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Jung, blond, tot: Roman

Jung, blond, tot: Roman

Titel: Jung, blond, tot: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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vielen Männern und ein paar Frauen, wie es ein paarmal in ihrem Leib sehr weh getan hatte. Als die Kommissarin sie fragte, warum sie nicht in der Schule war, antwortete Vera, wegen der Schmerzen. »War schon ein Arzt bei dir?« »Nein, meine Eltern sagen, das würde von allein aufhören.«
Julia Durant wollte Vera nicht länger quälen, sie hatte genug erfahren, und das genügte hoffentlich, Menzel zumindest vorläufig einen Strick zu drehen. Und wenn erst die Öffentlichkeit davon erfuhr...
Bevor sie ging, sprach sie noch einmal mit den Rückerts. »Vera sollte baldmöglichst in psychologische Behandlung. Sie haben ja keine Ahnung, was Sie ihr angetan haben. Ich werde mich regelmäßig bei Ihnen nach Veras Befinden erkundigen, und sollte so etwas noch einmal vorkommen, glauben Sie mir, dann werde ich das Jugendamt einschalten. Was dann passiert, können Sie sich ausmalen. Und noch was, Sie werden mit niemandem, absolut nieman dem, über unser Gespräch reden. Zu Ihrer eigenen Sicherheit und vor allem der Ihrer Tochter. Sie haben mich verstanden?«
»Was meinen Sie mit psychologischer Behandlung?« fragte Rückert naiv. »Sie wird bald wieder gesund sein...« »Körperlich ganz sicher, aber das andere... Wie gesagt, ich werde mich regelmäßig erkundigen. Und noch etwas, ich brauche Ihre Aussage schriftlich mit Unterschrift. Ich oder einer meiner Kollegen wird das in den nächsten Tagen erledigen. Guten Tag.«
Als sie draußen war, empfand sie die Trübsal des Hinterhofes, die kühle, regengeschwängerte Luft als wahre Wohltat. Sie atmete ein paarmal tief durch, ihre Gefühle fuhren Achterbahn. Es gab vieles, was sie nicht verstand und womöglich nie verstehen würde. Sie lief durch das Tor zur Straße, setzte sich in ihren Opel, stellte das Radio an. Es gab Zeiten, da haßte sie ihren Beruf.

Mittwoch, 16.00 Uhr
    Berger legte gerade den Hörer auf, als die Kommissarin das Büro betrat. Er streckte sich und gähnte.
»Ich bin saumäßig müde. Ich glaube, ich werde älter. Das eben war die Gerichtsmedizin. Sie haben wegen Antonia Delgado angerufen, die Obduktion ist beendet.«
»Und?«
»Sie war heroinsüchtig.«
Durant zeigte sich wenig beeindruckt, fragte: »Und weiter? Sie sehen aus, als hätten Sie noch was.« »Stimmt, ich hab tatsächlich noch was...« Berger stand auf, schenkte sich einen Kaffee ein und trank einen Schluck. »Antonia Delgado hatte Aids.« Kurz und trocken, als wä re es das selbstverständlichste von der Welt. Er trank aus, nahm seine Jacke von der Stuhllehne, machte Durant ein Zeichen. »Kommen Sie, wir düsen mal schnell rüber zur Gerichtsmedizin. Ich will ein bißchen mit Bock plaudern. Koslowski, Sie sagen Schulz und Kullmer Bescheid, wenn sie zwischenzeitlich kommen sollten. Ich muß heute noch mit ihnen reden.«
Auf dem Gang erzählte Julia Durant von ihrem Besuch bei den Rückerts. Nachdem sie geendet hatte, blieb Berger am Treppenabsatz stehen, sagte leise, doch eindringlich: »Hören Sie zu, ich bin lange genug in dem Geschäft, um zu wissen, was hier abgeht. Ich warne Sie in Ihrem eigenen Interesse, unternehmen Sie keine voreiligen Schritte! Menzel ist gefährlicher als eine gereizte Viper, er kann uns alle vernichten. Ich habe vorhin Informationen über ihn eingeholt, und ich kann Ihnen sagen, daß einige höchst einflußreiche Leute auf seiner Lohnliste stehen. Wir können uns nicht erlauben, nach oben auszuschlagen. Die da oben sind immer stärker.«
Durant war entsetzt, und Berger sollte ruhig merken, was in ihr vorging: »Bitte, was? Habe ich mich jetzt eben verhört, oder soll diese alte Drecksau etwa ungeschoren davonkommen? Nur, weil er Geld und Macht hat? Und nur, weil vielleicht so ein paar Stinkstiefel, sogenannte hochrangige Persönlichkeiten und was-weiß-ich-nicht-alles auf seinen Partys ungestraft Kinder vögeln dürfen? Sie meinen das doch nicht wirklich, oder?« Berger nickte ernst, kaute einen Moment auf der Unterlippe. »Ich meine es ernst, und zwar verdammt ernst. Ich habe erstens keine Lust und zweitens auch keine Kraft mehr, mich mit irgendeinem da oben anzulegen. Die Zeiten der großen Kämpfe sind für mich vorbei. Was glauben Sie wohl, weshalb ich Sie geholt habe? Vor ein paar Jahren noch hätte ich diesen Fall selbst übernommen. Aber jetzt? Nein, nein, kein Kampf mehr, und auch Sie werden sich an die Regeln halten.«
Durant hielt sich am Geländer fest, kochte vor Wut und sagte lauter als beabsichtigt: »Welche Regeln? Die Regeln der Verbrecher oder die

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