Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jung, blond, tot: Roman

Jung, blond, tot: Roman

Titel: Jung, blond, tot: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
Vom Netzwerk:
gefaltetes, an einer Ecke abgerissenes Stück Papier, mit den Worten Ich werde Sie um Punkt elf im Präsidium anrufen. Es ist wichtig. Seien Sie bitte persönlich am Apparat. Keine Unterschrift, aufgrund des Schriftbilds konnte es sich jedoch nur um eine weibliche Schreiberin handeln. Sie schaltete das Radio aus, quälende Kopfschmerzen, stockender Morgenverkehr in die Stadt. Erneut einsetzender Regen. Der letzte freie Parkplatz im Revierhof. Berger telefonierte. Die Kommissarin wartete, bis Berger auflegte. Er sah sie einen Moment schweigend an, faltete die Hände, sagte dann: »Sie sind sehr früh dran. Wie war die Party? Ihrem Aufzug nach zu schließen, dauerte das Spektakel die ganze Nacht durch.« Er deutete grinsend auf ihr Abendkostüm. »Außerdem sehen Sie etwas mitgenommen aus.«
Sie ging auf die letzte Bemerkung nicht ein, setzte sich. »Menzel war anfangs gar nicht so erfreut, mich zu sehen, hat es dann aber doch akzeptiert. Ich habe zwar ein paar neue Gesichter kennengelernt, aber keine neuen Erkenntnisse gewonnen. Der Abend war schlicht gesagt ein Flop.« Sie vermied tunlichst, ihren Knockout und den unfreiwilligen Aufenthalt bei Menzel zu erwähnen. Das war eine Sache, die nur sie selbst etwas anging und für die sie sich in Grund und Boden schämte, sie brauchte nicht auch noch die Häme des Reviers.
»Ach ja«, sagte sie noch, »diesen Zettel habe ich in meiner Handtasche gefunden. Es wäre immerhin möglich, daß wir es hier mit einem Informanten zu tun haben.« Berger nahm das Papier und meinte: »Sieht nach einer Frau aus. Ich bin aber vorsichtig geworden. Manchmal wollen sich Leute nur wichtig machen.« Er reichte ihr den Zettel zurück, schlug eine Akte auf und fuhr fort, ohne seine Kollegin anzublicken: »Ich würde vorschlagen, Sie gehen jetzt erst mal nach Hause und machen sich frisch. Alles weitere besprechen wir nachher.«

Dienstag, 8.00 Uhr
    Joanna war wieder einmal weg gewesen, irgendwo, und sie kam irgendwann nach Hause, nachdem er doch eingeschlafen war.
Schulz hatte die halbe Nacht kein Auge zugetan, geplagt von düsteren Alpträumen. Er stand auf der Spitze eines hohen Hauses, schaute in die Tiefe, die, obgleich er sonst unter panischer Höhenangst litt, nichts Erschreckendes hatte, er sah die Menschen unter sich, ein warmer, milder Wind umwehte ihn, Sonnenschein, Fröhlichkeit. Bis ihn jemand von hinten anstieß, er hatte noch Zeit, sich kurz umzudrehen, sah eine schwarze, lachende Maske, bevor er in die Tiefe fiel. Er wachte schreiend auf, Joanna lag neben ihm, roch nach Zigaretten und Alkohol. Er blickte zur Uhr, halb vier. Sein Herz schlug wie rasend, er stand auf, entleerte seine Blase, trank einen Schluck Wasser. Stellte sich einen Moment ans offene Schlafzimmerfenster, schaute hinunter in den nächtlichen Garten, ein kühler Wind strich durch die Bäume. Er legte sich wieder neben die flach atmende Joanna, sie drehte sich knurrend zur Seite, zog im Schlaf die Bettdecke übers Gesicht. Er versuchte, wieder einzuschlafen, verschränkte die Arme hinter dem Kopf, starrte an die dunkle Decke, bis ihm die Augen zufielen. Frühstück. Er war mürrisch, unausgeschlafen, Joanna hingegen machte sichtlich gut gelaunt Kaffee, deckte den Tisch. Er beobachtete sie, wollte sie anschreien, mit ihr streiten, sie fragen, woher sie das Recht nahm, so fröhlich zu sein. Er tat es nicht. Aus den Augenwinkeln blickte sie ihn einige Male verstohlen an, als sie den Tisch fertig gedeckt hatte, setzte sie sich zu ihm. Eine Weile schwieg sie, ein Glitzern in ihren Augen, sie berührte seine Hand, er zog sie weg. Er nahm ein Brot aus dem Korb, bestrich es mit Butter, gab einen Löffel Ananasmarmelade dazu. Er biß ab. »Schatz«, sagte sie, »sei heute nicht böse auf mich. Ich habe eine sehr, sehr gute Nachricht. Willst du sie hören?« »Hast du etwa beschlossen, deine nächtlichen Streifzüge aufzugeben?« fragte er bissig.
»Lassen wir das Thema für einen Moment«, sagte sie ruhig. »Es geht um Sabrina. Was, wenn es eine Möglichkeit gäbe, sie zu operieren?«
»Wir wissen beide, daß es die Möglichkeit gibt! Aber wir haben nicht das Geld dafür! Also, was soll das?!« »Ich werde Sabrina noch heute für die Transplantation anmelden. Ich habe das Geld.« Schulz ließ das Brot auf den Teller sinken, die Stirn in Falten gelegt, die Augen zu Schlitzen verengt. »Was sagst du da? Du hast das Geld? Woher?«
Sie lehnte sich zurück, machte eine abwehrende Handbewegung. »Das ist unwichtig. Wichtig ist,

Weitere Kostenlose Bücher