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Jung, blond, tot: Roman

Jung, blond, tot: Roman

Titel: Jung, blond, tot: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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deren Gesicht so voller Leben und Erfahrungen steckt, daß es schon fast an ein Verbrechen grenzt, dies einfach wegzuretuschieren. Aber gut, ich lebe davon ...« »Nur davon? Ich habe gehört, zur plastischen Chirurgie gehören mehrere Bereiche...«
»Natürlich. Unfallopfer, deren Gesichter entstellt sind, werden bei mir natürlich auch behandelt, aber das ist nicht die Regel.«
Durant öffnete ihre Handtasche und holte eine Schachtel Zigaretten hervor. Sie nahm eine heraus und zündete sie sich an. Tomlin beobachtete sie dabei. »Rauchen schadet Ihrem Teint. Und nicht nur das, ich könnte Ihnen eine Menge Krankheiten aufzählen, die allein auf das Rauchen zurückzuführen sind. Eine schöne Frau wie Sie sollte ihrem Körper so etwas nicht antun. Glauben Sie mir, ich habe viel Elend gesehen, das hätte vermieden werden können, wenn die Menschen nicht geraucht hätten. Es ist so leicht, sich damit zu ruinieren. Lungenkrebs, Magenkrebs, Kehlkopfkrebs, verstopfte Arterien, Schlaganfall, Herzinfarkt, um nur einiges zu nennen.«
Die Kommissarin schaute Tomlin ernst an, die Zigarette zwischen den Fingern haltend. »War das ein ärztlicher Rat oder eine Mahnung?« fragte sie spöttisch und hätte sich dafür ohrfeigen können. Aber schon ihre Mutter hatte gesagt, sie wäre ein typischer Skorpion, stichelnd, spöttelnd, bisweilen verletzend in ihren Reden. Doch Tomlin schien sich nicht daran zu stören.
»Ich überlasse Ihnen die Beantwortung dieser Frage! Aber ich meine es nur gut mit Ihnen. Ich finde, eine junge, attraktive Frau wie Sie sollte nicht so achtlos mit ihrer Gesundheit umgehen. Ich habe nie eine Zigarette in die Hand genommen, und Alkohol trinke ich nur in Maßen. Und wie Sie sehen, ich lebe ganz gut damit.« »Dann gehören Sie zu den wenigen Ärzten, die vorbildlich leben. Aber gut, ich werde Ihren Rat wohlwollend überdenken.«
»Haben Sie schon eine Spur?« erkundigte sich Tomlin. »Sie meinen, ob wir schon einen Hinweis auf den Mörder haben?« Sie holte tief Luft, schüttelte den Kopf. »Nein, absolut keine. Im Moment läßt er uns ganz schön alt aussehen. Wir haben nicht einmal den Hauch einer Beschreibung von ihm. Es scheint, als wenn er überhaupt nicht existiert. Wie ist die Stimmung unter den Menschen hier?«
»Natürlich sind die schrecklichen Ereignisse auch hier Gesprächsthema, wir stehen alle vor einem Rätsel. Aber solange man nicht selber betroffen ist, so lange feiert man. Wissen Sie, es ist das gleiche wie zu Zeiten der großen Pest, die Menschen haben gesungen und getanzt, sie haben gesoffen und gehurt, alles das, was man heute auch macht.« »Zum Glück haben wir es nicht mit der Pest, sondern nur mit ein paar Morden zu tun«, meinte die Kommissarin sarkastisch.
»Sagen Sie selbst, sollen wir uns verkriechen, bloß weil ein Monster die Gegend unsicher macht?« »Nein, so war das nicht gemeint. Es tut mir leid.« »Ich kann mir vorstellen, daß Ihre Nerven blank liegen. Das Ganze wird für Sie allmählich zu einem Spießrutenlauf, oder?«
»Noch hält es sich in Grenzen. Aber die Journalisten werden von Tag zu Tag penetranter. Jeder möchte als erster die absolute Topstory bringen. Und was die bis jetzt geschrieben haben, nicht einmal ein Bruchteil davon ist wahr! Und jetzt fängt auch noch das Fernsehen an, Berichte zu bringen, die einem die Haare zu Berge stehen lassen ... Ich schätze, da rollt eine Lawine auf uns zu.«
Tomlin löste sich vom Geländer. »Kommen Sie, lassen wir dieses unerfreuliche Thema, mischen wir uns lieber wieder unter die andern.«
»Dr. Tomlin«, sagte Julia Durant und berührte ihn vorsichtig am Arm. »Ich hätte da doch noch eine Frage...« Sie druckste einen Moment, sagte dann: »Würden Sie auch mich als Patientin nehmen? Ich meine, ich...« »Wo liegt Ihr Problem?« fragte er mit gewinnendem Lächeln.
»Ach nein, ich sollte wohl doch lieber einen Termin ausmachen.«
»Das haben wir gerade eben getan. Kommen Sie morgen nachmittag in meine Klinik.« Er zog sein Portemonnaie aus der Hosentasche, reichte Durant seine Visitenkarte. »Hier ist die Adresse. Melden Sie sich um Punkt fünf bei Frau Neubauer, sie ist meine Sekretärin. Dann können wir über alles reden.« »Danke, Dr. Tomlin. Ich wollte Sie wirklich nicht belästigen.«
»Das haben Sie nicht, im Gegenteil. Kommen Sie, ich will nicht, daß die Leute wer weiß was denken, was wir hier draußen treiben könnten. Die Gerüchteküche brodelt hier besonders heftig.«
Sie folgte Tomlin wieder ins Haus.

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