Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jung, blond, tot: Roman

Jung, blond, tot: Roman

Titel: Jung, blond, tot: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
Vom Netzwerk:
Mitte Vierzig in einem eleganten, dunkelblauen Kleid mit großen, gelben Punkten, am rechten Handgelenk ein Goldarmband, am linken eine Rolex, schwarze Nylons und schwarze Pumps, das schwarze Haar hinten hochgesteckt, ein unverbindlich freundliches Lächeln. Unaufdringliche Musik aus unsichtbaren Lautsprechern. Sie nannte ihren Namen, Frau Neubauer war bereits informiert. Julia Durant war etwas erstaunt, hatte eigentlich damit gerechnet, daß Tomlin, der Vielbeschäftigte, diesen Termin vergessen haben würde. Frau Neubauer bat sie, sich noch einen Moment zu gedulden und auf der Ledercouch Platz zu nehmen und währenddessen ein Formular auszufüllen, Dr. Tomlin würde schon bald zur Verfügung stehen. Sie füllte das einseitige Blatt schnell aus und reichte es Frau Neubauer zurück. Sie überflog es, nickte zufrieden, legte es auf die Seite.
Tomlin verspätete sich um wenige Minuten. Freundlich lächelnd kam er auf Durant zu und reichte ihr die Hand. Nichts an ihm ließ einen Arzt vermuten, er trug eine helle Sommerhose, ein kurzärmeliges Hemd und Sandalen. »Schön, daß Sie gekommen sind, es tut mir leid, wenn Sie warten mußten, aber manche Patienten sind sehr schwierig«, sagte er und bat sie, ihm in sein Büro zu folgen. Der dicke Teppichboden schluckte jeden Schritt, ein Chagall und ein Monet an den Wänden - Julia Durant war überzeugt, daß sie echt waren -, die in die Decke eingelassene, indirekte Beleuchtung, die sorgsam gepflegten Grün-pflanzen, der herrliche Ausblick auf den Park, dies alles machte das Zimmer zu einer Art gemütlichem Refugium. Tomlin deutete auf einen Ledersessel am Fenster, wartete, bis seine Besucherin sich gesetzt hatte, ging an einen Wandschrank, öffnete die Tür, hinter der eine ganze Batterie Flaschen stand, das meiste davon nichtalkoholische Getränke.
»Darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten?« fragte er. »Nein, danke, ich möchte Ihre Zeit nicht unnötig in Anspruch nehmen, Sie sind sicher sehr beschäftigt.« Sie machte ein verlegenes Gesicht, ihre sonstige Selbstsicherheit war wie weggeblasen, wie meist, wenn sie es mit ei nem Mann zu tun hatte, der ihr gefiel. Und Tomlin gefiel ihr. Mehr noch, allein seine Gegenwart ließ sie in einen pubertären Zustand verliebter Erregung zurückfallen. Seit ihrer Scheidung hatte sie nur zweimal etwas mit einem Mann gehabt, One-NightStands, nichts Ernstes, eher aus dem Bedürfnis heraus, etwas für ihren Hormonhaushalt zu tun. Beide Male waren eine Enttäuschung, der erste hielt gerade fünf Minuten durch, der zweite stand auf Perversitäten, bis sie ihn hochkant rausschmiß. »Sie nehmen meine Zeit nicht unnötig in Anspruch. Ich habe Zeit. Sie sind meine letzte Patientin für heute. Ich genehmige mir jetzt einen Martini, noch können Sie sich entscheiden.«
»Nun gut, einer kann nichts schaden.«
»Eis?«
»Ja, bitte.«
Er gab Eis in die Gläser, schenkte sie voll, stellte sie auf den marmornen Beistelltisch, setzte sich Julia Durant gegenüber. Er nahm einen kleinen Schluck, lehnte sich zurück, faltete die Hände über dem flachen Bauch. »Nun, was macht eine attraktive Frau wie Sie bei mir? Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, daß Sie aus medizinischen Gründen hergekommen sind.« Julia Durant wurde rot, spürte das Blut in ihren Kopf schießen. »Es ist nichts Gravierendes, wirklich nicht, im großen und ganzen bin ich mit meiner Figur zufrieden, bis auf eine Kleinigkeit, aber die macht mir doch zu schaffen. Es ist mein Bauch, es ist... wenn ich... nun, wenn ich mich von der Seite im Spiegel betrachte... und... in meiner Familie, nun, schon meine Großmutter und meine Mutter... wir alle haben diesen Hängebauch... ich...« Sie stammelte, ärgerte sich, wäre am liebsten rausgerannt. Sie war nervös, Tomlin machte sie nervös. 147 »Und Sie wollen wissen, was Sie dagegen machen können?« Er lächelte nachsichtig, nahm einen weiteren Schluck, behielt das Glas in der Hand. »Machen Sie sich keine Gedanken deswegen, Sie sind mit diesem Problem nicht allein, viele Frauen leiden darunter, viele schöne Frauen übrigens. Aber bevor wir uns weiter unterhalten, würde ich gerne mit eigenen Augen sehen, was Sie so sehr stört. Wenn Sie sich bitte bis auf den Slip freimachen würden. Dort hinten bitte. Den BH können Sie natürlich auch anbehalten.« Er deutete auf die schwarze spanische Wand mit den orientalischen Verzierungen. Sie legte ihre Handtasche auf den Sessel. Weiche Knie, sie hatte nicht damit gerechnet, sich vor

Weitere Kostenlose Bücher