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Jung, blond, tot: Roman

Jung, blond, tot: Roman

Titel: Jung, blond, tot: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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Zeit für einen Friseurbesuch. Das bohrende Hungergefühl stellte sich wieder ein, Übelkeit. Sie versuchte, beides zu ignorieren, ging aufrecht die Treppe hinunter. Die Tür zum Eßzimmer stand offen, sie erkannte Menzel, er saß mit dem Rücken zu ihr allein am üppig gedeckten Tisch, frühstückte, las die Zeitung. Durant betrat das Zimmer, er wandte seinen Kopf, fal tete die Zeitung zusammen, legte sie auf den neben ihm stehenden Stuhl und winkte Julia Durant zu sich heran. »Ich hoffe, Sie hatten eine angenehme Nacht, Frau Kommissarin?« fragte er, ohne eine Miene zu verziehen, und deutete auf einen Stuhl. »Kommen Sie, leisten Sie mir Gesellschaft. Sie werden sicherlich hungrig sein.« Julia Durant war unsicher, trat näher, blickte Menzel ernst und fragend an, stützte sich mit beiden Händen auf die Stuhllehne, fragte mit zu Schlitzen verengten Augen: »Wieso wache ich in Ihrem Haus auf?« »Nun, ich schätze, Ihnen ist der Alkohol nicht bekommen. Wenn ich gewußt hätte, daß Sie keinen vertragen, hätte ich Ihnen natürlich nicht meine Spezialität zu trinken gegeben, meinen berühmten Spezial-Mix, der nur für gute Freunde bestimmt ist. Tut mir leid, wenn ich Sie damit überfordert habe.« »Was ist das für eine verdammte Spezialität?« fragte sie scharf.
»Der Menzel-Mix?« Er lachte auf, lehnte sich zurück. »Ein Teil Whisky, zwei Teile Gin, ein Schuß Strohrum und noch diverse andere Kleinigkeiten, die aber mein ganz persönliches Geheimnis sind, wenn Sie verstehen. Es ist mein Mix. Aber kommen Sie, setzen Sie sich doch, ich mag nicht mit Leuten reden, zu denen ich aufblicken muß, es macht mich nervös.«
Julia Durant setzte sich Menzel gegenüber, hängte ihre Tasche an die Lehne, fragte leise, ohne Menzel anzublicken: »Und wer hat mich ausgezogen?«
»Was würden Sie sagen, wenn ich das erledigt hätte?« Er grinste sie an, ergötzte sich an ihrer entsetzten Reaktion. Bevor sie etwas sagen konnte, fuhr er fort: »Aber keine Angst, nicht ich habe das getan, falls Sie da irgendwelche Befürchtungen haben sollten. Zwei nette Damen haben sich Ihrer angenommen. Sie sehen, es ging alles anständig und züchtig zu. Nun greifen Sie schon zu, Sie sehen etwas blaß um die Nase aus, die Brötchen sind noch warm, und auch sonst finden Sie hier so ziemlich alles, was man zu einem guten Frühstück benötigt. Ich finde, der Tag sollte immer mit einem guten Frühstück beginnen.« Sie zögerte, nahm sich dann doch ein Brötchen, schnitt es in der Mitte auf, schmierte Butter und etwas Marmelade darauf. Menzel schenkte ihr Kaffee ein.
»Wo ist Ihre Familie?« fragte Julia Durant.
»Ich frühstücke immer allein. Es hat sich so eingebürgert in den letzten Jahren. Meine Frau steht selten vor elf Uhr auf.«
»War Ihre Frau gestern abend auch da? Ich habe sie nicht gesehen.«
»Ja, aber sie hält sich stets diskret im Hintergrund. Sie hat Buch über die Spenden geführt...« »Was für Spenden?«
»Ach, natürlich, Sie haben das ja gar nicht mehr mitbekommen! Diese Zusammenkünfte, auch wenn es mein Geburtstag ist, dienen stets einem meist wohltätigen Zweck. Gestern haben wir für die Opfer gesammelt. Sie wissen, die Opfer! Das Geld ist als Belohnung gedacht für denjenigen, der den entscheidenden Hinweis auf die Ergreifung des Bastards gibt. Selbstverständlich sollen aber auch die Hinterbliebenen der weniger gut Betuchten etwas davon haben, wie etwa die Eltern der kleinen Lindner. Es kamen insgesamt mehr als zehntausend Mark zusammen.« »Wie nobel! Dann hat die Party ja ihren Zweck erfüllt.« Menzel grinste geheimnisvoll. »Das kann man wohl sagen.« Er warf einen Blick zur Uhr, wischte sich mit der Serviette über den Mund und stand auf. »Tut mir leid, wenn ich Sie jetzt verlassen muß, aber die Pflicht ruft. Mein Flugzeug geht in anderthalb Stunden.« »Eine längere Reise?«
»Nein, ein Geschäftstreffen in Saudi-Arabien. Bin morgen abend wieder zurück. Machen Sie's gut. Vielleicht sehen wir uns ja mal wieder.«
Er nahm seinen Aktenkoffer, nickte ihr noch einmal zu, die Tür schlug leise ins Schloß. Julia Durant war allein, nur aus der Küche drangen Geräusche. Sie aß das Brötchen und trank ihren Kaffee. Sie war wütend darüber, gestern abend so unvorsichtig gewesen zu sein.

Dienstag, 7.30 Uhr
    Sie stieg in ihren Opel, legte den Sicherheitsgurt an, startete den Motor, betätigte kurz den Scheibenwischer, wollte eine Zigarette aus der Schachtel holen. Der Zettel steckte in der Schachtel, ein mehrfach

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