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Juliet, Naked

Juliet, Naked

Titel: Juliet, Naked Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Hornby
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Und als er auf die ganze Summe
     seiner Vergehen auf dem Bildschirm starrte, kam sie ihm nicht gerade weltbewegend vor. Er hatte niemanden umgebracht. Er sah
     noch einmal genau hin: Er musste irgendwas weggelassen haben. Nee. Er hatte zwanzig Jahre für Verbrechen eingesessen, die
     er gar nicht begangen hatte.
    Er rief nach Annie eine Treppe tiefer.
    »Soll ich es ausdrucken? Oder willst du es am Bildschirm lesen?«
    »Ich lese es am Bildschirm. Kannst du Teewasser aufsetzen?«
    »Ist das einfach?«
    »Ich glaube, das kriegst du hin.«
    Ihre Wege kreuzten sich auf der Treppe.
    »Heute Nacht kannst du uns nicht mehr auf die Straße setzen.«
    »Ah. Na, jetzt verstehe ich, warum du warten wolltest, bis Jackson eingeschlafen ist. Du hast auf mein gutes Herz spekuliert.«
    Er lächelte, trotz der Umdrehungen, die sein Magen einlegte, ging in die Küche, fand den Wasserkocher und klickte den Schalter
     an. Während er darauf wartete, dass das Wasser kochte, entdeckte er das Bild von sichund Jackson, vor dem Citizens Bank Park, wo sie sich die Phillies angesehen hatten. Er war gerührt, dass sie sich die Mühe
     gemacht hatte, es auszudrucken und hier hinzupinnen. Er sah nicht wie ein schlechter Mensch aus, nicht auf diesem Foto. Er
     lehnte sich gegen die Küchenzeile und wartete.

[ Menü ]
    »Okay«, sagte sie, als sie die Mail gelesen hatte. »Jetzt rufst du erst mal eine Exfrau oder eins deiner Kinder oder sonst
     wen an.«
    »Ist das alles, was du zu sagen hast? Über meine gesamte Karriere?«
    »Jetzt. Nicht verhandelbar. Eine der Verfehlungen, zu denen du dich bekennen solltest, ist, dass du vor Grace davongelaufen
     bist, ehe sie im Krankenhaus ankam.«
    »Oh. Ja. Ha. Ich hatte ganz vergessen, dass ich das noch nicht gestanden hatte.«
    »Du musst nicht mit Grace reden, obwohl das das Beste wäre. Aber irgendjemand muss es ihr beibringen. Und du musst sowieso
     allen sagen, dass ihr beide gesund und munter seid.«
    Er entschied sich für Natalie. Sie würde wütend, eiskalt und vernichtend reagieren, aber das machte ja eigentlich nichts.
     Er verließ sich schließlich nicht darauf, dass sie ihm im Alter Süppchen kochten würde. Er rief sie auf dem Handy an, sie
     ging dran, und er lief durch den Kugelhagel, um ihr die Informationen zu geben, die sie brauchte. Er gab ihr sogar Annies
     Telefonnummer, als wäre er ein ganz normaler Vater.
    »Danke«, sagte Annie. »Zweitens: Juliet ist brillant. Die Musik kann nichts für den ganzen anderen Scheiß.«
    »Hast du irgendwas von dem Scheiß verstanden?«
    »Ja. Du bist ein ganz mieser Typ. Du hast als Vater bei vieren deiner fünf Kinder versagt, du hast als Ehemann bei jeder Einzelnen
     deiner Ehefrauen versagt, und warst ein erbärmlicher Partner für jede deiner Freundinnen. Und trotzdem ist und bleibt Juliet brillant.«
    »Wie kannst du so etwas sagen? Jetzt, nachdem du weißt, was für ein Haufen Mist das alles ist?«
    »Wann hast du dir die Platte zum letzten Mal angehört?«
    »Gott. Seit dem Erscheinen nicht mehr.«
    »Ich noch vor ein paar Tagen. Wie oft hast du sie dir angehört?«
    »Du weißt, dass ich sie – eh, produziert habe, oder?«
    »Wie oft?«
    »In der ganzen Zeit? Seit sie fertig ist?«
    Hatte er sie überhaupt je gehört? Er versuchte sich zu erinnern. Es hatte in so gut wie jeder seiner Beziehungen den Moment
     gegeben, in dem er durch Zufall jemanden dabei ertappt hatte, heimlich seine Platten zu hören; er konnte sich an all die aufgeschreckten,
     schuldbewussten Gesichter erinnern. Es war ihm sogar mit seinen Kindern so gegangen, allerdings Gott sei Dank nicht mit Grace.
     Aber andererseits hatte er Grace auch nicht oft genug gesehen, um sie bei irgendeiner Heimlichkeit zu erwischen. Er schüttelte
     den Kopf.
    »Niemals?«
    »Ich glaube nicht. Was hätte ich davon gehabt? Aber ich hab diese Songs jeden Abend auf der Bühne gespielt, erinnerst du dich?
     Ich wüsste, wenn sie irgendeine Substanz hätten. Und die haben sie nicht. Es sind alles Lügen.«
    »Willst du mir sagen, dass Kunst ausgedacht ist? Mein Gott.«
    »Ich sage dir, dass meine … Kunst nicht authentischist. Sorry. Lass es mich anders formulieren. Ich sage dir, dass mein Rock-Album verlogener Scheißdreck ist.«
    »Und du glaubst, darauf kommt es an?«
    »Ich fände es nicht so toll herauszufinden, dass John Lee Hooker ein weißer Buchhalter war.«
    »Ist er das nicht?«
    »Er ist tot.«
    »Du siehst, das ist alles Neuland für mich. Aber egal – was du damit eigentlich

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