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Julischatten

Julischatten

Titel: Julischatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
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vom Boden in die Schüssel. Die Klospülung rauschte und Lukas kam zurück. Das verschwitzte Hemd hatte er ausgezogen und legte es über die Couchlehne. Er sprach Sim an, und als sie sagte: »Hier bin ich«, setzte er sich neben sie, die Ellenbogen auf den Knien. Seine Hände zitterten.
    »Erzählst du mir von deinem Traum?«
    Lukas lehnte sich zurück. Eine mächtige Windböe peitschte Regen gegen die Fensterscheiben und plötzlich saßen sie im Dunkeln. Der Strom war ausgefallen. Sim wollte etwas sagen, als Lukas’ Stimme durch die Dunkelheit zu ihr drang.
    »Wir waren zu dritt, draußen am Felsen bei der Schlucht«, begann er. »Wir haben uns gegenseitig Geschichten erzählt und viel gelacht. Doch dann brauten sich dunkle Wolken am Horizont zusammen. Die Donnerwesen tanzten in ihrem Inneren, Feuerwerke aus Licht und Schatten. Ich habe zum Aufbruch gedrängt, aber Jimi hat nur gelacht. Die Wolken wären harmlos, behauptete er, und du hast ihm geglaubt. Als die ersten Tropfen fielen, begann Jimi zu tanzen. Er tanzte wie ein Verrückter auf dem Felsen, war vollkommen in Trance. Plötzlich rutschte er auf einem nassen Stein aus, rutschte über den Rand. Er konnte sich festhalten, seine Finger krallten sich in den Fels. Ich habe mich flach auf den Felsvorsprung gelegt und seinen linken Arm gepackt. Du wolltest helfen, Sim, und bist dabei auch ins Rutschen geraten. Ich konnte gerade noch nach deiner Hand greifen. Ich lag auf dem Felsvorsprung und hielt dich an der einen und Jimi an der anderen Hand.«
    Lukas verstummte und Sim starrte auf sein Gesicht, das sich immer deutlicher aus dem Dunkel schälte. Ihr Herz hämmerte gegen ihre Rippen und sie brachte kein Wort heraus.
    »Ich wusste, ich würde einen von euch beiden loslassen müssen, um den anderen zu retten«, sagte er schließlich. »Dann bist du gekommen und hast mich geweckt.«
    »Es war nur ein Traum«, sagte sie und fragte sich, ob er ihr die Wahrheit gesagt hatte. Hatte sie ihn wirklich geweckt, bevor er sich für einen von ihnen entscheiden konnte? »Ein Traum, in dem du sehen konntest.«
    »Ja«, murmelte er, »stimmt.« Als wäre ihm das gar nicht klar gewesen. »Hey, danke, dass du mich geweckt hast.« Er lächelte.
    Sim beugte sich zu ihm herüber und küsste ihn. Zuerst ganz vorsichtig, ihre Lippen waren eine einzige Frage. Als Lukas sie nicht zurückwies, legte sie alles, was sie für ihn empfand, in diesen Kuss. Sie wünschte sich nichts sehnlicher, als dass er spüren würde, wie ernst sie es meinte.
    Und dann erwiderte er ihren Kuss. Zuerst stießen ihre Nasen aneinander, aber schließlich fand er ihre Lippen, die sie ihm entgegenreckte.
    Sie zog ihr T-Shirt aus, nahm seine Hand und führte sie zu ihren Brüsten. Lukas seufzte leise und begann, sie zu streicheln. Er murmelte etwas Unverständliches und schob sich halb über sie. Seine glatte Haut auf ihrer. Zum ersten Mal war sie nüchtern mit einem Jungen zusammen und trotzdem hatte sie das Gefühl, auf einer Wolke zu schweben. Lukas’ Körper war ihr vertraut, so oft hatte sie ihn angesehen, ihn beobachtet, ohne dass er es wusste. Jetzt sah er sie an. Auf seine Weise. Sim war kitzelig (an vielen Stellen) und musste oft lachen. Dann lachte sie nicht mehr.
    Dass es so sein konnte.
    Als sie mutiger wurde, hielt Lukas ihre Hand fest. Er nahm sie und zog sie an seine Lippen, küsst ihre Finger. »Ich kann nicht mit dir schlafen, Sim.«
    Es war, als hätte jemand einen Eimer kaltes Wasser über ihrem Kopf ausgeschüttet. Abrupt zog sie ihre Hand weg und setzte sich auf. »Das meinst du nicht ernst, oder?«
    »Doch.«
    »Aber ich dachte, das mit Jimi… ich dachte…«
    Lukas setzte sich ebenfalls auf. »Es ist nicht wegen Jimi.«
    »Nicht wegen Jimi?«
    »Nein. Ich meine… ich habe nicht nur keine Zahnbürste dabei, okay?«
    Himmel, endlich verstand sie ihn. »Ich vertraue dir.«
    »Ich mir aber nicht.« Er wandte ihr den Kopf zu und Sim sah das Weiß seiner Augen in der Dunkelheit leuchten. »Was bin ich eigentlich für dich, Sim?«, fragte er. »Die zweite Wahl?«
    »Nein«, flüsterte sie. »Nein, das bist du nicht.«
    »Und du vertraust mir?«
    »Wie verrückt.«
    Seine Hand suchte nach ihrem Knie. »Können wir in dein Zimmer gehen? Das Sofa ist einfach zu schmal für zwei.«

27. Kapitel
    Als Jo am nächsten Tag aus Rapid City zurückkehrte, war schon fast Mittag. Lukas und Sim saßen noch am Tisch und frühstückten. In der Kaffeemaschine gluckerte es. Lukas mochte Jos Kaffee, meistens hatte

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