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Julischatten

Julischatten

Titel: Julischatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
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angeschlagen wirkte.
    Er ist auch nicht perfekt, dachte Sim. Wie ich.
    Jimi schnaubte leise. »Hey Amigo, wir sind nicht zum Flirten hier, okay? Ich will fertig werden und endlich unter die Dusche.« Er drückte seine Kippe an der Schuhsohle aus, schob sie durch das Loch in der Getränkedose und stand auf.
    »Bestimmt könnt ihr bei Tante Jo im Laden duschen, wenn ihr fertig seid«, sagte Sim, aber Jimi war schon wieder auf dem Weg zu seiner Sense.
    »Sind wir denn bald fertig?«, fragte Lukas.
    »Keine Ahnung«, erwiderte sie und schaute über die grasbewachsenen Hügel, die sich nach allen Seiten bis zum Horizont erstreckten. »Sieht nach einer Menge Arbeit aus.«
    »Na, dann.« Lukas tastete nach dem Rechen, der neben ihm lag, und stand auf. Einen Moment lauschte er mit schief gelegtem Kopf, dann lief er zielgerichtet los, benutzte den Stiel des Rechens, um sicherzugehen, dass nichts in seinem Weg lag, über das er stolpern konnte.
    Sim blieb noch eine Weile im Schatten sitzen und sah den beiden zu. Für ein paar Minuten schloss sie die Augen und versuchte, sich vorzustellen, wie Lukas die Welt sah. Schwarz. Aber das war selbst gemachte Dunkelheit. Und hinter ihren Lidern war nicht nur Schwärze, da formten sich farbige Muster, die sich fortwährend veränderten und neu gestalteten. Sim wurde schwindelig und sie riss die Augen wieder auf. Es musste ein immerwährender Albtraum sein, in einer Welt zu leben, die nur aus Dunkelheit bestand. Der Himmel konnte voller Wolken oder Sterne sein – Lukas wusste nichts davon. Er wusste nicht, ob Tag oder Nacht war, ob der Mensch, mit dem er sprach, ihn anlächelte oder eine gelangweilte Grimasse zog. Ob Schritte, die sich näherten, Freund oder Feind bedeuteten. Er sah die Hässlichkeit nicht, die Schönheit aber auch nicht. Für ihn war alles anders, Raum und Zeit – das ganze Leben.
    Könnte sie so stark sein wie er? Lieber hätte sie sich vor einen Zug geworfen, als blind durch die Gegend zu stolpern. So gesehen war ihre Narbe eine Lappalie. Aber nicht mal dafür war sie stark genug.
    Sim stand auf der rückwärtigen Veranda des Blockhauses und sah Jimi und Lukas nach, wie die beiden nach getaner Arbeit auf ihren Pferden davonritten. Über ihnen erstreckte sich ein Himmel, der in zartem Rosa und Orange erglühte. Die Szenerie kam ihr vor wie der Abspann in einem alten Wildwestfilm, nur dass die Indianer keine Federhauben, sondern Baseballkappen trugen. Als Jimi sich umdrehte und ihr zuwinkte, musste sie lächeln und winkte zurück.
    »Verlieb dich nicht«, sagte Tante Jo, die lautlos neben sie getreten war. Sie stand so dicht neben Sim, dass sich fast ihre Arme berührten.
    Sim zuckte zusammen, machte unwillkürlich einen Schritt zur Seite. Sie mochte es nicht, wenn man sich an sie heranschlich und körperliche Nähe herstellte, ohne dass sie es wollte.
    Nach der Geschichte mit Cook hatte Sim, was Jungen anging, vollkommen dichtgemacht. Sie hatte sich geschworen, keinem mehr zu vertrauen, bis sie einem begegnete, der sich vor Liebe zu ihr verzehrte. Denjenigen würde sie dann hinhalten und eine lange Zeit auf Herz und Nieren prüfen – mit Sicherheit länger als sechs Wochen. Weder von Lukas noch von Jimi ging also eine ernsthafte Gefahr aus.
    »Warum eigentlich nicht?«, fragte sie, verschränkte ihre geröteten Arme vor der Brust und funkelte ihre Tante herausfordernd an. »Willst du es mir verbieten?«
    »Jimi wird dir das Herz brechen, wenn du es ihm schenkst. Ich will dir bloß Kummer ersparen.«
    Sim stieß Luft durch die Zähne. »Ich hab nicht vor, jemandem mein Herz zu schenken«, versicherte sie. »Ich will bloß ein bisschen Spaß haben.«
    Tante Jo zog eine Augenbraue hoch und Sim zuckte mit den Achseln. »Ich meine: quatschen, Cola trinken, ein bisschen was übers Reservat erfahren, das vorher nicht durch deinen Filter gegangen ist.«
    »Ach so.« Jo schmunzelte. »Na, wenn’s dabei bleibt, dann ist es okay. Komm«, sagte sie, »das Essen ist fertig.« Sie legte Sim einen Arm um die Schultern und zog sie mit sich hinein.
    »Die Zeit mit Onkel James muss ja wirklich mies gewesen sein«, bemerkte Sim neugierig, als sie am Tisch saßen und aßen. Scheinbar war das etwas, das ihre Tante und sie gemeinsam hatten: Was Männer anging, hatten sie beide kein gutes Händchen.
    »Shit happens«, gab Jo kauend zu. »James war ein Schweinehund, zugegeben ein sehr charmanter Schweinehund. Deshalb hat es so lange gedauert, mir einzugestehen, dass ich mich in ihm geirrt

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