Julius Eichendorff 02 - Nomen est Omen - Eifel Krimi
ruhig, es wird nichts nützen. Mein Mann hat seine Ausweichquartiere. Bei der nächsten Gelegenheit wird er alles hier ausräumen. Die Waffen sind nirgendwo gemeldet, und er wird sich nicht unerlaubten Waffenbesitz anhängen lassen.«
Julius konnte es nicht fassen. »Wie können Sie mit einem solchen Mann leben?«
Susanne Sonner lächelte. »Das frage ich mich selbst. Wenn Sie allerdings denken, er sei zu einem Mord fähig, liegen Sie falsch. Das wäre nicht seine Art. Aber stellen Sie sich auf Ärger ein. Mein Mann ist rachsüchtig. Er streut gern Gerüchte, weil ›Unwahrheiten so fest kleben wie alter Kaugummi‹. Und er hat Recht. Ich kann mir vorstellen, dass die Leute bald von Ratten in Ihrer Küche hören werden, von abgelaufenem Fleisch, von Pilzbefall auf der Toilette. Auch wenn nichts davon stimmt. Es reicht, dass darüber geredet wird.«
»Dann ist er ein Schwein.«
»Das weiß er und nimmt es als Ehrentitel. Seiner Meinung nach erfordert es viele Jahre Übung, ein Schwein zu werden.«
»Ich werde trotzdem zur Polizei gehen.«
»Tun Sie, was Sie nicht lassen können. Es wird nichts ändern. Er wird deswegen noch nicht einmal seine geliebte Präsidentschaft verlieren. Wahrscheinlich das Einzige, was ihm tatsächlich etwas ausmachen würde.«
Präsidentschaft? Hatte Julius da was verpasst? »Welche Präsidentschaft?«
»Hessland hat abgedankt«, sagte Sonner. »Offiziell. Inoffiziell hat Rolf ihn dazu gebracht. Nach dem zweiten Mord musste er unbedingt weiter an seinem Stuhl sägen. Ein so netter Mann. Natürlich kann es sich der Verein nicht leisten, so schnell nach Hessland den nächsten Präsidenten einzubüßen. Wie sähe das aus? Sie werden ihm helfen, es zu vertuschen.«
Julius wurde es zu viel. Er wollte einfach nur weg, raus aus dem Gartenhäuschen, weg von den Waffen. Vielleicht kam Sonner gleich wieder und beendete, was er angefangen hatte. Er war hier nicht sicher.
Auf dem Heimweg rief Julius sofort Anna an. Er hatte mehrmals versucht, sie nach der Szene bei Sandra Böckser zu erreichen, aber entweder war sie nicht da, oder es war besetzt. Er war überrascht, wie freundlich ihre Stimme klang, geradezu fröhlich. Der Bericht über die Verfolgung Sonners sprudelte nur so aus Julius heraus, es kam ihm vor, als könne er dadurch etwas gutmachen. Hatten sie mit Sonner den Mörder gefunden?
Anna reagierte wie erhofft. »Ich schick gleich einen Wagen zum Gartenhaus und zu Sonner nach Hause. Wenn er da ist, sollen sie ihn direkt zu mir bringen. Jetzt haben wir nicht nur eine Aussage, dass er sich von der Gruppe entfernt hat, sondern auch eine verheimlichte Waffensammlung – wenn wir sie denn finden. Das ist doch schon mal was. Gratulation. Ich erledige das jetzt und melde mich später wieder.«
Hoffentlich waren sie schnell da, bevor Sonner die Waffen aus dem Weg schaffen konnte.
Julius kannte drei Möglichkeiten, einen klaren Kopf zu bekommen. Die erste war ein Spaziergang an der frischen Luft. Als Julius am Restaurant ankam, musste er sich eingestehen, dass diese nicht gewirkt hatte. Die zweite beinhaltete ein Glas Wein. Je klarer die Aromen, desto besser. Eine Riesling Spät- oder Auslese, ein Eiswein aus einem großen Jahr, wenn die Trauben in völlig gesundem Zustand einfroren und sich nur der reine Geschmack der Rebe im Glas wiederfand.
Julius bevorzugte diese Variante.
Wenn auch sie nicht half, gab es noch eine letzte Möglichkeit.
Kochen.
Vor ihm standen Gewürze, Milchprodukte und vergorene Zaubertränke. Der Versuchsaufbau hatte Zuwachs bekommen: klein gewürfeltes Gemüse und Grundsoßen, auf die sich geschmacklich aufbauen ließ, so wie Wolkenkratzer ein festes Fundament brauchten, um in den Himmel zu wachsen. Brühen, helle wie Bouillon, Fond blanc de veau, Fumet de poisson, Remouillage, aber auch braune, Grandjus, Fond de gibier, Fond de veau brun. Die schon weiterentwickelten Grundsoßen, Demiglace, Sauce gibier, Velouté, Velouté de possoin mit Fischgeschmack, Velouté de volaille mit Geflügel, Sauce Béchamel, Sauce hollandaise.
Er würde eine davon zu Beginn ziehen wie das Register einer Orgel.
In ihrer Tonlage würde er die neue Soße komponieren.
Heute würde alles anders sein.
Die Zutaten waren angeordnet wie die Tasten eines Klaviers. Im Vordergrund die Dur-Aromen, die fröhlicheren, im Hintergrund dazwischen die Moll-Geschmacksnoten.
Doch das wichtigste Hilfsmittel war die kleine Hifi-Kompaktanlage. Die Musik hatte ihm immer geholfen, Neues zu schaffen. Wie
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