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Juliet, Naked

Juliet, Naked

Titel: Juliet, Naked Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Hornby
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    Annie runzelte die Stirn.
    »Was ist?«
    »Ich versuche nur, etwas rauszukriegen.«
    »Kann ich behilflich sein?«
    »Ich will ’s hoffen. Wann wurde Grace geboren?«
    Fuck, dachte Tucker. Da zählt jemand zwei und zwei zusammen. Ihm wurde flau, aber er war auch irgendwie erleichtert.
    »Später«, sagte Tucker.
    »Später als wer oder was?«
    »Ich glaube, ich bin schon einen Schritt weiter.«
    »Wirklich? Würde mich überraschen. Wenn du noch nicht mal weißt, warum ich von dir wissen will, wie alt Grace ist.«
    »Du bist eine kluge Frau, Annie. Du kommst schon noch drauf. Und ich will noch nicht darüber reden.«
    Er wandte sich Jackson zu, der die Nase in ein Comicbuch gesteckt hatte.
    »Aha.« Und als sie ihn ansah, sah er, dass sie es schon beinahe raus hatte.
    Als sie in Gooleness ankamen, war es bereits dunkel. Sie zerrten ihr Gepäck zum Taxistand vor dem Bahnhof, wo ein übel riechendes
     Taxi stand. Der Fahrer lehnte rauchend an seinem Wagen, und als Annie ihm ihre Adresse nannte, schmiss er die Zigarette auf
     den Boden und fluchte. Annie sah Tucker hilflos an und zuckte mit den Achseln. Sie mussten ihr Gepäck selbst in den Kofferraum
     hieven, genauer gesagt, Annie und Jackson mussten es tun. Tucker sollte nichts Schweres heben.
    Sie passierten überbeleuchtete Kebabläden und indische Restaurants, die mit All-you-can-eat-Buffets für drei Pfund warben,
     und Kneipen mit Einwortnamen wie Lucky’s, Blondie’s oder Boozer’s.
    »Im Hellen sieht es besser aus«, erklärte Annie entschuldigend.
    Tucker fand sich jedoch zurecht. Wenn er einige der ethnischen Speisen in amerikanische Lieblingsessen übersetzte und sich
     einige der Wettbüros als Casinos vorstellte, war er im Handumdrehen in einem der schäbigeren Ferienorte in New Jersey. Es
     passierte immer mal wieder, dass einer von Jacksons Freunden in eine dieser Küstenstädte verschleppt wurde, entweder, weil
     die Eltern der Kids verklärte Erinnerungen an ihre eigenen Ferien dort hatten, oder weil ihnen die Romantisierungen und dichterischen
     Freiheiten auf den frühen Bruce-Springsteen-LPs entgangen waren. Wenn sie zurückkamen, waren sie jedes Mal angewidert von
     der Vulgarität, Boshaftigkeit und Versoffenheit, die dort herrschten.
    »Magst du Fish ’n’ Chips, Jackson? Sollen wir uns das zum Abendessen holen?«
    Jackson sah seinen Vater an: Mochte er Fish ’n’ Chips? Tucker nickte.
    »Ein Stück bei uns … mir die Straße runter ist ein guter Imbiss. Solange du nur den Fisch isst, hast du nichts zu befürchten,
     Tucker. Du musst nur den Teig weglassen. Und die Fritten.«
    »Klingt toll«, sagte Tucker. »Am Ende wollen wir hier gar nicht wieder weg.«
    »Aber wir fahren wieder weg, oder, Dad? Weil ich unbedingt Mum wiedersehen will.«
    »War nur ein Witz, Kleiner. Du wirst Mom bald wiedersehen.«
    »Ich hasse deine Witze.«
    Tucker war in Gedanken immer noch bei der Unterhaltung, die sie im Zug geführt hatten. Er hatte keine Ahnung, wie er mit Annie
     darüber reden sollte; er wusste nicht, ob er dazu fähig wäre. Am liebsten würde er alles aufschreiben, ihr das Blatt in die
     Hand drücken und weggehen. So ähnlich hatte er sie ja auch kennengelernt, fiel ihm jetzt wieder ein, nur dass er damals auf
     Cyberpapier geschrieben hatte.
    »Hast du einen Computer zu Hause?«
    »Ja.«
    »Kann ich dir eine E-Mail schreiben?«
     
    Er versuchte sich vorzustellen, er säße an seinem Computer im Gästezimmer des ersten Stocks und hätte Annie nie kennengelernt,
     sie wäre immer noch Tausende Meilen weit weg. Er wollte nicht daran denken, dass er in einer halben Stunde mit ihr reden musste.
     Er schrieb ihr, wie er herausgefunden hatte, dass er Vater einer Tochter war und dass er es selbst dann nicht eilig gehabt
     hatte, sich mit ihr zu treffen – weil es ihm peinlich war, dass er sie erst drei oder vier Mal in ihrem Leben gesehen hatte.Er erzählte ihr, dass er Julie Beatty nicht mal besonders gemocht hätte, sodass er hatte aufhören müssen, Songs zu singen,
     in denen er unter der Last seines Kummers, seiner Sehnsüchte und so weiter zusammenbrach, und dass ihm, als er diese Songs
     nicht mehr singen konnte, auch keine anderen mehr eingefallen waren. Er hatte das alles so noch nie zusammengetragen; sogar
     seine Exfrauen wussten nicht alles, was Annie bald wissen würde. Sie hatten auch nie zwei und zwei zusammengezählt, nicht,
     dass er ihnen dabei geholfen hätte – er hatte mehr als einmal Gracis Alter falsch angegeben.

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