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Julischatten

Julischatten

Titel: Julischatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
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Abend würde die Polizei garantiert verstärkt Kontrollen machen.
    »Bist du auch betrunken, ja?«, fragte Lukas ärgerlich.
    »Stress nicht rum, Amigo. Ich bin fit.« Jimi startete den Motor.
    Vermutlich stimmte das sogar, aber Lukas war trotzdem sauer. Jimi hatte den Alkohol immer abgelehnt. Schließlich wollte er ein Krieger sein, wie Crazy Horse. Aber irgendwie schien es ihm schwerzufallen, seinen eigenen Ansprüchen zu genügen.
    Am liebsten wäre Lukas mit Sim wieder ausgestiegen, aber wie sollten sie ohne Jimi nach Hause kommen? Manchmal hasste er es, auf ihn angewiesen zu sein.
    Jimi trat aufs Gas und Sim sackte auf Lukas’ Schoß. Betrunkene Mädchen wirkten sonst immer abtörnend auf ihn, aber als er Sim aufzurichten versuchte, streifte seine Rechte die weiche Wölbung ihrer Brust und sein Körper reagierte unwillkürlich darauf. Lukas hoffte, dass sie zu betrunken war, um die verräterische Ausbuchtung in seiner Hose zu bemerken.
    Sims Kopf ruhte jetzt an seiner Schulter. Sie sang: »Turn out the lights! Open your eyes! How could we ever choose a side?« Es klang erbärmlich falsch.
    Ungewollt musste Lukas lächeln und vergaß, dass er eigentlich sauer war.
    »So können wir sie nicht zurückbringen«, sagte er zu Jimi.
    Das Gewicht von Sims Kopf verschwand von seiner Schulter.
    »Mir geht es blendend«, nuschelte sie. »Schade, dass wir schon gehen mussten.« Sie fiel wieder gegen ihn.
    In Manderson (Sim war inzwischen eingeschlafen) bog Jimi von der Hauptstraße, lenkte den Wagen auf das Jumping-Eagle-Anwesen und hielt vor dem Trailer. Jimi holte Sim vom Rücksitz und brachte sie nach drinnen. Er füllte Kaffee in die Kaffeemaschine und stellte sie an.
    Sim klang schon wieder recht klar, als sie sagte: »Sollte nicht mal jemand abwaschen?«
    Na toll. Lukas schämte sich. Das Chaos in ihrer Küche war durch nichts mehr zu entschuldigen.
    »Die Mädels hatten anscheinend anderes zu tun«, bemerkte Jimi, der gegen Unordnung und Dreck resistent war.
    Sim kicherte. »Klar – für den Haushalt sind die Mädels verantwortlich.«
    »Wer denn sonst?«, konterte Jimi.
    Kein gutes Thema, dachte Lukas. Jimi war ein Lakota und in dieser Hinsicht sehr traditionell. Die Frauen hatten sich um das Essen und den Haushalt zu kümmern, die Männer um die Pferde und die Waffen. So einfach war das.
    »Ich sag’s ja nur.«
    Sim schien Jimis Unmut gespürt zu haben und verzichtete klugerweise auf weitere Bemerkungen. Lukas hörte, wie sie ihren Kaffee schlürfte und dabei fluchte, weil sie sich die Zunge verbrannt hatte.
    »Kann ich einen Schluck Milch haben?«
    Jimi öffnete den Kühlschrank. »Keine Milch da«, brummte er.
    Der Champion war sauer, weil ihm durch den vorzeitigen Aufbruch der Abend verdorben war. Aber lieber ein stinkiger Jimi als Sim in der Ausnüchterungszelle. Vielleicht brachte der Kaffee sie ja so weit auf Vordermann, dass Jo nichts merkte.
    Lukas ging ins Bad. Als er zurückkehrte, herrschte Schweigen. Doch etwas war anders als noch vor ein paar Minuten. Die Luft im Raum schien aufgeladen mit einer merkwürdigen Energie.
    »Wie sieht es aus, Amigo?«, fragte Jimi. »Willst du mitkommen oder hierbleiben?«
    Lukas war davon ausgegangen, dass sie gemeinsam zum Horse Hill fahren würden, um Sim bei ihrer Tante abzuliefern. Aber Jimi klang, als ob er ihn nicht dabeihaben wollte. War er paranoid oder bahnte sich da etwas an? Was war passiert in den wenigen Minuten, die er auf der Toilette gewesen war? Eifersucht durchströmte ihn wie ein lähmendes Gift, ein Gefühl, das ihn völlig verstörte, weil es neu für ihn war und er nicht wusste, wie er damit umgehen sollte. Mit einem Mal fühlte er sich wie das dritte Rad am Wagen.
    »Ich dachte, wir bringen Sim gemeinsam zurück«, sagte er und hörte selbst, wie gekränkt seine Stimme klang. »Ich habe Jo mein Wort gegeben, dass ich sie heil bei ihr abliefere.«
    Sim stand am Tisch (hatte sie nicht eben noch gesessen?), nur einen Schritt von ihm entfernt. Sie atmete falsch und ihre Worte klangen immer noch verwaschen. »Sind doch bloß ein paar Meilen, du musst nicht mit.«
    Würde ich aber gerne, dachte er. Doch anscheinend wollten sie ihn beide nicht dabeihaben. Er zuckte mit den Achseln und lehnte sich gegen die Spüle.
    »Fahren wir«, sagte Jimi.
    »Bye, Luke«, sagte Sim.
    Keine Umarmung zum Abschied. Lukas schwieg. Die Tür klappte und wenig später hörte er den Mustang davonfahren. Sein Herz klopfte laut gegen die Rippen. Er war verletzt. Er war

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