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Jung, blond, tot: Roman

Jung, blond, tot: Roman

Titel: Jung, blond, tot: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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zumindest vom Sehen her zu kennen, egal, ob Deutsche oder Ausländer. Sie sagt, sie ist recht gut informiert, ohne rumzuschnüffeln, wie sie betonte.« »Komisch«, sagte Berger, fuhr sich mit der Hand übers Kinn, »von einer Brille ist nirgends sonst die Rede. Und eine Brille fällt doch eigentlich auf.«
Durant zuckte die Schultern. »Vielleicht ist sie die einzige, die den Täter gesehen hat.« »Was halten Sie persönlich von ihrer Aussage?« fragte Berger.
»Die Frau erschien mir glaubwürdig. Sie war nicht betrunken, machte recht präzise Angaben und wirkte sehr ruhig.«
»Würde sie den Mann wiedererkennen?« »Unter Umständen, aber da es Nacht war und sie den Mann nur auf eine Entfernung von mindestens zwanzig Meter gesehen hat, würde sie sich lieber nicht festlegen wollen, um, wie sie sagt, nicht einen Unschuldigen zu belasten.«
»Trägt die Frau selber eine Brille?« »Ja, leider«, meinte die Kommissarin. 159 »Und es hat geregnet«, sagte Berger. Er schüttelte den Kopf. »Ich habe wenig Hoffnung, daß wir mit ihrer Aussage konkret etwas anfangen können. Aber gut, wir werden alles sammeln und zusammenstellen. Ich fürchte jedoch, wir werden keine genaue Beschreibung hinkriegen. Haben Sie die Frau gefragt, ob sie ein Phantombild erstellen könnte?«
»Ich habe sie darauf angesprochen, aber sie meinte, sie würde sich das nicht zutrauen. Sie sagte immer wieder, wenn es heller gewesen wäre, dann, na ja... Sie kennen das.« »Das ist genau das, was ich meine«, sagte Berger resignierend, »die Leute sehen was und sehen doch nichts. Wenn man nach den uns gegebenen Beschreibungen gehen würde, müßten wir etwa ein Viertel aller Männer Frankfurts verhaften. Und vor allen Dingen hat keiner gesehen, ob dieser Mann dem Mädchen gefolgt ist. Vielleicht hat unser Mörder ja schon im Haus auf sie gewartet! Möglich ist alles.«
Eine ältere, aufgedunsene Frau kam aufgeregt angerannt. Schnapsgeschwängerter Atem. »Da vorne kommen ihre Eltern.«
»Von dem Mädchen?« »Hmh.«
»Also, Schulz und Durant, ich überlasse es Ihnen, die freudige Botschaft zu überbringen. Wir sehen uns dann am Morgen in alter Frische im Büro.« Er grinste zum ersten Mal in dieser Nacht, stieg in seinen Wagen und brauste davon.
Ein postgelber Golf bog auf den Parkplatz ein, der Motor dieselte beim Ausschalten nach, die Scheinwerfer wurden gelöscht. Ein Mann und eine Frau stiegen aus, der Mann schlug die Tür mit Wucht zu und schloß ab. Durant und Schulz gingen auf sie zu, die Kommissarin spürte ein mulmiges Kribbeln im Magen. »Herr und Frau Delgado?« fragte sie. »Ja«, sagte der Mann barsch. »Was wollen Sie?« »Kriminalpolizei. Mein Name ist Durant, mein Kollege Schulz.«
»Mitten in der Nacht? Was wollen Sie mitten in der Nacht von uns? Hat Antonia etwas angestellt? Hat sie etwa schon wieder Ärger mit der Polizei?« Delgado, der mit stark spanischem Akzent sprach, schüttelte den Kopf, zog die Mundwinkel angewidert nach unten, machte eine abfällige Handbewegung und fuhr fort: »Na ja, es wäre ja nicht das erste Mal, daß wir weg sind und die Polizei vor der Tür steht! Diese kleine Schlampe! Treibt sich nur mit diesem Gesocks rum, anstatt was Anständiges zu machen. Was hat sie diesmal ausgefressen?« »Herr Delgado, Ihre Tochter hat überhaupt nichts ausgefressen. Aber bitte, lassen Sie uns nicht hier auf dem Parkplatz darüber sprechen. Gehen wir nach oben, wo wir ungestört sind.«
»Bitte? Wenn sie nicht... was ist dann los? Was wollen Sie?« fragte Frau Delgado mit weitaufgerissenen Augen, als ahnte sie Schlimmes.
»Lassen Sie uns nach oben gehen. Bitte!« sagte Julia Durant und faßte die Frau bei der Schulter. »Ist sie oben?« »Nein. Sie ist nicht oben.«
Sie betraten den Aufzug, die Wände beschmiert, die Schalttafel von Feuerzeugen versengt, eine Pfütze in der rechten Ecke, in der linken sah es aus, als hätte jemand Kot verschmiert. Es stank. Die Tür schloß mit lautem Knall, der Aufzug setzte sich ruckartig in Bewegung. Schulz haßte Aufzüge, vor allem solche alten Kisten, die womöglich seit ihrem Einbau nicht mehr gewartet worden waren. Der sechste Stock. Die Tür quietschte beim Aufmachen, schlug mit lautem Knall zu.
»Kommen Sie«, sagte Delgado, ein kleiner, untersetzter, bulliger Mann mit schütterem, rötlichem Haar und kleinen Schweinsäuglein. Er schloß die Wohnungstür auf. Zwei Neugierige, die die Köpfe aus den Türen steckten, Durant und Schulz ignorierten sie. »Was gibt's zu glotzen, ihr

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