Julius Eichendorff 02 - Nomen est Omen - Eifel Krimi
Miete für jeden Spitzenkoch und wollte gepflegt werden. Aus Monschau bezog die »Alte Eiche« ihren Senf. Als sie vor der Mühle parkten, kam der Senfmüller schon heraus. Er deutete auf seine Armbanduhr und hob anerkennend den Daumen.
»Kommt ihr direkt mit ins Restaurant?« Marcel Lajos sah mit seinem weißen Vollbart aus wie der Weihnachtsmann höchstpersönlich. Ebenso gemütlich und freundlich war er auch. Hinter ihm watschelte eine Führungsgruppe her, die gerade in die Geheimnisse der Senfproduktion eingeführt worden war. Julius hatte dies auch einmal gemacht, die Herstellung genau beobachtet und kontrolliert, ob Lajos auch akkurat arbeitete. Julius erinnerte sich noch genau. Das Senfmehl wurde zuerst mit Essig, Kochsalz und einer in der Familie überlieferten Gewürzkombination im Maischebottich angerührt. Nach einer gewissen Ruhezeit kam es zwischen die zwei schweren, schwarzen Basalt-Lava-Steine.
Julius und FX gingen aus der Kälte ins warme Restaurant, das »Schlemmorium«. Lajos setzte sich an einen freien Vierertisch und bat die beiden, es ihm gleich zu tun. Schwungvoll reichte er ihnen die Menükarte. »Ihr seid natürlich eingeladen!«
Julius musste die Karte nicht studieren. Eigentlich gab es nur ein Gericht: Senf. In allen Farben und Formen. Ob Rumpsteak, Kalbsleber, Garnelenspießchen, Perlhuhnfeigenterrine – fast nichts ging ohne die gelbe Paste. Selbst der Nachtisch in Form des »Monschauer-Honigsenfparfait mit Pflaumenkompott« passte thematisch. Julius hatte stets, wenn er hier aß, Freude daran, benachbarte Tische beim Erstkontakt mit diesem Dessert zu beobachten. Auch jetzt war wieder einer dabei, und das Murmeln war beträchtlich. Man bekam so selten Furcht in den Gesichtern von Restaurantgästen zu sehen. Und fast eben so selten dermaßen große Erleichterung.
»Unser Senf wird jetzt sogar in Paris verkauft«, berichtete Lajos stolz. »Kennt dein Oberkellner eigentlich schon unsere Senfpralinen?«
FX korrigierte den Senfmüller sofort hinsichtlich seiner Bezeichnung, bekam aber trotzdem die Pralinen.
FX traute sich nicht. Er wollte es sich mit seinen Geschmacksknospen nicht verderben.
Aber die Pralinen lachten ihn so an. Das geschmeidige Braun ihrer Glasur, die perfekte Größe mundfüllender Pralinen.
Plötzlich waren sie weg.
Wie durch Zauber.
Es ging alles sehr, sehr schnell.
Nach dem Essen probierte Julius noch einmal alle Senfsorten durch. Es gab wieder eine neue Kreation: Honig-Mohn-Senf. Ideal für Salate. Er lud sich den Kofferraum voll damit. Der Senf hielt, trotz – Gott sei Dank – fehlender Konservierungsstoffe, ein Jahr. Da war Mengenrabatt möglich. Sie verabschiedeten sich herzlich von Lajos, und Julius fragte sich, ob der Mann nach all den Jahren des Müllerdaseins mittlerweile hundertprozentig aus Senf bestand. Irgendwie erwartete er, dass Lajos bei einer kleinen Schnittwunde nicht bluten, sondern senfen würde. Er schüttelte den Kopf bei dieser absurden Vorstellung.
Kaum im Wagen, klingelte sein Handy.
Der Anruf kam von Anna. Ihre Stimme klang sachlich aus der Freisprechanlage: »Sonners Waffen waren schon weg. Er weiß natürlich von nichts. Streitet auch vehement jede Verwicklung in die Morde ab. Das heißt für uns, wir müssen weiter allen Spuren nachgehen. Wir haben ihn jetzt erst mal in Beugehaft genommen bis morgen früh, aber sein Anwalt macht uns hier die Hölle heiß. Wir haben übrigens mittlerweile Nachforschungen angestellt, ob Grad in Adenau war, als die Kirche bombardiert wurde.«
»Und?«
»Nichts Verwertbares. Der damals frisch eingesetzte Priester meint, ihn wiederzuerkennen. Wir haben extra ein altes Foto organisiert. Er meinte, Klaus Grad wäre mit einem Freund in Adenau gewesen, aber den konnte er nicht beschreiben. Die beiden hätten geholfen, so gut es eben ging. Aber warum sie so fern von zu Hause waren, wusste er auch nicht.«
»Das nennst du nichts Verwertbares? Ich bitte dich! Das ist doch klasse. Also hatte Grad einen Partner!«
»Der Priester hat auch gesagt, wie froh er wäre, dass wir den Krieg gewonnen haben.«
»Oh.«
FX schaute ihn fragend an, aber Julius winkte ab.
»Eben. Aber es gibt etwas Erfreuliches die Monstranz betreffend. Interpol hat in Erfahrung gebracht, dass Inge Bäder sie in Amsterdam angeboten hat. Es ist wohl zu einem Verkauf gekommen, da das Angebot seit knapp einer Woche nicht mehr steht.«
»Werden sie die Monstranz finden?«
»Keine Ahnung. Das Erzbistum hat sich eingeschaltet. Dein Pfarrer
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