Julius Lawhead 2 - Flammenmond
bewegen.
Doch Coe hatte noch etwas mit ihm getan. Er konnte Julius nicht mehr rufen! Die Bindung war fort. Brandon konnte seinen Meister weder fühlen noch Kontakt zu ihm aufnehmen. Turmalin. Nur der Halbedelstein besaß diese Wirkung. Er fraß die Kraft eines Vampirs und verstopfte die Schwurbindung mit zähem Schleim.
Brandon schluckte an der würgenden Enge in seiner Kehle vorbei. Womöglich hatte Julius ihn bereits vergessen. Aber es war auch besser so. Es gab kein Entkommen aus Coes Klauen. Eine Rückkehr nach L.A. war unvorstellbar.
KAPITEL 5
Es hatte eine weitere Blutgabe gebraucht, bis Liliana es für sicher befand, mich in Ambers Nähe zu lassen. An der Kehle meiner Dienerin und Geliebten tat ich die letzten heilenden Züge.
Kurz darauf führten mich meine Schritte in Curtis’ Büro. Amber war nicht mehr von meiner Seite gewichen.
Der Meister war noch nicht da.
Der Sarg, in dem ich über Monate ausgeharrt hatte, stand wieder an seinem Platz in der Ecke und war halb von Säulen und Schatten verborgen. Mein ehemaliges Gefängnis sonderte einen dumpfen, muffigen Geruch ab.
Unbewusst griff ich nach Ambers Hand.
Sie trat vor mich, und sobald ich in das Ozeangrün ihrer Augen sah, wurde ich ruhiger. Manchmal war die Sehnsucht nach ihr stärker gewesen als Hunger und Enge zusammen.
Lag es an den Siegeln oder konnte ich einen Menschen, den ich erst wenige Monate kannte, wirklich so sehr lieben? An meiner Liebe bestand kein Zweifel, nicht für mich.
»Es ist vorbei«, sagte sie sanft, »du musst nicht wieder dort hinein.«
In einer heftigen Regung zog ich sie an mich und presste meinen Mund auf ihren. Sie seufzte leise.
Curtis’ Schritte näherten sich. Ich legte einen letzten Kuss auf Ambers Puls und drehte mich um.
Der Meister öffnete die Tür, trat ein und schloss sie hinter sich. Anscheinend hatte er Liliana Mereley persönlich verabschiedet. Jetzt streifte er im Vorbeigehen meine Schulter und musterte mich von oben bis unten. »Du hast dich schnell erholt. Setzt euch.«
Curtis glitt um seinen großen Schreibtisch herum und ließ sich in seinen Sessel fallen.
Amber und ich nahmen auf den wesentlich unbequemeren barocken Stühlen Platz, die diesseits des Tisches standen. Abgeschabter Brokatstoff, Löwenköpfe, Gold. Ich kannte diese Möbel seit meiner Geburt in die Dunkelheit, und meine Hände begrüßten die geschnitzten Lehnen wie zwei alte Freunde.
»Eigentlich solltest du volle drei Monate darin bleiben«, sagte Curtis unvermittelt und wies mit einer eleganten Kopfbewegung in Richtung Sarg. Diese kleine Geste reichte aus und mein Hals wurde eng.
»Soll ich die Strafe jetzt doch vollenden?«
»Nein, nein«, Curtis hob abwehrend die Hände. »Ich hoffe, ich werde dich da nie wieder reinstecken müssen.«
Die Spannung fiel von mir ab.
»Was hat dich deinen Plan ändern lassen?«, fragte ich mit echter Neugier.
»Erinnerst du dich nicht mehr?«
Ich schüttelte den Kopf.
»Du hast geschrien, getobt. Ich dachte, du bringst dich da drin endgültig um.« Curtis musterte mich forschend.
Ich wich seinem stechenden Blick aus und versuchte, die Zeit, bevor sie den Sarg hierhergebracht hatten, Revue passieren zu lassen, doch da war nichts, Leere. Vollkommene Leere.
Ich zuckte mit den Schultern.
»Du hast immer das Gleiche geschrien«, erklärte Amber. »›Er darf ihn nicht bekommen.‹ Aber was oder wen meinst du?«
»Hast du etwas von Brandon gehört?«, ergänzte Curtis.
Seit seinem Aufbruch nach Arizona hatte mein Schützling mir jeden Tag Bericht erstattet, auch am letzten Abend.
»Sie sind in Cameron … nein …« Auf einmal begann ich etwas zu ahnen. »Nathaniel Coe.« Der Name war wie aus dem Nichts in meinem Kopf aufgetaucht.
Curtis hob überrascht die Brauen. »Brandons alter Meister? Aber er ist tot, oder nicht?«
Und dann wusste ich es wieder. »Coe ist nicht tot!« Ich sprang auf und riss dabei fast den Stuhl um. »Coe lebt. Und er hat Brandon!« Ich musste ihn retten. Für eine kurze Zeit hatte der Hunger alle anderen Sorgen überlagert, doch jetzt war alles zurück.
Als hätte sich eine Tür in meinem Verstand geöffnet, tauchten Brandons schreckliche Erinnerungen an Erniedrigung, Missbrauch und Folter vor meinem geistigen Auge auf. Er durfte Coe keinen Augenblick länger ausgeliefert sein. Am liebsten wäre ich sofort losgestürmt.
Ich wusste nicht, wann Curtis aufgestanden war, aber plötzlich stand er vor mir und fasste mich energisch an den Schultern.
»Sieh mich
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