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Julischatten

Julischatten

Titel: Julischatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
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wütend. Und er verfluchte den Alkohol.
    Jo hatte ihm mal erklärt, dass bei Ostasiaten der Alkohol schneller und länger wirkte als bei Europäern, weil bei ihnen das Enzym, das den Alkohol im Körper abbaut, in geringerer Konzentration vorhanden war. Da die genetischen Wurzeln der amerikanischen Ureinwohner bekanntlich in Ostasien lagen, hatten Indianer Probleme mit dem Alkohol. Sie kannten den Punkt nicht, an dem es besser war aufzuhören. Stattdessen tranken sie, bis nichts mehr ging oder nichts mehr da war.
    Warum hatte Jimi zum Alkohol gegriffen? Was war bloß mit ihm los in letzter Zeit? Lukas hatte das ungute Gefühl, dass Jimi sich nur aus einem Grund an Sim heranmachte: weil er ihn gebeten hatte, es nicht zu tun. Jimi konnte so sein.
    Crazy Horse hatte Black Buffalo Woman zur Frau genommen, obwohl sie noch mit No Water verheiratet gewesen war. No Water hatte dem Häuptling dafür aus Rache ins Gesicht geschossen. Die Alten mussten den Streit schlichten und Crazy Horse verlor seine Führerrolle als Hemdenträger. Ohne über die Folgen nachzudenken, hatte er sich genommen, was er begehrte. Anscheinend gab es mehr Parallelen zwischen Crazy Horse und Jimi Little Wolf, als Jimi sich selber eingestehen wollte.
    Lukas putzte sich die Zähne und legte sich ins Bett. Wenn Jimi vom Horse Hill zurückkam, wollte er schlafen. Oder wenigstens so tun, als ob.
    Sim hatte weiche Knie. Nicht von der Zombie-Cola, es war Jimis zweiter Kuss, der ihr in den Gliedern steckte und sie schweigen ließ, obwohl sie sonst pausenlos quasselte, wenn sie etwas getrunken hatte. Sie schämte sich dafür, wie gemein sie Lukas abgekanzelt hatten. Aber nach Jimis Kuss in der Küche war sie völlig durcheinander gewesen.
    Anders als auf dem Konzert, als Jimi verhindern wollte, dass sie etwas Falsches sagte, war dieser Kuss tief, lang und süß gewesen. Er hatte ihre Zweifel weggeblasen und sie eine Wahl treffen lassen.
    Doch nun sagte Jimi kein Wort, obwohl sie allein im Auto saßen. Sein Schweigen gab ihr das Gefühl, über etwas zu schweben, von dem sie nicht wusste, ob es ein dunkler Abgrund oder der siebte Himmel war.
    Jimi wendete den Mustang vor dem Blockhaus. Drinnen brannte noch Licht und Sim seufzte leise. Er legte ihr eine Hand in den Nacken und zog sie zu sich heran.
    »Du kriegst das schon hin«, flüsterte er, dicht an ihrem Mund. Diesmal erwiderte sie seinen Kuss, und als ihre Münder sich voneinander lösten, sah sie ihn lächeln. Der Himmel war es und Sim schwebte auf Wolken.
    »Ich glaube, du gehst jetzt besser«, sagte er und deutete hinaus. Jo stand im Fenster. »Wir sehen uns.«
    Wann, wollte sie fragen, doch ihre Stimme funktionierte nicht. Sie stieg aus, schlug die Beifahrertür zu und winkte ihrer Tante. Der Mustang rollte die Auffahrt hinunter. Juniper kam angelaufen und begrüßte sie freudig. Sim kraulte die Hündin hinter den Ohren und zupfte zwei Zecken ab, die ihr dabei zwischen die Finger kamen. Als sie die Holztreppe zum Eingang hinaufstieg, begannen die Welpen, nach ihrer Mutter zu fiepen. Juniper kroch wieder unter die Treppe und Sim ging hinauf zu ihrer Tante, die schon im Nachthemd war.
    »Na, wie war es?«
    »Super«, sagte Sim. »Blackfire ist cool.« Sie versuchte, gerade zu laufen und deutlich zu sprechen, doch Jo ließ sich nicht täuschen. Sim drückte sich an ihr vorbei ins Bad, aber ihre Tante riss die Tür auf, noch ehe sie sie verriegeln konnte.
    Jo stemmte die Fäuste in die Hüften. »Du hast getrunken, Simona«, sagte sie vorwurfsvoll.
    »Es war nur ein Schluck.« Sim musste furchtbar dringend und wedelte mit den Händen, damit ihre Tante sie allein ließ. Jo dachte überhaupt nicht daran.
    »Nur ein Schluck? Ich hatte dir gesagt, es gibt Regeln, an die du dich zu halten hast.«
    Ihre Tante trug ein grünes, leicht durchscheinendes Spitzennachthemd und die ganze Situation kam Sim unwirklich vor. Der restliche Alkohol, der noch in ihren Adern kreiste, vor allem aber Jimis Kuss, bewirkten, dass sie darauf aus war, die Oberhand zu behalten. »Es ist eine Cola herumgegangen und ich konnte nicht wissen, dass jemand was reingetan hatte.«
    Jo verschränkte die Arme vor der Brust. »Du musst ziemlich viel Cola getrunken haben, bevor du gemerkt hast, dass sie gespritzt ist.«
    »Ich muss mal«, bemerkte Sim bockig.
    »Wer hat dir die Cola gegeben, Jimi?«
    Sim schaltete auf Durchzug.
    »Ich rede mit dir, junge Dame.«
    »Nein, irgendein Mädchen, keine Ahnung.« Sim hielt es nicht länger aus. Vor den

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