Julius Lawhead 2 - Flammenmond
an, Julius!«
Ich starrte in die stahlgrauen Augen meines Meisters. »Brandon ist von meinem Blut. Dieses Monster hat kein Recht, er darf nicht …«, stotterte ich und hielt mich an Curtis’ Blick fest, als sei er die einzige Rettung.
»Wenn es wirklich Nathaniel Coe ist, dann hat er leider jedes Recht, Brandon für sich zu beanspruchen. Er ist sein Schöpfer«, antwortete Curtis ruhig und bestätigte damit, was ich insgeheim gefürchtet hatte.
»Nein, er wird ihm das nicht noch einmal antun. Ich, ich …« Ich wollte es nicht wahrhaben.
Curtis’ Griff wurde fester, meine Muskeln protestierten unter der groben Behandlung. »Ich habe wie du in Brandons Erinnerungen geschaut«, sagte er. »Ich werde dir helfen, hörst du? Wenn es einen Weg gibt, ihn zurückzuholen, dann unterstütze ich dich mit allem, was die Leonhardt geben können, ohne selbst dem Tode zu verfallen.«
»Nathaniel Coe ist schlimmer als der Tod«, erwiderte ich rau.
»Kannst du Brandon spüren?«, fragte Curtis.
Ich ging in mich. In den stillen, lichten Raum in meinem Herzen, wo die Siegel mit Amber lagen und auch die Fesseln aus Blut und Wort, die mich mit meinen Vampiren verbanden.
Brandon.
Ich rief, doch ich fand ihn nicht. Jemand hatte das Band durchtrennt, nein, nicht durchtrennt! Anders. Es war, als liefe es unter einer geschlossenen Tür hindurch, die ich nicht durchqueren konnte. Meine Magie prallte nutzlos daran ab. Ich öffnete die Siegel, griff nach Ambers Lebenskraft, bündelte sie mit meiner und versuchte es noch einmal.
Wieder nichts.
»Was ist das?« Amber war ebenfalls aufgestanden und starrte mich verwundert an. Sie hatte genau gespürt, was ich versucht hatte. »Es war wie eine Mauer.«
»Eine Mauer, sagt ihr?« Curtis lief auf und ab, während er überlegte. »Ich spüre nichts. Brandon ist dein. Die alten Schwüre sind vergangen, es gibt keine Spur, der ich folgen könnte. Er hat sich mit ganzem Herzen dir gegeben. Ich …«
»Sieh nach«, forderte ich und knetete meine Hände. »Bitte, Curtis, du musst!« Im nächsten Atemzug ließ ich meine Schilde fallen und mein Meister war in meinem Herzen. Seine Energie wusch durch meinen Körper und fand die Schwüre, dann war Curtis’ Macht wieder fort.
Ich stolperte rückwärts, fühlte mich ohne seinen Einfluss einen Moment verloren. Amber stützte mich.
Curtis hatte uns den Rücken zugedreht und lachte. Er lachte?
»Dieser Nathaniel Coe ist dumm«, sagte er im Brustton der Überzeugung. »Er hat eure Bindung gar nicht zerstört! Dabei ist es so einfach. Wäre ich an seiner Stelle, hätte ich jede Erinnerung mit Blut und Schmerz aus Brandons Geist gewaschen, bis er rein wäre wie ein leeres Gefäß, das ich neu füllen könnte.«
Ich kannte Curtis’ Stärke, und solche Aussprüche waren es, die mich wieder daran erinnerten, wie gefährlich er wirklich war.
»Was bedeutet das?«, stellte Amber meine Frage. »Was hat er getan?«
»Schwarzer Turmalin.«
»Der Edelstein?«
»Ja, genau. Schwarzer Turmalin verhindert den Gedankenaustausch, zerstört den Energiefluss zwischen zwei Wesen, blockiert die Aura.«
»Das heißt, er benutzt einen Stein, um Brandon daran zu hindern, mit mir zu kommunizieren? Aber wie?«, fragte ich verwundert.
»Es muss nicht unbedingt ein Stein sein. Es kann alles sein. Ein Sarg mit Turmalin, ein Schmuckstück, Fesseln.« Curtis schien sehr zufrieden mit seiner Antwort. »Was ist mit Christina? Wenn er sie ebenfalls in seiner Gewalt hat, ist das ein Verstoß gegen den Codex und wir können gegen ihn vorgehen. Such die Bindung zu ihr. Ich hoffe für uns, du findest sie nicht.«
Ich konzentrierte mich wieder auf den Raum in meinem Herzen und entdeckte Christina sofort. Ihren Schmerz, ihre Angst. Sie weinte so sehr, dass sie kaum Luft holen konnte. Ihre Hände krampften sich um ein Lenkrad. Sie fuhr über den Freeway. Durch die Windschutzscheibe konnte ich eine nächtliche Skyline ausmachen. Die Häuser kamen mir bekannt vor. »Sie ist auf dem Weg zu uns, sie ist gleich hier. Ich kann Coes Magie in ihr spüren. Er hat ihr einen Befehl eingepflanzt: Heimkehr.«
Deshalb hatte sie sich vorher nicht gemeldet. Sie stand noch immer unter seinem Einfluss, aber er hatte sie nicht geraubt und also nicht gegen den Codex verstoßen.
»Verdammt!« Curtis nahm seine Wanderungen durch das Zimmer wieder auf und schlug mit der flachen Hand gegen eine Säule.
»Ich muss dorthin, Curtis!«, sagte ich.
»Du wirst nirgendwo hingehen!«, donnerte er.
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