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Jung, blond, tot: Roman

Jung, blond, tot: Roman

Titel: Jung, blond, tot: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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unterdrückend. »Vielleicht.«
»Würden Sie mich morgen vormittag noch mal anrufen?« »Warum?«
»Um Menzel festnageln zu können, brauche ich Namen, und zwar von den Mädchen. Sie brauchen keine Angst vor einer Fangschaltung zu haben, wenn Sie möchten, dann rufen Sie mich unter der Nummer meines Handys an. Hier, warten Sie, ich schreibe sie Ihnen schnell auf.« »Namen werden bei Menzel in der Regel nicht genannt. Aber mal sehen, was sich machen läßt.« »Nur noch eine Frage - warum haben Sie es getan?« »Warum habe ich was getan?« »Sich mit mir getroffen?«
Die Unbekannte stand mit dem Rücken zu Julia Durant und sagte: »Weil ich den Gedanken unerträglich finde, daß Abschaum wie Menzel noch mehr Unheil über diese Stadt bringt! Deshalb und nur deshalb. Ich werde Sie morgen mittag um zwölf anrufen. Bis dann.« »Eine allerletzte Frage noch - Sie? Welche Rolle spielen Sie bei der ganzen Sache?«
»Das werde ich Ihnen nicht auf die Nase binden. Aber glauben Sie mir, ich würde nie einem Kind oder Jugendlichen weh tun. Niemals!« Die Unbekannte entfernte sich, tauchte wieder in die Nacht ein. Durant setzte sich in ihren Opel, steckte den Schlüssel ins Zündschloß, starrte aus dem Fenster in die Nacht, malte sich aus, wie Berger auf die Nachricht über Menzel reagieren würde. Wenn nur ein Bruchteil von dem stimmte, was die Unbekannte erzählt hatte, dann war Menzel ein widerliches, stinkendes Stück Dreck. Wenn es stimmte, dann waren seine Tage gezählt.

Dienstag, 21.30 Uhr
    Kalter, böiger Wind, ein paar Regentropfen. Die Unruhe hatte wieder von ihm Besitz ergriffen. Eine Unruhe, die ihn in immer kürzeren Abständen packte, ein Dämon, der in ihm wütete und ihn nicht zur Ruhe kommen ließ. Er fuhr einfach drauflos. Nach knapp zehn Minuten erreichte er Goldstein, eine in den zwanziger Jahren erbaute Wohnsiedlung. Er stellte den Wagen ab und stieg aus. Streifte minutenlang ziellos durch das Wohngebiet aus gleichförmigen, unscheinbaren Häusern, durch eine Gartenkolonie. Aus den Tropfen wurde heftiger Regen, von Windböen gepeitscht. Ein Blick zur Uhr, 21.50 Uhr. Er kam in eine Gegend, die er vorher erst zweimal betreten hatte, jeweils in der vergangenen Woche, auf der Suche nach ihr. Hochhäuser, grau in grau, trotz der fortgeschrittenen Stunde und des schlechten Wetters noch vereinzelt Menschen auf der Straße, einige Betrunkene, einige Ausländer, ein paar Jugendliche, die sich kabbelten, zwei Frauen, die sich an der Straßenecke unterhielten, ein Hund, der an der Leine zerrte. Er lief die schmale Straße entlang, er war jetzt allein. Überberstende Müllcontainer, Sperrmüll und Unrat auf der Wiese, beschmierte Hauswände, irgendwer hatte einfach einen alten Kühlschrank und ein zerschlissenes Sofa auf einer schmalen Rasenfläche abgestellt, mitten zwischen lauter Haufen aus Hundekot. Eine abstoßende, schmutzige Gegend, Slums, Favelas, Elendsviertel. An manchen Tagen mochte vielleicht der Gestank zum Himmel stinken, im wahrsten Sinne des Wortes. Er passierte das Haus Nummer 10, die Nummer 12, lief weiter, ohne genau zu wissen, wo er sich befand. Das Mädchen fiel ihm sofort auf, er erkannte sie wieder. Sie kam ihm auf der anderen Straßenseite entgegen, allein. Sie war groß, etwa einsfünfundsiebzig, langes, goldblondes Haar fiel bis weit über ihre Schultern, sie hatte eine aufreizende Figur. Das Klappern der Absätze ihrer hochhackigen, bis über die Knie reichenden Stiefel hallte von den Häuserwänden wider, sie lief schnell, leicht gebückt, um dem Regen weniger Angriffsfläche zu bieten. Er blieb, die Hände in der Windjacke vergraben, stehen, sah zu ihr hinüber, spürte den Regen nicht mehr, hielt den Griff seines Stiletts fest umklammert, fühlte den leichten Druck des Polizeiknüppels unter der Jacke. Als sie an ihm vorbei war, wendete er und blieb hinter ihr, immer noch auf der anderen Straßenseite. Vergewisserte sich, daß niemand ihn beobachtete. Der Druck in seinem Kopf nahm zu, das schmerzhafte brennende Ziehen zwischen seinen Schenkeln, der Dämon in seinem Körper fuhrwerkte wie besessen. Der Dämon kontrollierte seine Gedanken, die nur noch auf einen Punkt konzentriert waren, töten. Beim Haus Nummer 1 bog sie vom Bürgersteig ab und lief über den schwachbeleuchteten Parkplatz auf die Haustür zu. Nur wenige Lichter, die im Haus brannten, der Hausflur 155 lag im Dunkel. Er überquerte die Straße, beschleunigte seine Schritte. Sie zog den Reißverschluß der Handtasche auf,

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