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Juliregen

Juliregen

Titel: Juliregen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Jürgen erschrocken aus.
    Lore hob in einer beruhigenden Geste die Hand. »Das sind Sie auch nicht. Sie haben die Sache genau auf den Punkt gebracht. Es gibt sowohl bei Frauen wie bei Männern welche, die dumm, und welche, die gescheit sind. Seien wir zufrieden, dass wir dem Durchschnitt angehören, der genug weiß, ohne sich über andere erheben zu wollen.«
    »Das, gnädige Frau, würde ich sofort unterschreiben.« Zum ersten Mal lächelte Jürgen, und Lore fand, dass es ihm gut stand.
    Auch Nathalia zeigte sich versöhnt und befahl der wartenden Dienerin, auch ihr einen Krug Bier zu bringen.
    Während die Frau gehorsam davoneilte, krauste Lore die Nase. »Muss das wirklich sein? Bier ist doch kein Getränk für eine Frau!«
    »Einen Krug werde ich mir wohl leisten können! Vielleicht besorge ich mir demnächst eine Pfeife und rauche, so wie die Männer es tun«, stichelte Nathalia grinsend.
    »Um Gottes willen! Du würdest als arg exzentrisch angesehen werden«, rief Lore aus.
    Ihre Freundin winkte lachend ab. »Ich werde wohl doch darauf verzichten. Nicht, weil es exzentrisch ist, sondern weil ich den Geruch nach Tabak nicht mag. Man muss wirklich ein Mann sein, um diesen Qualm ertragen zu können. Herr Göde, wissen Sie, ob Männer schlechter riechen können als Frauen?«
    »Möglich wäre es«, antwortete dieser zögernd und schob den Teller beiseite. »Die Damen mögen verzeihen, aber ich will jetzt das Porträt der Komtess zeichnen und mich dann auf den Weg machen. Es sind ja immerhin noch zehn Kilometer bis Nehlen.«
    Nathalia zuckte schuldbewusst zusammen. »Oh Gott, ich habe ganz vergessen, dass Sie noch dorthin müssen! Wissen Sie was, ich lasse einen Wagen anspannen und bringe Sie hin. Das ist am bequemsten.«
    »Keinesfalls. Ich will nicht, dass Sie sich meinetwegen noch mehr Umstände machen«, wehrte Jürgen ab.
    »Das sind keine Umstände! Ich fahre gerne über Land. Wir nehmen das Gig, und ich werde selbst die Zügel führen.«
    Jetzt hielt es Lore für an der Zeit, einzugreifen. »Du kannst nicht mit einem Herrn allein in einem Wagen fahren. Was würden die Leute von dir denken!«
    »Da sind sie wieder, diese Einschränkungen, die uns Frauen auferlegt sind«, rief Nathalia verärgert aus. »Dann kommst du eben mit, damit dem Anstand Genüge getan wird.«
    Es klang so bestimmend, dass Lore seufzend zustimmte. Dabei sagte sie sich, dass Nati sich in den fast zwölf Jahren, die sie sie nun kannte, um keinen Deut geändert hatte.

XIII.
    F ridolins Laune besserte sich während der Fahrt nach Berlin, und bald konnte er den Zwischenfall auf Klingenfeld von der humorvollen Seite sehen. Eine besonders heldenhafte Figur hatte er nicht gerade abgegeben. Da war es ganz gut, dass Lore und Nathalia ihn nicht hatten beobachten können. Allerdings würde er sich das unverschämte Verhalten des Verwalters kein zweites Mal bieten lassen. Mit dem festen Vorsatz, das Gut zu übernehmen und als Erstes diesen Mann auf die Straße zu setzen, erreichte er den Lehrter Bahnhof und überlegte, ob er gleich zu Grünfelder fahren und Nägel mit Köpfen machen sollte.
    Auf dem Weg zum Droschkenstand entschied er sich jedoch dagegen und gab dem Kutscher seine Privatadresse an. Er wollte sich erst frisch machen und danach seine Partner aufsuchen.
    Der Lärm und die Gerüche der Stadt schienen ihm nach dem kurzen Aufenthalt auf dem Land schlimmer als sonst, und er brauchte eine Weile, bis er sich wieder daran gewöhnt hatte. Es wird gut sein, Lore und die Kinder so oft wie möglich auf unser Gut zu schicken, damit sie sich in gesunder Umgebung erholen können, sagte er sich. Diese Stadt hier wurde immer mehr zum Moloch, die ihren Bewohnern ein Leben aufzwang, für das der Mensch in seinen Augen nicht geeignet war. Dabei hatten er und seine Familie es noch gut. Er mochte sich gar nicht erst vorstellen, wie es den Menschen in den lichtlosen Hinterhofwohnungen der Arbeiterviertel ging.
    Als die Droschke vor seinem Haus anhielt, schob Fridolin diese Gedanken beiseite, bezahlte und nahm seinen Koffer an sich. Während der Kutscher hinter ihm seine Pferde antrieb, stieg er die Freitreppe hoch und klingelte.
    Sofort öffnete ihm ein Diener und ließ ihn ein. Die Miene des Mannes wirkte so erleichtert, dass Fridolin sich verwundert fragte, was in seiner Abwesenheit vorgefallen sein mochte. Allerdings grüßte der Diener nur, übernahm sein Gepäck und verschwand damit im Haus.
    An seiner Stelle trat sein Majordomus Johann Ferber auf ihn

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