Juliregen
über den Haufen«, erklärte er in grimmigem Ton.
Kurz darauf führte er Lore und Nathalia wieder auf den Hof. Dort hatte der Wallach inzwischen seinen Hafer und einiges an Heu gefressen, und Drewes kam noch auf beiden Backen kauend aus dem Gesindeeingang.
Der Graf half Lore auf den Wagen und zwinkerte ihr zu. »Dann wünsche ich eine gute Rückkehr. Wenn Sie das nächste Mal nach Klingenfeld fahren wollen, komme ich mit und blase diesem närrischen Verwalter so den Marsch, dass ihm Hören und Sehen vergeht!«
»Und ich schlage die große Pauke dazu«, rief Nathalia lachend und drehte sich noch einmal zu Jürgen um, der in der Haustür stehen geblieben war.
»Auf Wiedersehen, Herr Göde! Da Sie heute den Ritt nach Klingenfeld so exzellent überstanden haben, hoffe ich, Sie bald als Gast auf Steenbrook begrüßen zu können.« Mit einem Lachen, von dem sie selbst nicht wusste, ob es nun spöttisch oder fröhlich gemeint war, nahm sie Zügel und Peitsche zur Hand.
Der Wallach äugte misstrauisch zurück, als wolle er wissen, ob er auch diesmal einen Hieb erhalten würde. Doch Nathalia ließ die Peitsche nur spielerisch über seinem Rücken kreisen und steckte sie wieder in die Halterung.
Graf Nehlen sah dem Gig nach, bis es hinter den Hecken verschwand, und drehte sich zu seinem Neffen um. »Und? Ist es schlimm?«
»Was, Herr Onkel?«, fragte Jürgen.
»Dein Allerwertester! Wenn ein ungeübter Reiter zwanzig Kilometer im Sattel zurücklegt, dürfte es dort ganz schön brennen, zumal die Komtess, wie ich sie kenne, die Strecke gewiss nicht im Schritt zurückgelegt hat.«
»Das hat sie wahrlich nicht!« Jürgen versuchte sich an einem kläglichen Lächeln und wollte ins Haus zurückkehren.
Da stand auf einmal der alte Herr neben ihm, und er spürte dessen Hand schwer auf seiner Schulter. »Vor mir musst du dich nicht genieren, die Wahrheit zu bekennen. Ich habe auch einmal mit dem Reiten begonnen und weiß, wie sich ein richtiger Wolf anfühlt. Komm mit!«
Grimbert von Nehlen schob seinen Großneffen vor sich her in sein Schlafzimmer und holte dort eine Blechdose aus dem Schrank. »Zieh jetzt die Hosen herunter und leg dich bäuchlings aufs Bett, damit ich deine wunden Stellen einreiben kann. Sonst kannst du morgen nicht einmal mehr auf einem Daunenkissen sitzen.«
Als der junge Mann zögerte, versetzte er ihm einen leichten Backenstreich. »Jetzt stell dich nicht an wie eine empfindliche Jungfer! Immerhin bin ich dein Großonkel. Vor dem Arzt müsstest du die Hosen auch herunterlassen.«
»Jawohl, Herr Oheim!«, antwortete Jürgen und öffnete seinen Gürtel.
I.
R udi Pielke achtete stets darauf, kein unnötiges Risiko einzugehen. Daher ließ er Ottwald von Trettin einen exakten Plan des Hauses zeichnen, in dem Lore und Fridolin lebten, und stellte dem Gutsherrn noch etliche Fragen.
»Ich muss wissen, wo sich die Bediensteten in der Nacht aufhalten und welche Fenster vergittert sind und welche nicht.«
Um Ottwald von Trettins Lippen spielte ein hochmütiges Lächeln. »Das werde ich alles in Erfahrung bringen!«
Er dachte an das junge Dienstmädchen, das ihm während seines Aufenthalts in Fridolins Villa zweimal das Bett gewärmt hatte. Gegen eine kleine Summe würde Luise ihm gewiss alle notwendigen Informationen liefern. Doch dafür musste er zuerst herausfinden, wo er sie treffen konnte.
»Sind Sie in der Lage, das Haus heimlich überwachen zu lassen?«, fragte er Pielke. Als dieser nickte, fuhr er fort: »Ihre Leute müssen mir die Information verschaffen, wann ein gewisses Dienstmädchen das Haus verlässt und wohin es in seiner Freizeit geht.«
»Wenn Sie mir sagen, wie die Kleine aussieht, lässt sich das bewerkstelligen.«
Ottwald von Trettin blickte Pielke verblüfft an. »Woher wollen Sie wissen, dass es sich um ein junges Mädchen handelt und nicht um eine alte Schachtel?«
»Weil einer wie Sie sich gewöhnlich nicht für altgediente Besendragoner, sondern für junge, hübsche Dienstmädchen interessiert«, antwortete Pielke lachend.
Trettin fiel in das Gelächter ein. »Sie sind ein guter Menschenkenner, wissen Sie das?«
»Das ist mein halbes Geschäft. Ich muss wissen, wem ich vertrauen kann und wem nicht. Allerdings ist nur Christus unfehlbar. Ein Mal habe ich mich geirrt, und das ärgert mich immer noch höllisch.« Pielke sah Trettin nachdenklich an. »Sie sind doch auch ein Nobler, oder nicht? Vielleicht könnten Sie mir einen Gefallen erweisen. Wenn es klappt, wird es sich
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