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Julischatten

Julischatten

Titel: Julischatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
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zu küssen. Mit einem geübten Griff öffnete er den Knopf ihrer Hose, zog den Reißverschluss auf und seine Hand glitt unter ihren Slip.
    Sims Tante und Lukas waren gleich nebenan und konnten jederzeit an die Tür klopfen, aber das schien ihr nicht im Geringsten etwas auszumachen. Was hier lief, war eine superriskante Nummer, und dass es so war, turnte ihn nur noch mehr an.
    Aber auf einmal wurde Jimi bewusst, dass Sim sich gar nicht mehr rührte. Er hob den Kopf, um sie anzusehen, und blickte in die Augen eines Kaninchens angesichts der Schlange. »Sim?«
    Furcht glomm in ihren Augen.
    »Hey, hab ich…«
    »Simona?«, rief Jo von draußen.
    Sim zog rasch das T-Shirt über ihre Brüste und schlüpfte unter ihm hervor.
    »Simona, wo bist du denn?«
    »Hier?«, rief sie durch das Fliegengitter des Fensters. »Was ist?«
    »Deine Mutter ist am Telefon.«
    »Ich komme.«
    Jimi ließ sich stöhnend aufs Bett fallen. Was für ein verdammt schlechtes Timing, dachte er – noch völlig benommen. Was war da gerade passiert?
    Er stand auf und ging ins Badezimmer, um sein Werkzeug einzusammeln.
    Am Nachmittag fuhr Sim mit ihrer Tante nach Pine Ridge zum Powwow. Noch hatte sie Jo nicht verziehen, obwohl Jimi die Rüge ganz gut verkraftet zu haben schien. Immerhin: Jo hatte Wort gehalten und ihren Eltern nichts erzählt.
    Aber der Groll auf ihre Tante war nicht der alleinige Grund für Sims Einsilbigkeit. Immerzu musste sie daran denken, was im Trailer passiert war. Jimis Küsse, seine Hände. Anfangs war es vollkommen okay gewesen, aber auf einmal, sie konnte nicht genau sagen, zu welchem Zeitpunkt, hatte ihr Körper sich gegen ihre Gefühle gewandt und sich versteift. Sie hatte das nicht gewollt, hatte jedoch nichts dagegen tun können.
    Wenn Jimi etwas gemerkt hatte, dann glaubte er jetzt sicher, dass sie eine frigide Zicke war. Dabei hatte es ihr gefallen, von ihm berührt zu werden. Sie hatte keine Angst davor, mit ihm zu schlafen. Sie hatte Angst, erneut gedemütigt zu werden, wenn sie Gefühle zeigte.
    Sim hatte Mühe gehabt, ein normales Gespräch mit ihrer Mutter zu führen, so aufgewühlt war sie gewesen. Als ihre Mutter endlich den Hörer aufgelegt hatte (zu Hause regnete es, die Großeltern waren zu Besuch, der Nachbar war an einem Herzinfarkt gestorben und die Benzinpreise waren auf Rekordniveau), waren Jimi und Lukas nicht mehr da gewesen.
    Sim hoffte, beide auf dem Powwow wiederzutreffen und mit ihrer Frage, ob sie Jimi Little Wolf etwas bedeutete, ein Stück weiterzukommen.
    Das Powwowgelände von Pine Ridge war eine große, von unbefestigten Fahrwegen umgebene Rasenfläche. Der Schattenkreis, bestückt mit vier Lautsprechern, hatte in allen vier Himmelsrichtungen einen breiten Eingang. Unter dem Schattendach saßen Indianer in ihren Klappstühlen, Tänzer in ihren Kostümen standen in Grüppchen beisammen und erzählten, lachten, gestikulierten. Jugendliche ritten auf ihren Pferden um den Schattenkreis, der von Händlern mit ihren Tischen gesäumt war. Auch Jo baute mit Sims Hilfe ihren kleinen Stand auf, an dem sie indianischen Schmuck zum Verkauf anbieten wollte.
    Sim trug einen kurzen Wildlederrock, der aus grünen, braunen und dunkelroten Streifen zusammengenäht war, dazu ein rotes Tanktop mit einem Hanfblatt auf der Brust. Ihre Füße steckten in den Segeltuchschuhen aus dem Sioux-Nation- Supermarkt. Schultern und Arme hatte sie mit Sonnenschutzmittel eingerieben und das Basecap war in ihrer Tasche – für alle Fälle.
    Die Blicke der Leute klebten an Sim, als sie ihre erste Runde auf dem staubigen Weg um das große Schattendach drehte, das die Tanzarena umgab. Dass sie selbst völlig schräg gekleidet waren (Männer mit orangefarbenen und neongrünen Wollfransen, Mädchen mit schillernden Schals und Schellen an den Kleidern), schienen sie nicht zu bemerken oder fanden es normal. Doch schon beim zweiten Rundgang hatte sich das Interesse an ihr gelegt. Man hatte sie registriert, sich amüsiert, aber es gab Spannenderes als ein langbeiniges weißes Mädchen in kurzem Lederrock. Nach und nach fanden sich immer mehr Touristen auf dem Powwowgelände ein und Sim wurde lockerer.
    Als es in den Lautsprechern zu knacken und zu schnarren begann und der Sprecher zum Grand Entry aufrief, suchte sie sich ein Plätzchen unter dem Schattendach. Die erste Trommel wurde angeschlagen und der Vorsänger begann einen durchdringenden, hohen Falsettgesang. Die anderen Sänger fielen ein und eine endlos scheinende Formation

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