Julius Lawhead 2 - Flammenmond
oder meinetwegen auch ein bisschen Telepathie bemühen können.« Er klang gereizt.
»Es tut mir leid, Steven, hier ging alles drunter und drüber.«
»Das erklärt noch immer nicht, warum ich hier bin.«
»Du wolltest doch von Anfang an nicht in Phoenix bleiben.«
»So schlimm war es gar nicht. Du hattest recht, es waren viele junge Unsterbliche da.«
»Ann hat deinen Platz eingenommen. Du kannst jetzt mit uns reisen.«
Ich lächelte verkrampft. Anscheinend war meine kleine Vorstellung überzeugend, denn Steven entspannte sich und lächelte nun ebenfalls.
»Ich hoffe nur, ich kann Brandon irgendwie von Nutzen sein. Das hat keiner verdient, und er am allerwenigsten. Er ist so anders geworden, seitdem er dir geschworen hat. Richtig nett. Ich hoffe, er muss nicht bei diesem Coe bleiben. Nach allem, was ich über den Meister gehört habe …«
Ich hatte keine Ahnung, was Steven in Phoenix zu Ohren gekommen war, aber es war sicherlich eine Harmlosigkeit, verglichen mit der brutalen Realität, deren Zeuge ich geworden war. Ich wandte mich schnell ab. Wenn er nur ahnte, was ihm bevorstand.
Nachdem Amber plötzlich Schüttelfrost bekommen hatte, drängte Christina sie zu einem heißen Bad. Es half. Die Wärme schien den Turmalin zu besänftigen und dämpfte die Schmerzen in ihrem Unterleib.
Ihre Freundin blieb immer in ihrer Nähe und beobachtete sie. Es schien, als fühlte sie sich persönlich dafür verantwortlich, was Brandon ihr angetan hatte.
»Hattest du denn gar keine Angst davor, was Coe mit dir machen würde, wenn er dich entdeckt?«
Amber zuckte mit den Schultern »Ich habe nicht wirklich nachgedacht in dem Moment.«
Christina kauerte auf dem Boden und schlang die Arme um die Knie. »Ich kann nichts dagegen machen. Ich habe schreckliche Angst. Sobald ein starker Vampir in der Nähe ist, ist sie da. Von einer Sekunde zur anderen. Ich hasse das. Das bin nicht ich!«
Amber war sich nicht sicher, was sie sagen sollte. »Ist es nicht normal bei jungen Vampiren?«
»Doch, doch. Ich wusste es auch vorher. Trotzdem, es ist, als wäre ich ferngesteuert, als würden meine Instinkte schlagartig über dem gesunden Menschenverstand stehen.« Christina seufzte und ließ einen Moment verstreichen. »Danke, dass du versucht hast, Bran zu helfen.«
»Was hätte ich denn sonst tun sollen?«
»Sicher nicht dein Leben riskieren«, lachte Christina traurig. »Wenn es nach Julius gegangen wär …«
»Ja, ja, ich weiß, dann würde ich zu Hause sitzen und stricken!«
Christina musterte Amber ernst. »Er hat dir die Siegel gegeben. Er liebt dich, natürlich will er dich beschützen.«
»Ich weiß.«
Ambers Gedanken wanderten unweigerlich zu den vergangenen Tagen und den vielen Momenten zurück, in denen sie sich gewünscht hatte, Julius wäre ein normaler Mann und kein Vampir. Sie liebte ihn, sie liebte ihn mit jeder Faser ihres Herzens und auch jetzt wünschte sie sich nichts sehnlicher, als dass er bei ihr wäre.
»Mein ganzes Leben steht Kopf, Chris, und …« Sie rieb sich über das Gesicht, wusste selber nicht, was sie eigentlich sagen wollte.
»Wenn du meinen Rat hören willst, lasst euch Zeit und redet miteinander.«
»Zeit lassen ist gut! Wie soll das funktionieren, mit den Siegeln?«
»Gefühle zu teilen ersetzt keine Gespräche.«
»Seitdem er aus dem Sarg raus ist, hatten wir keine ruhige Minute, Chris, und wenn es nicht dieser verdammte Coe ist, dann muss ich immerzu an meine Arbeit denken. Mein Traumberuf geht gerade den Bach runter!«
»Tut mir leid«, antwortete Christina leise und drehte sich schnell weg. Amber hatte dennoch die Tränen schimmern sehen, die ihre Freundin mit hastigen, fast wütenden Handbewegungen fortstrich.
»Sie kommen«, meinte Christina dann und stand auf.
Amber hörte nichts, sosehr sie sich auch anstrengte. Sie griff nach Christinas Hand und drückte sie kurz, dann klopfte es an der Tür. Kurz darauf erklangen Schritte, jemand ließ sich aufs Bett fallen, und der Fernseher sprang an.
»Hey, kann ich reinkommen?«
Der Klang von Julius’ Stimme fand ein wohliges Echo in Ambers Körper, und sie blickte erwartungsvoll zur Tür.
»Gute Besserung, Amber«, sagte Christina hastig. Sie neigte den Kopf vor ihrem Meister und huschte an Julius vorbei aus dem Bad. Der schloss die Tür hinter sich. Sein Gesicht war wie versteinert. Etwas schien ihm Sorgen zu bereiten, doch es hatte nichts mit ihr zu tun, wie Amber an dem Lächeln erkannte, das gleich darauf seine Züge
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