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Julischatten

Julischatten

Titel: Julischatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
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aus bunt gekleideten Tänzern bewegte sich durch den östlichen Eingang auf den Tanzplatz. Vorneweg Männer in Armeeuniform, die verschiedene Flaggen trugen. Auch das Sternenbanner war dabei.
    Durch den Ansager erfuhr sie, dass die Männer in Uniform ehrenvolle Veteranen der amerikanischen Streitkräfte waren. Ihnen folgten Männer in traditioneller Tanzkleidung, dann ein Trupp jüngerer Tänzer in farbenprächtigem Outfit mit zwei großen Federkreisen auf dem Rücken und schließlich die Tänzer mit den grellbunten langen Wollfransen, die Grastänzer. Nach den Männern betraten Frauen in traditioneller Kleidung die Arena, die Jingle-Tänzerinnen folgten und zuletzt kamen Mädchen und Frauen mit großen bunten Schals.
    Es war ein irres Gewimmel von Farben, Fransen, Federn. Zuletzt hüpften Zweijährige in Lederkleidung über den Rasen. Immer wieder zogen die Tänzer an Sim vorbei und sie war so gebannt, dass sie erschrocken zusammenzuckte, als auf einmal Roos neben ihr stand und sich mit einem schüchternen »Hi«, bemerkbar machte.
    Das Mädchen sah müde und abgekämpft aus. In ihrem grünen Wickelrock und dem violetten Trägertop wirkte sie unglaublich dünn und zerbrechlich, aber immer noch wunderschön.
    »Hi«, sagte Sim. »Na, alles klar?«
    Roos presste die Lippen zusammen und schüttelte den Kopf. »Der Medizinmann war nicht da«, sagte sie mit matter Stimme. »Wir wollen es morgen noch mal versuchen.«
    »Ich dachte, es war alles ausgemacht?« Sim blickte sie fragend an.
    Roos hob die Schultern. »War es auch. Aber Black Fox war nicht da. Es war seltsam. Sein Wohnwagen sah aus, als wäre schon lange niemand mehr dort ein- und ausgegangen.«
    Um sie herum erhoben sich alle aus ihren Stühlen. Der Sprecher erzählte etwas von einem Veteranensong und bat alle Anwesenden, während des Liedes nicht zu fotografieren.
    Als die Tänze begannen, drückten die beiden Mädchen immer wieder auf die Auslöser ihrer Kameras. Als Sim im Sucher Jimi und Lukas entdeckte, ließ sie ihre Kamera sinken. Beide hatten ihre Gesichter bemalt, deshalb hätte sie sie beinahe nicht erkannt. Bei Jimi zogen sich weiße und schwarze Blitze von der Schläfe über die Wangen, Lukas hatte einen schwarzen Streifen über der Augenpartie. Sie trugen traditionelle Kleidung aus gegerbtem Hirschleder, das mit Perlen und bunten Stachelschweinborsten bestickt war. Beide hatten ein Federrad auf dem Rücken und Kopfschmuck aus Federn und Borsten auf dem Kopf.
    In Lukas’ Zöpfe waren blaue und weiße Bänder geflochten. Er tanzte mit geschlossenen Augen. Kam er einem anderen Tänzer zu nahe, wich dieser aus, ohne seinen Tanz zu unterbrechen. Näherte sich Lukas den Zuschauern auf ihren Klappstühlen, rief Jimi ihn wieder in die Mitte des Platzes zurück.
    Jimi entdeckte Sim und winkte ihr kurz zu. So kurz, dass es auch ein Wunschgedanke sein konnte. Sofort war Jimi wieder konzentriert auf seine Bewegungen, die aussahen, als wolle er damit eine Geschichte erzählen.
    Roos beugte den Kopf zu ihr herüber. »Der ist süß, nicht wahr?«
    »Ja, finde ich auch.«
    »Muss toll sein, so tanzen zu können.« Roos lehnte gegen einen der Holzpfeiler, die das Schattendach trugen. Ihre Augen leuchteten, aber sie war immer noch blass und Sim befürchtete, sie würde jeden Moment umkippen.
    »Du musst etwas trinken«, sagte sie. »Wo sind eigentlich deine Eltern?«
    »Die versuchen, jemanden zu finden, der etwas über den Verbleib von Black Fox weiß.« Roos zog eine Wasserflasche aus ihrer Tasche und schüttelte sie. Es war nur noch ein Rest darin. Sie trank ihn und steckte die leere Flasche mit einem Seufzer in die Tasche zurück.
    Die Sänger verstummten mit dem letzten Trommelschlag und die Tänzer stoppten ihre Bewegungen abrupt, sie rührten sich nicht mehr von der Stelle. Die Zuschauer klatschten Beifall. Jimi lief zu Lukas, um ihn vom Platz zu führen.
    »Holen wir uns etwas zu trinken«, schlug Sim vor.
    Roos nickte. Sie lief langsam, als wäre sie unendlich müde. Sim spürte den Impuls, sich bei ihr einzuhaken, damit sie in der Hitze nicht doch noch umfiel. Aber sie traute sich nicht, vielleicht würde sie Roos damit zu nahe treten. An einer der Buden kauften sie eisgekühltes Wasser und auf ihrem Weg zurück in den Schatten liefen sie Jimi und Lukas in die Arme.
    Sims Herz begann zu schlagen wie eine Trommel. »Hi«, sagte sie und konnte ihren Blick nicht von Jimi wenden, der ihr in seinem Tanzoutfit fremd und unnahbar erschien, wie ein Wesen aus

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