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Jung, blond, tot: Roman

Jung, blond, tot: Roman

Titel: Jung, blond, tot: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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schaute Schulz nachdenklich an. »Ich glaube fast, irgendwann und irgendwo versagen wir alle mal.« 162 »Es liegt an diesem Viertel. Hier lebt, wer woanders nicht mehr unterkommt. Und die Häuser sprechen für sich. Sie haben wahrscheinlich recht, das Mädchen war älter.« »Aber auch wenn das Mädchen vielleicht eine kleine Hure war, sie hat es deswegen noch lange nicht verdient, so früh und so grausam zu sterben.«

Mittwoch, 22. September, 9.00 Uhr
    Der erste, noch längst nicht vollständige Obduktionsbericht der Leiche von Antonia Delgado deckte sich mit den Fällen Carola Preusse, Maureen Nettleton, Annette Schubert. Blutgruppe des Täters Null, Rhesus positiv, die gleiche Stichwaffe, 43 Stiche, davon zwei in die Herzgegend, die sofort zum Tod geführt hatten. Und die abgeschnittene rechte Brust. Es gab nur eine kleine Abweichung zu den vorangegangenen Morden - er hatte sein Opfer erst vergewaltigt, als es bereits tot war, und zwar sowohl vaginal als auch anal.
Die Spurensicherung hatte wieder einmal nichts Außergewöhnliches entdecken können. Der Täter war und blieb ein Phantom, und solange er nicht den entscheidenden Fehler beging, so lange würde er dieses Phantom bleiben. Ein Mann unter Hunderttausenden, ein Gesicht unter vielen in dieser Stadt. Vielleicht war er ein einfacher Arbeiter, ein Metzger, ein Maurer, vielleicht verdiente er sein Geld in irgendeinem dieser riesigen Glas- und Metallkästen, ein biederer Angestellter, vielleicht sogar in leitender Funktion. Nach außen hin ehrenwert, hinter seiner Maske jedoch verlogen und verdreckt. Berger hatte schon viele von ihnen kennengelernt. Lügner, Betrüger, Halsabschneider, Gangster, Kindesschänder, Mißhandler, 162 Dealer, in feinen Anzügen, schicken Autos, mit dicken Bankkonten. Es gab keine Perversion, die es nicht auch in diesen - oder gerade diesen? - Schichten gab. Und das war das eigentlich Schwierige, aus dieser Masse diesen einen herauszufiltern, der an Perversion und Abschaum alles von Berger und seinen Kollegen bisher Erlebte und Gesehene bei weitem übertraf, der seine Opfer in einem wahren Blutrausch abschlachtete.
Durant ging noch einmal mit Berger, Schulz und Kullmer die Aussagen der vergangenen Nacht durch, bevor Details ausgesondert wurden, die bedenkenlos an die Presse weitergegeben werden konnten. Auf dem Flur vor dem Kommissariat hockten und standen Journalisten und Fotografen wie ein Rudel hungriger Wölfe, die nur darauf warteten, sich wie die Hyänen auf die Beamten stürzen zu können. Berger schäumte vor Wut und veranlaßte, daß die Journalisten aus dem Präsidium gewiesen wurden. Erst am Mittag um dreizehn Uhr würde es eine kurze Pressekonferenz geben. Als die Journalisten widerwillig das Feld geräumt hatten und wieder Ruhe eingekehrt war, berichtete sie von ihrem Treffen mit der Unbekannten.
Totenstille, als sie schloß. Kullmer murmelte: »Scheiße!«, verdrehte die Augen, Schulz rollte die Bild-Zeitung zusammen und schlug damit monoton auf seine Oberschenkel, Koslowskis Ohren glühten, und Berger stopfte sich scheinbar seelenruhig eine Pfeife und paffte dicke Wolken, während Durant sich eine Gauloise ansteckte und geduldig wartete, bis die Verblüffung sich legte. Kullmer stand auf und holte für sich und die Kommissarin einen Becher Kaffee und stellte ihn wortlos vor sie. Er legte die Beine auf den Schreibtisch und nippte an dem dampfenden Getränk. Seine Miene war ernst 163 und besorgt, Julia Durant hatte ihn noch nie so gesehen.
»Sie müssen verdammt vorsichtig sein«, sagte er. »Wenn es stimmt, daß auf seinen Partys Politiker, Richter und vielleicht auch Staatsanwälte verkehren, dann muß alles, was ihm vorgeworfen wird, absolut hieb- und stichfest sein, sonst zerreißt er uns in der Luft. Und glauben Sie mir, das würde ihm einen Heidenspaß bereiten.« »Meine Informantin will mich um zwölf anrufen. Ich werde sie bitten, mir wenigstens einen Namen zu nennen, mit dem ich Menzel eins reinwürgen kann. Was anderes kann ich im Moment nicht tun.«
»Gibt es Beweise für die Behauptung, daß Menzel Minderjährige für seine Perversionen mißbraucht? Und daß diese Mädchen und Jungs auch von andern gevögelt werden?« fragte Berger.
»Ich habe nur zwei Namen, Sabine Lindner und Nicole Bernhardt. Wobei die Lindner schon siebzehn war und somit rausfällt, weil sie angeblich erst seit einem halben bis dreiviertel Jahr bei Menzel verkehrte. Meine Informantin sagte mir aber, daß Nicole schon seit mindestens drei

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