Julius Eichendorff 02 - Nomen est Omen - Eifel Krimi
Leseerlaubnis für den Rheingauer Wein vom Fürstbischof zu Fulda verfasst und durch einen Kurier, den so genannten Herbstkurier, in schriftlicher Form überbracht. 1775 kam er zwei Wochen zu spät. Der Kurier war wohl von Räubern aufgehalten worden. Inzwischen waren die Trauben in Fäulnis übergegangen und eingeschrumpft. Sie wurden trotzdem gelesen und auf Grund des unerwarteten ausgezeichneten Ergebnisses ab diesem Zeitpunkt zum Standard.
Julius bekam Durst.
Aber er wollte die Binde nicht mehr abziehen, er wollte anfangen. Er wollte per Zufall die »Spätlese« der »Alten Eiche« finden.
Alles war genau geplant.
Julius’ rechte Hand schoss nach vorn und ergriff ein Schälchen, leerte es in die Edelstahlschüssel. Seine linke Hand war derweil auf Wanderschaft und landete auf einem kleinen Fläschchen, dessen Inhalt er großzügig eingoss. Die rechte hatte nun ein Glas mit Löffel gefunden und tat ein … zwei … Nein!, dachte Julius, warum so sparsam? … drei Löffel hinein. Einfach vom Instinkt leiten lassen.
Es begann, ihm Spaß zu machen.
Jemand klopfte an der Tür.
»Jetzt nicht!« , rief Julius.
Sie wurde geöffnet.
»Des ist wirklich wichtig, Maestro!«, sagte Franz-Xaver, die Stimme ungewohnt zurückhaltend.
»Raus!«
»Bin schon weg …«
Julius griff nun zweimal hintereinander nach rechts, beugte sich vor, um an die hinteren Ingredienzien zu kommen, tanzte mit den Fingerspitzen über die Phiolen, bis ihm sein Gefühl befahl zuzupacken.
Die Tür öffnete sich wieder.
»Maestro, dringend! Was machst da eigentlich für einen Schmarrn?«
»Wenn du nicht sofort weg bist!«
»Aber es gibt hier ein Problem. Und des wird größer.«
»Jetzt nicht!«
»Wie der Herr wünschen.«
Julius entschied sich, einen ersten Versuch zu machen und den Zufall zu verkosten. Er griff blind in eine Schublade mit Besteck und holte einen Löffel hervor. Er tauchte ihn in die Flüssigkeit, führte sie zum Mund, probierte.
Und spie aus.
Es war höllisch scharf, elend sauer, total versalzen und vor allem fast staubtrocken.
Es war widerlich.
Es war das Ekelhafteste, was Julius jemals gegessen hatte.
Die Tür ging auf.
»Du musst rauskommen, sonst passiert baldigst ein Unglück. Die Bar ist gleich leer.«
Julius riss die Augenbinde ab, rannte zum Wasserhahn und ließ sich den Mund voll laufen, gurgelte und spülte, bis der Schmerz nachließ.
»Ich bin wirklich schlecht gelaunt«, ließ er Franz-Xaver wissen.
»Des ist prima, dann sind wir zwei. Da ist Besuch für dich, der sich langsam in Alkohol auflöst.«
Julius ging ins Restaurant, das zu dieser Zeit eigentlich noch geschlossen war. Wie sich herausstellte, hatte Franz-Xaver jedoch einen Gast hereingelassen, weil der damit gedroht hatte, ansonsten die Eingangstür einzuschlagen.
Es war Jochen Hessland.
Er hielt sich an einer Flasche Trester fest.
»Geht es Ihnen gut?«, fragte Julius.
»Fabelhaft, ganz fabelhaft, mein Lieber!«
Julius nahm ihm die Flasche ab. Plötzlich ging es Hessland gar nicht mehr fabelhaft. Er schluchzte.
»Was ist nur los mit der Welt? Ich will doch nur das Beste für alle. Bin ich ein guter Präsident, sagen Sie’s, Eichendorff, bin ich einer?«
»Der Beste.«
»Genau das sagt meine Frau auch immer. Der Beste! Und sogar noch besser. Wo stünde der Verein ohne mich? Sagen Sie’s, Eichendorff!«
»Nirgendwo.« Julius erinnerte sich daran, dass es nicht ratsam war, mit Betrunkenen zu streiten. Betrunkene hatten immer Recht. Es sei denn, sie hielten die asiatischen Zierpflanzen für das Urinal.
»Nirgendwo, genau!« Hessland machten die Antworten des gemeinen Volkes in Form von Julius wieder etwas fröhlicher. »Der Verein bin ich! Und jetzt will der Sonner mich stürzen! Gerade der Sonner! Der kennt ja noch nicht mal den Unterschied zwischen Holz und Eisen. Außerdem spricht er immer laut, wenn sein Flightpartner abschlägt!«
Hessland schien auf Julius’ Zustimmung zu warten. Sie kam postwendend.
»Eine echte Pfeife, dieser Sonner.«
»Genau so ist es, Sie sprechen wahr, mein Freund. Ich heiße übrigens Jochen.«
»Schön für Sie.«
»Ja. Der Schnaps ist großartig! Davon brauch ich gleich noch einen.«
»Wie kommen Sie eigentlich hierher?«
»Der Taxifahrer hat mich vor der Tür abgesetzt. Wollt mich nicht mehr nach Hause fahren, nachdem ich ihm den Vordersitz voll …« Hessland schüttelte sich. »Fragte, ob ich wen in Heppingen kenne. Natürlich!, hab ich gesagt. Den größten Koch des Tals, ach, der
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