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Julischatten

Julischatten

Titel: Julischatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
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sich zu drehen. Es waren nicht Jimis Worte, es war das Gift, das darin gelegen hatte und das sich nun schleichend in Lukas’ Körper ausbreitete.
    Am späten Nachmittag kehrte Jo ohne Michael zurück – er hatte auf dem Meeting einen alten Bekannten wiedergetroffen, einen amerikanischen Fotografen, mit dem er einen Abstecher nach Montana machen wollte, wo der Mann eine kleine Ranch besaß.
    Aber Jo kam nicht alleine, sie hatte zwei ältere Schwestern dabei, die ein paar Tage bleiben und Bekannte im Reservat besuchen wollten. Josie und Linda waren Anishinabe-Indianerinnen und kamen aus dem White-Earth-Reservat in Minnesota. Sie waren kleine, grauhaarige Damen mit Gesichtern wie Walnussschalen.
    Josie und Linda brachten Schwung ins Blockhaus und sorgten mehrmals am Tag für schallendes Gelächter. Sie waren flink und halfen, wo sie konnten. Sie kümmerten sich um Jos Garten, kochten schmackhafte Gerichte und empfingen ihre Bekannten, die sehr zahlreich waren.
    Die Abwechslung rettete Sim vor weiteren zermürbenden Grübeleien. Sie hörte traurige, lustige und unglaubliche Geschichten aus dem Indianeralltag und es machte ihr nichts aus, dass die beiden alten Ladys sie ganz schön auf Trab hielten: Kannst du mal jenes halten und dies helfen und das holen…
    Die halbe Woche verstrich. Doch auch wenn die Tage zu ausgefüllt waren, um in Grübeleien zu versinken, es blieben die Nächte. Sim wälzte sich auf ihrer durchgelegenen Matratze und versuchte, sich über ihre Gefühle klar zu werden. Seit der Party hatten sich weder Jimi noch Lukas blicken lassen. Nicht dass sie Jimi vermisst hätte. Doch bei Lukas lag die Sache anders.
    Am Donnerstag hielt sie es fast nicht mehr aus. Vier Tage ohne ein Lebenszeichen von Lukas, vier Tage in Ungewissheit. Sie hatte seine Handynummer, aber was sollte sie ihm sagen? Ich vermisse dich. Kannst du kommen?
    Doch was dann?
    Und wie sollte sie sich Jimi gegenüber verhalten, wenn sie ihn wiedertraf? Ihm ins Gesicht sagen, dass er ein Arschloch war? Würde sie sich dann weniger verletzt fühlen?
    Warum war sie bloß zu dieser blöden Party mitgegangen?
    Warum ließ Lukas sie so hängen?
    Nachdem er sie am Sonntagmorgen hier abgeliefert hatte, war Sim der Meinung gewesen, alles wäre wieder in Ordnung zwischen ihnen. Und mehr noch. Es war etwas zwischen ihnen entstanden, das ihr viel mehr bedeutete als das Auf und Ab in Jimis Verhalten.
    Sollte sie Lukas anrufen und es ihm sagen?
    Mit Jimi zu schlafen, war ein Fehler, Luke, denn eigentlich bist du es, den ich mag.
    Das konnte sie unmöglich tun, selbst wenn es die Wahrheit war. Es sah sonst so aus, als würde sie einfach von einem zum anderen wechseln, als wäre sie nicht viel besser als Jimi.
    Auch Lukas hatte ihr von Anfang an zu verstehen gegeben, dass er sie mochte – nur auf andere Art. Und sie hatte das Gefühl, von zwei Jungen gewollt zu werden, einfach genossen. Bis es ernst geworden war, bis sie sich entscheiden musste. Und sich für den Falschen entschieden hatte.
    Lukas hatte sein Handy schon in der Hand, um Jo für die Freitagstherapie unter einem Vorwand abzusagen. Deswegen schrak er zusammen, als es plötzlich zu klingeln begann. Jo war dran und bat ihn, Freitag etwas früher zu kommen, weil sie zwei Gäste zum Flughafen nach Rapid City bringen müsse.
    Lukas konnte ihr das nicht abschlagen.
    Also holte er Freitagnachmittag Ghost von der Koppel und ritt hinüber zum Horse Hill. Jimi und er waren sich die letzten Tage aus dem Weg gegangen. Sie hatten nur die nötigsten Worte gewechselt und gestern war Jimi dann mit Tyrell nach Denver aufgebrochen, ohne dass die Dinge zwischen ihnen geklärt waren.
    Sim war im Korral und bürstete Big Boy. Lukas hatte sich vorgenommen, ein wenig auf Abstand zu gehen, aber ihre Freude darüber, ihn zu sehen, und ihre herzliche Umarmung zur Begrüßung brachten sein Vorhaben ins Wanken.
    »Was ist los?«, fragte sie, nachdem sie eine Weile schweigend die Pferde fertig gemacht hatten.
    »Was soll sein?«
    »Du bist so komisch.«
    »Ich bin wie immer.«
    »Ich dachte, zwischen uns wäre alles wieder in Ordnung«, sagte sie. »Was ist passiert? Ich will es einfach nur verstehen.«
    Aber das kannst du nicht, dachte er. Wie sollte sie dieses furchtbare Chaos begreifen, das Gewirr von Gefühlen, die außer Kontrolle geraten waren? Was es für ihn bedeutete, plötzlich abgeschnitten zu sein von seinem Bruder.
    Sicher, die Schuld dafür konnte er nicht nur Sim in die Schuhe schieben. Dass es zwischen ihm

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