Julischatten
und Jimi nicht mehr lief, hatte auch etwas mit Jimis Drogengeschäften zu tun. Aber unter anderen Umständen hätten sie dieses Problem vielleicht in den Griff bekommen. Jetzt war alles ein einziges Chaos und das eine ließ sich vom anderen nicht mehr trennen.
Noch ehe er etwas sagen konnte, kamen die Kinder und sie mussten das Gespräch unterbrechen. Es war nur aufgeschoben, nicht aufgehoben, das war ihm klar. Trotzdem war er dankbar für die Bedenkzeit.
Nachdem der Fahrer die Kinder wieder abgeholt hatte, brachten sie Big Boy, Angel und Forrest zurück auf die Koppel. Als Lukas das Tor schloss, spürte er Sims Hand an seinem Arm.
»Luke, ich…«
Er hielt den Kopf gesenkt. Wartete.
»Ich weiß, das klingt jetzt nicht sonderlich logisch, aber… ich mag dich – mag dich wirklich.«
I feel for you, sagte sie. Und mit einem Mal war in seinem Inneren alles ganz zugeschnürt. War sie sich der Bedeutung ihrer Worte tatsächlich bewusst?
»Besser, wir ersparen uns das, okay? Es bringt nichts.«
»Aber wieso?«
»Weil alles schon schwierig genug ist und wir es nicht noch komplizierter machen müssen.«
»Das ist meine Schuld und es tut mir leid. Aber…«, sie schien nach Worten zu ringen. »Du und Jimi… ihr beide… das alles war ziemlich verwirrend für mich. Aber inzwischen hatte ich Zeit, mir über meine Gefühle klar zu werden. Luke, ich weiß jetzt, dass ich mit dir zusammen sein möchte«, fügte sie leise, aber sehr entschlossen hinzu.
Lukas musste sich am Zaunpfosten festhalten. Er schüttelte den Kopf. Ihre Hand umfasste immer noch seinen Arm und er schaffte es einfach nicht, sich von Sim loszumachen.
»Ich mag dich sehr, Luke. Und wenn du glaubst, dass es aus Mitleid ist, dann stimmt das nicht.«
»Warum hast du das dann gesagt?«
»Was habe ich denn gesagt?«
»Dass ich dir leidtue.«
»Hat Jimi das behauptet?«
»Hat er.«
»Es stimmt«, räumte sie ein, »ich habe das mal zu ihm gesagt. Ganz am Anfang, als ich noch nichts von dir wusste. Ich habe ihn über dich ausgefragt, weil ich mich nicht traute, dich selbst zu fragen. Damals habe ich zu ihm gesagt, dass du mir leidtust. Ich dachte, es muss schrecklich sein, nicht sehen zu können. Jetzt weiß ich vieles besser.«
Lukas spürte, wie sein Herz gegen die Rippen pochte. Warum machte sie es ihm so schwer? Er hatte es satt, gegen seine Gefühle anzukämpfen, er konnte seinem Körper nicht befehlen, Sim nicht mehr zu mögen. Aber er wusste auch, dass seine Freundschaft zu Jimi endgültig im Eimer war, wenn er jetzt nachgab.
»Jimi und ich haben einen Eid geschworen, Sim.«
»Einen Eid?«, fragte sie ungläubig. »Wie Blutsbrüder? Nur der Tod kann uns trennen oder so ähnlich?«
»Ja, so ähnlich. Wir haben uns geschworen, dass kein Mädchen uns jemals auseinanderbringen wird.«
»Oh«, entfuhr es ihr. »Wie alt wart ihr denn, als ihr diesen Schwur geleistet habt? Dreizehn? Vierzehn?« Er konnte hören, wie ihr die Stimme versagte. Als wolle sie nicht wahrhaben, dass ein solcher Kleinjungen-Eid für ihn bindend sein konnte.
Sie waren zwölf gewesen, aber das änderte nichts. Egal, was Jimi auf der Party veranlasst hatte, mit Marola herumzumachen, nachdem er mit Sim geschlafen hatte – es war auf jeden Fall typisch für ihn. Aber Lukas wusste auch, dass Sim Jimi etwas bedeutete – und genau das machte alles so kompliziert.
»Ich kann nicht«, sagte er. »Du hast ja keine Ahnung. Ich verdanke Jimi so viel. Er hat mir alles beigebracht, ohne ihn wäre ich… ich wäre nicht der, der ich heute bin.« Er dachte daran, wie Jimi wieder und wieder mit ihm geübt hatte. Zum Beispiel von A nach B zu kommen. Dinge wie Zahnpasta auf seine Bürste zu drücken, aus einem Glas zu trinken, eine Dose zu öffnen, seine Sachen richtig anzuziehen.
Jimi hatte ihm nicht ständig alles abgenommen. Vielleicht war es Eigennutz gewesen, vermutlich hatte er gewollt, dass Lukas in Zukunft alleine klarkam. Aber damit hatte er genau das Richtige getan.
»Er ist mein Hunka-Bruder, Sim, mein bester Freund.«
»Aber Jimi und ich… Ich war betrunken, es war falsch, ich… Vergiss es bitte. Luke… bitte…«
»Er mag dich, Sim.« Wie unglaublich schwer es ihm fiel, ihr das zu sagen, doch er musste es tun. »Jimi hat sich in dich verliebt.«
Einen Moment war Schweigen. »Hat er das gesagt?«
»Ja. Und ich weiß, dass er nicht gelogen hat.«
Lukas’ Handy klingelte und er war erleichtert, weil ihm das die Möglichkeit gab, der Situation zu entfliehen. Er zog
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