Julius Lawhead 2 - Flammenmond
Vivien Le Roux dem Meister des Ermordeten zu. »Seid Ihr bereit, ein Blutgeld zu akzeptieren, dessen Höhe vom Rat festgesetzt wird?«
Der Vampir trat vor und funkelte die andere Partei wütend an. »Niemals«, zischte er. »Eher friert die Hölle zu.«
Alle um uns herum jubelten. Die Verurteilte aber schwankte und ging in die Knie.
»Ruhe!«, schrie die oberste Richterin. Ihr Blick war eisig. »Eliza Laszra, ich verurteile dich zum Tod durch den Pflock. Die Hinrichtung findet ohne Verzug statt.«
Niemand wagte etwas zu sagen, nur die Verurteilte weinte leise.
Ich drückte Ambers Hand und hoffte inständig, dass sie die Nerven behielt.
Wieder öffnete sich die Seitentür, und zwei Gerichtsdiener schoben eine Art Bahre hinein, eine Henkersbank. Das Gerät war aus Holz und besaß feste Lederriemen und Ketten.
Sie würden Eliza Lazra darauf festschnallen. Ich kannte die Prozedur nur zu genau. In Los Angeles war ich derjenige, der den Verurteilten das Herz durchbohrte.
Dann erschien eine blonde Schönheit in schlichter schwarzer Kleidung in der Seitentür. Ihre Art, sich vor den Gefühlen anderer zu schirmen, und nicht zuletzt der Koffer in ihrer Hand verrieten, wen ich vor mir hatte. Claudine Galow, die Jägerin des Rates von Phoenix. Sie grüßte die Vorsitzenden mit einem schnellen Kopfnicken und schenkte den Zuschauern keine Beachtung. Dann reichte sie den Koffer einem Gerichtsdiener und wandte sich ohne Umschweife ihrer Aufgabe zu.
Mit ruhigen Bewegungen löste sie Eliza Laszra von der Kette, hob die Verurteilte hoch wie ein kleines Kind und legte sie auf ihr letztes Bett.
So ruhig, wie die Todgeweihte blieb, vermutete ich, dass die Jägerin Magie anwendete. Und richtig, während die Gerichtsdiener Riemen um Riemen festschnürten, starrte Eliza in die Augen der Henkerin.
Ich war erleichtert; anscheinend ließ das Gericht Betäubung zu, und die Jägerin behandelte die Verurteilte sanft. Ich hatte Hinrichtungen erlebt und auch selbst durchführen müssen, die als grausames Exempel gedacht waren.
Die Erinnerungen verfolgten mich bis heute.
»Das dürfen sie nicht tun!«, sagte Amber energisch.
Ich fasste sie an den Schultern, drehte sie zu mir und barg ihr Gesicht in meinen Händen. Sie presste wütend die Zähne aufeinander.
»Wir sind hier, um Brandon zu retten, vergiss das nicht!«, ermahnte ich sie.
»Julius, ich kann das nicht einfach so mit ansehen!«
»Doch das kannst du und du wirst!« Ich nutzte Ambers Zorn und war im nächsten Augenblick in ihrem Geist. Sobald sie unter meinem Bann stand, wurde sie still, und mir fiel ein Stein vom Herzen.
Es wurde unruhig im Saal. Plötzlich schrie jemand. Es gab einen lauten Knall, und im nächsten Moment raste eine Energiewelle über uns hinweg. Junge Vampire drängten ängstlich zum Ausgang, andere kauerten sich auf den Boden, dann bemerkte ich, was geschehen war.
Die Henkersbank mit der Mörderin war umgestürzt, die Jägerin lag reglos daneben und der Meister der Todgeweihten kämpfte einen aussichtslosen Kampf gegen zwei Ratsmitglieder. Schließlich gab er auf und wurde abgeführt.
Nach und nach kehrte Ruhe ein. Man sah nach der Jägerin, trug sie davon und stellte die Bank wieder auf. Die Ratsmitglieder, die den wütenden Meister gebändigt hatten, kehrten auf ihre Plätze zurück.
»Die Hinrichtung muss verschoben werden«, verkündete Vivien Le Roux. Sie war enttäuscht und machte keinen Hehl daraus.
Ich straffte meine Schultern und wollte Amber gerade aus dem Bann befreien, als ein anderer Ratsherr das Wort ergriff. Es war Dominik Kangra, grauhaarig, mit gepflegtem Bart und maskulinen Zügen.
»Die Hinrichtung kann sehr wohl stattfinden!«, sagte er mit tiefer Stimme, und mir schwante Übles, als er seinen Blick suchend durch den Saal wandern ließ. »Der Zufall will es, dass heute Abend ein zweiter Jäger bei uns ist. Meister Julius Lawhead aus Los Angeles, Kalifornien.«
»Mist«, fluchte ich leise und hätte mich am liebsten in irgendeinem dunklen Winkel verkrochen, aber dafür war es jetzt zu spät.
»Mr Lawhead? Treten Sie bitte vor den Richtertisch.«
Ich schob Amber in Stevens Arme. »Tu, was du kannst«, beschwor ich ihn, »sie darf es auf keinen Fall mit ansehen.«
Steven nickte nervös. »Ich geb mir Mühe.«
Die anderen Vampire starrten mich an, während ich mit erhobenem Kopf an ihnen vorbeiging.
Der hohe Richtertisch reichte mir bis zur Brust. Ich musste den Kopf in den Nacken legen, um den sieben Meistern ins Gesicht zu
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