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Julischatten

Julischatten

Titel: Julischatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
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und vergrub das Gesicht im Kopfkissen. Alles war wirklich: das fremde Bett, Lukas, der Kaffeeduft, ihr knurrender Magen, die Kopfschmerzen.
    »Ich komme.«
    Er legte ihre Sachen aufs Bett und verschwand wieder.
    Sim zog sich an, ging ins Bad und putzte Zähne mit den Fingern. Das taube Gefühl im Mund war weg.
    Als sie in die Küche kam, stand Lukas am Herd und schlug Eier in die Pfanne. Es duftete nach gebratenem Schinkenspeck und auf dem Tisch standen zwei Teller. Jimi brachte die Pfanne und setzte sich.
    »Isst Henry nichts?«
    »Er hat schon gefrühstückt.«
    »Wo ist er?«
    »Draußen bei den Pferden. Kaffee?«
    »Ja. Ich hole ihn mir selbst.« Sim stand auf, goss sich Kaffee in einen Becher und nahm Milch dazu. Zwei Brotscheiben schnellten mit einem Klacken aus dem Toaster. Sie legte sie auf einen Teller und trug Kaffee und Brot zum Tisch. Sie nahm sich von dem Rührei und aß einen Gabelbissen. »Hmm, das Rührei ist gut.«
    »Ist meine Spezialität.« Endlich lächelte Lukas. »Wie geht es dir?«
    »Ganz gut. Ich hab noch Kopfschmerzen, aber sonst bin ich okay.«
    »Hast du denn gar nichts geschmeckt, als du von Cammies Cola getrunken hast?«
    »Nein, es war definitiv kein Alkohol drin.«
    »Vermutlich war’s Schlimmeres.«
    »Schlimmeres?«
    »Koks.«
    Sim verschluckte sich an ihrem Kaffee. »Auf der Party war Kokain im Umlauf?«
    »Ich fürchte, ja.« Lukas stand auf, um sich noch einen Kaffee zu holen. »Wenn die Bullen jemanden damit erwischen, verschwindet er für ein paar Jährchen hinter Gitter.«
    »Hat Jimi etwas damit zu tun?«
    Lukas hob die Schultern. »Ich hoffe nicht.«
    »Wann hat er dir eigentlich von uns erzählt?«
    »Nachdem wir miteinander getanzt hatten.«
    So ein Idiot, dachte Sim und seufzte leise. »Du musst stinksauer auf Jimi sein. Und auf mich auch.«
    »Ich bin sauer.«
    »Dann hast du eine merkwürdige Art, das zu zeigen.«
    »Jimi ist mein bester Freund, Sim, und ich weiß, dass er Probleme hat, über die er nicht spricht. Ich werde ihn jetzt nicht im Stich lassen. Und du…«, seine Augen versuchten, ihr Gesicht zu fixieren. »Ich mag dich zu sehr. Ich kann dir nicht böse sein.«
    Sim hätte am liebsten losgeheult. »Ich werde keinen Alkohol mehr anrühren, versprochen.« Sie sagte das nicht nur so, sie meinte es ernst. »Und ich mag dich auch. Sehr sogar.« Sie schob ihre Hand über den Tisch und legte sie auf seine.
    Darauf sagte Lukas nichts. Er zog seine Hand hervor und tastete ihren Arm entlang nach oben, bis seine Hand ihre Wange gefunden hatte. Sim wagte nicht, sich zu rühren, als sein Daumen zärtlich über die wulstige Narbe in ihrer Lippe strich. Schließlich zog er seine Hand zurück. »Fühlt sich gar nicht so furchtbar an.«
    »Ich bin ein Mädchen, schon vergessen?«, sagte sie. »Alles dreht sich um Perfektion.«
    »Bei euch in Deutschland vielleicht, aber bei uns Lakota nicht. Hat deine Tante dir nicht erzählt, dass wir bei unseren kunsthandwerklichen Arbeiten immer irgendwo eine winzige Unregelmäßigkeit einarbeiten; eine minderwertige Perle, einen andersfarbigen Faden, eine schlecht gefärbte Stachelschweinborste?«
    »Nein, hat sie nicht. Wieso tut ihr das?«
    »Auf diese Weise ehren wir das Geheimnis der Schöpfung, Sim. Der winzige Fehler ist das Symbol menschlicher Unvollkommenheit. Und nur Unvollkommenes besitzt wirkliche Schönheit.«
    Sim nahm seine Hand und schmiegte ihr Gesicht hinein. »Danke, Luke. Danke für alles, was du für mich getan hast. Dass du da warst, dass du…«, sie schluckte.
    »Schon gut«, sagte er. »Ich glaube, wir sollten jetzt los.«
    Henry brachte sie mit seinem alten Truck zum Horse Hill. Zu Lukas’ Erleichterung waren Jo und der deutsche Journalist noch nicht zurück. Die fünf tapsigen Welpen begrüßten sie überschwänglich und Sim lachte, als einer der jungen Hunde an Lukas’ Hosenbein zu zerren begann.
    Sim verabschiedete sich von Henry und umarmte Lukas.
    »Bis bald«, sagte sie.
    Er konnte nichts sagen und stieg wieder zu Henry in den Truck.
    Die paar Meilen zum Jumping-Eagle-Gelände fuhren sie schweigend. Der alte Mann fragte ihn nicht, warum sie in der Nacht zu ihm gekommen waren, und Lukas war froh, keine Erklärungen abgeben zu müssen.
    Doch bevor Lukas aussteigen konnte, sagte der Alte: »Du magst die Missy, nicht wahr?«
    »Ja«, antwortete Lukas.
    »Dann pass auf sie auf, mein Junge.«
    Lukas stieg aus und He Dog fuhr davon.
    Als Lukas ins Haus gehen wollte, hörte er ein freudiges Wiehern. Ghost hatte

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