Julius Eichendorff 02 - Nomen est Omen - Eifel Krimi
Die ist immer noch nicht aufgetaucht. Ich befürchte das Schlimmste.«
»Aber es muss doch einer …«
»Wir haben den gesamten Freundeskreis befragt. Keiner weiß was oder will was sagen.«
»Was wirst du als Nächstes machen?«, fragte Julius, der Anna am liebsten ein paar Pralinen vorbeigebracht hätte.
»Du bist nicht der Einzige, der das fragt. Ohne meinen letzten Ermittlungserfolg wäre ich wohl schon raus aus der Sache.«
»Und«, wiederholte Julius seine Frage, » was willst du als Nächstes machen?«
»Alle noch mal ins Verhör. Alle noch mal durchleuchten.« Sie holte Luft. Als sie wieder sprach, klang es gezwungen fröhlich, wie Prinz Karneval am Aschermittwoch. »Wenigstens spielt die Zeit für mich. Wenn’s so weitergeht, bleibt irgendwann nur noch der Mörder übrig …«
»Weil alle anderen Verdächtigen tot sind. Du kannst gar nicht verlieren.«
»Ich würde ja gern lachen«, kam es vom anderen Ende der Leitung, »aber mir ist grad nicht danach.«
»Du musst mal wieder saunen.«
»Das hat mir wirklich gut getan.«
»Es könnte sein, dass ich bald gute Neuigkeiten für dich habe.«
»Baust du dir etwa eine Sauna ins Restaurant? Saunen und Speisen in einem? Ich bin dabei!«
»Etwas den Fall betreffend.«
»Raus damit.«
»Ich muss erst noch nachforschen.«
»Hier sitzen etliche hoch motivierte Beamte, die nur darauf warten, nachzuforschen.«
»Das muss ich selber machen.« Er wollte ihr eine Lösung präsentieren, keine Vermutung. Wenn die Spur falsch war, sollte sie es nicht erfahren. Er wusste, dass es kindisch war, aber er wollte sie beeindrucken.
»Julius, das ist kein Spiel. Jede Minute zählt. Wir wissen nicht, wer als Nächster auf der Liste des Mörders steht. Und solange wir keine Ahnung haben, warum er mordet, müssen wir davon ausgehen, dass er weitermachen wird.«
»Ich beeile mich.«
Annas Atmen wurde schwerer, Julius konnte hören, wie sie ihre Wut unterdrückte, wie sie sich zwang, Haltung zu bewahren. »Das ist sehr unprofessionell von dir! Falls es einen weiteren Mord gibt, musst du das mit dir ausmachen!« Das Gespräch hatte eine Schärfe angenommen, die Julius gar nicht gefiel. Aber Anna hatte Recht. Dies war wirklich kein Spiel. Es ging um Menschenleben.
»Es tut mir Leid«, sagte er.
Anna sagte nichts.
»Vertrau mir«, sagte Julius.
Als Anna wieder sprach, hatte sich ihre Stimme verändert. Sie klang verletzlich, fast gebrochen. »Ich steh zurzeit massiv unter Druck. Das war unfair von mir. Ich bin sehr dankbar für deine Hilfe.«
Julius sah in diesem Moment ihr Gesicht, die Züge weich, die Augen müde.
»Danke.«
»Kann ich das wieder gutmachen?«, fragte sie.
»Brauchst du nicht.«
»Will ich aber. Ich hatte lange schon mal vor, dich einzuladen. Ich koch was. Nichts Großes, dazu hab ich im Moment nicht die Zeit. Ein altes Rezept von meiner Großmutter. Ich würd gern wissen, was du davon hältst.« Pause. »Außerdem wollte ich meine Kerzen mal wieder anmachen.«
Julius’ Puls legte einen Gang zu. »Gerne.«
»Schön …«
Stille.
»Sollen wir schon einen Termin ausmachen?«, fragte Julius. Mist, das klang viel zu geschäftsmäßig!
»Lass uns noch mal telefonieren. Zurzeit hab ich den Kopf nicht frei. Sekunde …« Es dauerte länger als eine Sekunde. Erst drei Minuten später sagte Anna wieder etwas. In der Zwischenzeit hatte Julius mitbekommen, dass am anderen Ende heftig diskutiert wurde.
»Eine weitere Spur, die im Sand verlaufen ist. Auf Inge Bäders Konten ist kein Geld eingegangen. Vielleicht hatte sie eins der berühmten Schweizer Nummernkonten. Darüber müssen wir wohl mit der Alleinerbin reden.«
»Wer ist es?«, fragte Julius.
»Du kennst sie.« Hatte er da gerade etwas Zynismus in Annas Stimme gehört? »Sie heißt Sandra Böckser.«
Obwohl ihm das Gespräch immer noch durch den Kopf ging, fühlte Julius sich nun, kaum eine Viertelstunde später, wie kurz vor dem Elfmeter. Im Weltmeisterschaftsfinale. Er der letzte Schütze. Der entscheidende. Die Theorie, die ihm während der Trüffeljagd gekommen war, schrie nach Überprüfung. So laut, dass er die Küche verlassen und sich eiligst auf den Weg zu einem Mann gemacht hatte, dem nichts ferner lag als Eile.
Die St. Mauritius-Kirche in Heimersheim war Julius’ Hauskirche. Eigentlich. Hier war er Messdiener gewesen, hatte mit den Eltern das Weihnachtsfest begangen und zum ersten Mal ein Mädchen geküsst.
Das war lange her.
Und würde doch immer hier und jetzt sein.
Julius
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