hut’s. Erics Variante enthielt grüne Chilies, Monterey Jack Cheese, Sauerrahm, Speck und Mayonnaise. Einmal, lange vor dem Projekt, verfütterte Eric einen Wolfman Jack Burger an einen Freund aus dem College, der seit drei Jahren kein Fleisch gegessen hatte. Dieser Freund musste sich anschließend zwei Tage lang übergeben - das kommt davon, wenn man kein Fleisch isst. Jedenfalls, uns schmeckten sie.
»Na ja, demnächst. Du weißt ja, was die Ärzte gesagt haben. Bei mir wird es nicht so leicht sein.«
»Ich weiß. Aber jetzt? Wir haben kein Geld. Du bist mitten in deinem Projekt und -«
»Du weißt doch, dass ich in zwei Wochen dreißig werde. Hast du eine Ahnung, um wie viel schwerer es ist, über dreißig schwanger zu werden?«
»Nein. Um wie viel?«
»Ich weiß nicht. Viel schwerer. Und ich hab dieses dämliche Syndrom .« Ich nahm den Teller vom Schoß und trug ihn in die Küche. »Haben wir noch Burger?«
»Die Brötchen sind im Ofen. Also, ich finde, mit dieser Debatte warten wir, bis das Projekt vorbei ist.«
»Genau. Wir warten und warten und warten, und in der Zwischenzeit werde ich von meinem Syndrom dick und haarig und eklig, und dann sterb ich einfach. Könnten wir uns nicht wenigstens einen Hund zulegen?«
»Einen Hund ? Wie sollen wir uns denn um einen Hund kümmern? Wir kommen doch mit uns selbst kaum klar. Julie, dafür ist der Pikante Donnerstag nicht gedacht. Du sollst dich entspannen.«
»Aber wie soll ich mich denn entspannen? Ich kann das Ticken buchstäblich hören.«
»Immer mit der Ruhe.«
Immer mit der Ruhe! Als ob das so einfach wäre!
Als ich Eric am nächsten Abend erklärte, ich werde jetzt zum ersten Mal im Leben Crêpes machen, und zwar mit Rahmspinat, machte er sich in Erwartung eines Mitternachtsdinners auf der Stelle ein Sandwich mit Käse und Mayonnaise. Aber - wer es fassen kann, der fasse es! - es war kinderleicht. Crêpeteig besteht nur
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