Juliet, Naked
Club, trank und tanzte ein bisschen, meistens mit Gav, dem Pummelchen,
weil Barnesy Handstände und Kung-Fu-Tritte ausführte und den Fußboden mit Talkumpuder bestreute. Und weil Ros mit Annies Erlaubnis
um Mitternacht ging und Terry Jackson trinkend an der Bar kleben blieb und griesgrämig von den guten alten Tagen schwärmte,
in denen man sich noch prügeln konnte, ohne dass danach alle schreiend zur Scheiß-Notaufnahme rannten. Und als sie dann schließlich
ging, um zwei Uhr morgens, folgte ihr Barnesy nach draußen und dann nach Hause, und sie stand da und bot einem Mann, den sie
gerade erst kennengelernt hatte, an, auf dem Sofa zu übernachten. Dann saß sie selbst auf diesem Sofa und sah zu, wie er Spagat
versuchte, während er ihr seine Liebe gestand.
»Ich liebe dich.«
»Nein, tust du nicht.«
»Tu ich wohl. Verdammt, ich liebe dich. Seit dem Moment, wo ich dich in dem Pub gesehen hab.«
»Weil meine Freundin sich als lesbisch entpuppt hat.«
»Das hat die Entscheidung nur leichter gemacht.«
Annie lachte und schüttelte den Kopf, währendBarnesy eine gequälte Miene machte. Aber es war immerhin etwas. Eine Anekdote, ein Erlebnis, etwas, das sich nicht auf etwas
bezog, das früher in ihrem Leben oder in der Geschichte des Landes passiert war. Es passierte hier und jetzt in ihrem Wohnzimmer.
Vielleicht hatte sie ja deswegen Barnesy die Couch überhaupt angeboten. Weil sie gehofft hatte, dass er ihr Spagat vorturnte
und gleichzeitig seine Liebe gestand, und erfreulicherweise kam es genau so.
»Weißt du, ich sag das nicht bloß, weil ich mich hier akrobatisch verausgabe. Es ist genau umgekehrt. Ich verausgabe mich
so, weil ich dich liebe.«
»Du bist sehr lieb«, sagte sie. »Aber ich muss jetzt ins Bett.«
»Darf ich mitkommen?«
»Nein.«
»Nein? Einfach nein?«
»Einfach so.«
»Bist du verheiratet?«
»Willst du wissen, ob mein Mann im Ehebett schläft und ich dich deswegen nicht reinlasse? Nein.«
»Wo liegt dann das Problem?«
»Es gibt kein Problem. Na ja, eigentlich schon. Ich hab da jemanden. Aber er lebt in den USA.« Durch die ständige Wiederholung
wurde die Lüge immer wahrer, so wie ein Weg wirklich ein Weg wird, wenn nur genügend Leute darüberlatschen.
»Tja, also dann … USA …« Er drehte die Handflächen nach außen, um zu unterstreichen, was er gerade so vollendet formuliert
hatte.
»Wir führen nicht so eine Art von Beziehung.«
»Überleg’s dir noch mal.«
»Barnesy, da gibt’s nichts zu überlegen.«
»Ich finde, da irrst du dich.«
»Was gibt’s denn da zu überlegen?«
»Ums Überlegen geht es doch gar nicht, oder?«, fragte Barnesy leidenschaftlich.
»Dann hatte ich ja recht. Es gibt nichts zu überlegen.«
»Ich lass mich scheiden. Falls das was bringt. Ich hab schon eine ganze Weile dran gedacht, aber jetzt, wo ich dich kennengelernt
habe, steht mein Entschluss fest.«
»Du bist verheiratet? Mein Gott, Barnesy, du hast vielleicht Nerven.«
»Stimmt, aber lass mich doch ausreden. Sie hasst Allnighter. Sie hasst Northern. Sie mag diese Scheiß … keine Ahnung. Mädchen
mit toupierten Haaren, die die Casting-Shows gewinnen.«
Er unterbrach sich und überdachte anscheinend, was er gerade gesagt hatte.
»Verdammte Scheiße. Es stimmt wirklich. Wir haben nichts gemeinsam. Mir ist gerade erst klar geworden, wie schlecht wir zusammenpassen.
Ich lasse mich ehrlich scheiden. Ich erzähle das nicht bloß wegen dir. Ich lass mich in jedem Fall scheiden.«
»Tja, warten wir mal ab, was du dazu sagst, wenn du nach Hause kommst.«
»Mein Entschluss steht fest.«
»Ich glaube nicht, dass wir besser zusammenpassen.«
»Wieso das denn nicht? Du hast dich doch heute gut amüsiert, oder?«
»Ja, schon. Einigermaßen. Aber eigentlich hab ich ja die meiste Zeit mit Gav verbracht. Oder mit Terry Jackson. Oder Ros.
Du warst doch meistens mit dir selbst beschäftigt.«
»So tanz ich nun mal. Bei meinem Stil, mit Handstand und allem, muss ich auf der Tanzfläche allein sein.So bin ich doch nicht, wenn wir bloß, keine Ahnung, zu Hause sitzen und fernsehen.«
»Heißt das, du würdest dich nicht wegsetzen, vor deinen eigenen Fernseher, oder heißt es, das du während unserer Lieblingssendung
nicht auf dem Sofa tanzt?«
»Tja, beides. Keins von beiden. Angeln würd ich alleine. Ich meine, mach ich sowieso schon. Ich mein ja nur.«
»Es ist gut, wenn man von Anfang an ehrlich zueinander ist.«
»Du machst dich über mich lustig«,
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