Julius Eichendorff 02 - Nomen est Omen - Eifel Krimi
zum Großteil aus Organisation und Kontrolle. Julius bemühte sich aber, so häufig wie möglich selbst zu kreieren, denn er liebte das Kochen, liebte seine Küche. Aber wenn es mal nicht anders ging, hatte er mit seinem Sous-Chef jemanden, dem er die Küche guten Gewissens überlassen konnte, der wusste, worauf es ankam.
Und der mit Franz-Xaver umgehen konnte.
Bei der Einfahrt zum Milsteinhof, dem Mekka des Golfsports im Tal, sah Julius, dass der Schnee nicht nur einige Straßen lahm gelegt hatte. Es fanden sich kaum Autos auf dem Parkplatz. Die Person, die er suchte, würde aber da sein. Denn sie arbeitete hier, seit der Besitzer des Milsteinhofs die hoch gewachsene Brünette Julius abgeworben hatte. Uli musste ihn schon von weitem gesehen haben, denn sie stand in der Eingangstür.
»Hurra, ein Gast! Sekunde, ich hole den roten Teppich!« Sie reichte ihm lachend die Hand.
»So mau?«
»Mauer. Bei der Schneehöhe helfen auch farbige Bälle nichts mehr, die versinken einfach. Aber kommen Sie doch rein, ich will nicht, dass Sie hier draußen erfrieren.«
»Wie fürsorglich von dir!«
»Das ist schlecht für den Ruf des Hauses …«
Sie setzten sich an einen der eingedeckten Tische im leeren Speisesaal. Uli holte eine Kanne Tee, zwei Tassen und ein wenig Gebäck. »Ich weiß doch, was Sie trinken – und ich weiß auch, warum Sie hier sind.«
»Nur um zu schauen, wie es meiner besten Auszubildenden geht, meiner besten ehemaligen natürlich.«
»Werden Sie mir das je verzeihen?«
»Niemals.«
»Gut so! Also, was wollen Sie wissen?« Uli nahm einen Schluck Tee.
»Alles. Was glaubst du, wer es war?«
»Ist Ihnen eigentlich klar, wie viel kriminelle Energie hier in der Luft ist?«
»Ich dachte, ihr seid eine Oase der Glückseligkeit.«
»Hier herrscht Krieg.«
Julius biss in ein gefülltes Mürbeteilchen. »Erzähl!«
»Wussten Sie, dass rund fünfundneunzig Prozent aller Golfer richtig schlecht sind? Bei achtzehn Löchern trifft jeder im Viererflight einmal einen Baum, benötigt drei Schläge für einen Bunker oder zum Einlochen vier – und alle anderen schauen dabei zu. Das ist die pure Demütigung. Und wer wird schon gern gedemütigt?«
»Da heißt es üben.«
»Da heißt es psychologisch Krieg führen. Reden, wenn der andere abschlägt, die Vorzüge der eigenen Ausrüstung oder Bälle hervorheben, kichern, wenn dem anderen ein Schlag misslingt, er Out-of-Bounds landet, ausschweifende Erzählungen über eigene Erfolge auf dem Platz und daneben zum Besten geben. Kurz: Es geht darum, das Selbstvertrauen des anderen zu erschüttern.«
»Ego-Schlachten auf dem Grün«, sagte Julius und nahm sich ein weiteres Teilchen. Sie waren wirklich lecker, mit abgeriebener Zitronenschale aromatisiert, ein wenig Rum fand sich darin, der Pfiff waren aber die klein gehackten Mandeln und gerösteten Haselnüsse.
»Der liebe Herr Grad war zwar ein herzensguter Mensch, freigiebig mit Trinkgeld und Höflichkeit – aber auf dem Platz wurde er zu einem richtigen Aas. Volker Vollrad hat er besonders zugesetzt. Nach außen wirkt der ja sehr selbstsicher, und früher war er auch mal ein guter Spieler, aber Grad hat ihn fertig gemacht. Eine Zeit lang spielten die zwei immer gegeneinander, und Vollrads Stimmung wurde von Mal zu Mal düsterer, sein Spiel immer schlechter. Irgendwann war er plötzlich krank, so was Vorgeschobenes, und danach hat er nie wieder mit Grad gespielt.«
»Warum gerade Vollrad? Hatte Grad was gegen ihn?«
»Wer weiß.«
Julius goss sich Tee nach und blickte zur Driving Range, auf der ein einsamer, dick eingepackter Golfer Bälle abschlug. Uli fuhr mit ihrem Bericht fort.
»Das war kurz nachdem Vollrad sein ganzes Geld verloren hat. Diese Korkgeschichte.«
»Vollrad ist doch bei Cassianus. Seit wann wird Mineralwasser verkorkt? Merkwürdige Marketingidee …«
Uli holte aus einer Hosentasche ein zerknicktes Päckchen Lucky Strikes und zündete sich eine an.
»Seit wann rauchst du?«, fragte Julius.
»Seit ich hier arbeite. Auch eine?«
»Nein, ich hab keine Laster.«
Uli lachte. »Das sagt der Richtige! Pralinen zählen auch!« Sie lehnte sich vor: »Also, Vollrad muss sich wohl mit einem der Flaschenzulieferer zusammengetan haben. Irgendein Italiener, der ein Patent auf einen Kunststoffkorken erworben hatte, der den Naturkork endgültig ablösen sollte. Sie kennen ja das Problem, ständig Korkschmecker, jede siebte Flasche. Gott sei Dank merken es viele Gäste nicht …«
»Ich verfluche die
Weitere Kostenlose Bücher