Julius Lawhead 2 - Flammenmond
Dodge.
Zum Glück war es nicht schwer, Coes Camarilla zu folgen. Die beiden Fahrzeuge hatten im Boden tiefe Furchen hinterlassen. Ich fuhr, so schnell es das Gelände zuließ.
Amber hatte recht gehabt. Die Spuren führten nicht zurück zur Interstate, sondern blieben parallel dazu auf kleinen Pisten und Wegen, die allenfalls zwei, drei Mal im Jahr von Viehtransportern genutzt wurden.
Eine kleine, langbeinige Eule überquerte vor mir die Piste, und dann fühlte ich, dass Brandons Erwachen kurz bevorstand.
Im Transportraum des Pick-ups war es dunkel geworden.
Julius’ Reaktion hatte Amber zuerst in Panik versetzt, doch als dann länger nichts geschah, war die Wirkung des Adrenalins langsam abgeebbt. Mittlerweile hatte sie sich aus ihrem Versteck hervorgewagt und neben Brandon gesetzt. Der Leichensack war offen. Halb von dem eisernen Ring verdeckt, verlief eine Kette um den Hals des Indianers, und an dieser Kette hing der Turmalin. Amber hatte vergeblich nach einer Schließe gesucht, aber die Glieder waren mit einer Zange zusammengedrückt worden und machten es unmöglich, die Kette zu öffnen.
»Komm schon, wach auf«, meinte sie leise und strich Brandon über den Kopf. Wahrscheinlich konnte sie der Vampir schon hören. »Ich bin es, Amber. Erschrick dich nicht.«
Plastik knisterte, als Brandons Beine zu zittern begannen.
»Hallo«, sagte Amber, als der Vampir seine großen, dunklen Augen öffnete und sie erstaunt ansah. Er zog die Lippen zurück und bleckte die Zähne, dann stöhnte er unter dem Schmerz des ersten Herzschlags und fauchte sie an.
Amber zog erschrocken ihre Hand weg. »Wir sind unterwegs nach Page, glaube ich.«
Für einen Moment lag Brandon wieder völlig still, doch im nächsten Augenblick war er aus dem Leichensack heraus und flüchtete in die hinterste Ecke des Transportraums. Dort kauerte er sich zusammen.
Amber erholte sich von ihrem Schrecken und drehte sich zu ihm um. Der Vampir umklammerte seine abgemagerten Knie und starrte sie ungläubig an.
»Was tust du hier?« Seine Stimme war nicht mehr als ein Flüstern. »Ist Julius tot?«
»Nein, ihm geht es gut. Ich habe mich hier eingeschlichen.« Amber rutschte näher.
Auf dem Boden zwischen ihnen lag lose die Kette, deren eines Ende an dem eisernen Halsring festgemacht war. Sie klirrte leise, als Brandon erneut versuchte, Abstand zu gewinnen.
»Ich habe Hunger, Amber, so schrecklichen Hunger!«
Brandon ergriff ihre Hand und roch daran wie an einer exotischen Speise. Sie widerstand dem Drang, sie wegzuziehen. Jede Ablehnung würde den Vampir nur noch mehr erregen.
Es raschelte im anderen Leichensack, Darren erwachte!
Erschrocken rutschte sie weiter von ihm weg und damit näher an Brandon, der sie plötzlich packte, nach hinten zog und sie mit Armen und Beinen umklammerte. Sein Griff presste ihr die Luft aus den Lungen. Die ausgedörrten Lippen des Vampirs glitten über ihren Hals, bis sie genau über der Schlagader verharrten.
»Betäub mich, betäub mich, bitte!«, flehte Amber.
Doch Brandon biss nicht zu, stattdessen hielten die Fahrzeuge ruckartig an, Türen wurden geöffnet, dann näherten sich Schritte.
»Ich beiße dich nicht«, flüsterte der Vampir gegen ihren Puls. »Ich soll dich festhalten. Der Meister weiß, dass du hier bist. Es tut mir leid, Amber.«
Ich trat mit aller Kraft auf die Bremse. Der Wagen rutschte ein Stück durch den Sand, dann standen wir.
Amber hatte die Siegel aufgerissen. Ich spürte ihre Angst, als sei es meine eigene, und war im nächsten Augenblick in ihrem Körper: fühlte, dass sie festgehalten wurde, hörte, wie Autotüren geöffnet und wieder zugeschlagen wurden, und empfing die tödliche Energie, die unaufhaltsam näher raste.
Coe kam.
Brandon hielt Amber fest, doch auch er zitterte am ganzen Körper. Amber wehrte sich nicht.
Darren war unterdessen vollends erwacht, öffnete den Leichensack von innen und setzte sich auf. Im gleichen Moment wurde die Klappe des Pick-ups aufgerissen.
»Her mit ihr!«, brüllte Coe. Seine Reißzähne glänzten im Licht einer Taschenlampe, die sein Diener Conway hielt.
Brandon schob Amber nach vorne, wo sie von Darren weitergezerrt wurde und schließlich in Conways Hände geriet. Entschlossen schob ich Ambers Bewusstsein beiseite und blickte Coe direkt in die Augen.
»Sie ist ohne mein Wissen hier, lasst sie einfach zurück und setzt euren Weg fort.«
Der Vampir starrte Amber an, aus deren Mund gerade meine Worte geflossen waren, und begann aus
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