Jung, blond, tot: Roman
Stadt in dieser Zeit. Schauen Sie sich doch um, Kinder vergewaltigen Kinder, stechen sie wegen zwei Mark auf dem Schulhof mit dem Messer ab! Da glauben Sie, es ist ungewöhnlich, wenn ein vierzehnjähriges Mädchen, das sich wie eine Zwanzigjährige rausputzt, den Virus hat?« 172 »Kann der Mörder den Virus übertragen bekommen haben?«
Bock zog seinen Kittel aus, hängte ihn an den Wandhaken, zog eine Lederjacke über. »Die Wahrscheinlichkeit beträgt eins zu hundert, daß er's nicht hat. Er hat sich nämlich nicht nur vaginal, sondern auch anal an ihr vergangen, wobei Analverkehr für sie nichts Ungewöhnliches gewesen zu sein scheint. Es sind deutliche Einrisse am Schließmuskel zu erkennen sowie Spermaspuren des Täters im Analbereich. Das heißt, es müßte mit dem Teufel zugehen, wenn der Kerl sich nicht infiziert hätte. Genau wie die anderen, die es ohne Schutz mit ihr getrieben haben. Und jetzt, liebe Kollegen, so leid es mir tut, ich möchte euch bitten, meine geheiligten Hallen zu verlassen, ich habe nämlich auch Feierabend. Den Abschlußbericht kriegt ihr morgen früh.« »Ist es sicher, daß die Einrisse am Anus vom Mörder sind? Ich meine, wenn sie auf den Strich gegangen ist... dort ist Analverkehr nichts Ungewöhnliches.« »Das Sperma im Anus stammt einwandfrei vom Täter. Aber lest morgen den Bericht, und laßt mich jetzt allein.« Berger und Durant liefen über den langen Kellergang, an dessen Decke sich Wasser- und Heizungsrohre entlang zogen, bis zum Aufzug, drückten den Knopf, warteten, bis der Lift mit leisem Surren hielt.
»Ein vierzehnjähriges Mädchen, heroinsüchtig, Hure, Aids. Wie viele gibt es wohl noch davon?« fragte Berger kopfschüttelnd.
»Ist das eine moralische Frage?« fragte die Kommissarin mit leichtem Spott. »Ich höre Ihren Zynismus sehr wohl, Kollegin. Aber Sie können mich damit nicht treffen«, sagte Berger müde. Der Aufzug hielt ruckartig, die Tür öffnete sich langsam. Draußen sagte Berger: »Es ist alles ein gottverdammter Sumpf aus Scheiße! Und wieder einmal hatten die lieben Eltern keinen Schimmer vom Treiben ihrer Tochter. Aber ich überlasse es gerne Ihnen, die frohe Botschaft zu überbringen. Ob mit oder ohne Schulz, bleibt Ihnen überlassen.« »Ach, übrigens«, sagte Durant, während sie ins Auto stieg, »Sie sagen, Sie hätten Informationen über Menzel eingeholt. Kann ich die haben?«
Berger schluckte schwer, versuchte zu lächeln: »Bitte, es läßt sich wohl nicht vermeiden.«
Die Kommissarin entschied, weil niemand anderes verfügbar war, Kullmer mit zu den Delgados zu nehmen. Er benahm sich auffällig friedlich, keine Anzüglichkeiten, die meiste Zeit während der Fahrt schwieg er. Frau Delgado wirkte übernächtigt, rotgeweinte Augen, Zittern, die linke Wange rot und leicht geschwollen. Sie gab die Tür wortlos frei. Delgado lag schwer atmend auf der Couch, Rauchnebel in der Wohnung, es roch streng nach Erbrochenem, einer von beiden mußte sich erst vor kurzem übergeben haben.
»Wir werden es kurz machen. Ihre Tochter ist von einem Gerichtsmediziner obduziert worden, und dabei sind einige erstaunliche Dinge festgestellt worden. Wußten Sie zum Beispiel, daß Ihre Tochter drogenabhängig war?« Frau Delgado schaute erschrocken auf und schüttelte ungläubig den Kopf. »Antonia und Drogen? Niemals!« Delgado schoß hoch und warf einen bösen Blick auf seine Frau. »Ich hab ja immer gesagt, sie ist eine verfluchte kleine Schlampe! Sie und Heroin, das paßt zusammen!« Er spie die Worte verächtlich aus. Seine Augen funkelten wie Höllenfeuer, er schlug mit einer Hand auf den Tisch. »Sie soll zur Hölle fahren, dieses verdammte Miststück! Und wissen Sie auch, warum sie so geworden ist?« Er wartete auf eine Reaktion, und als die nicht kam, sagte er, auf seine Frau deutend: »Hier, sie ist schuld! Sie hat sie immer in Schutz genommen. Antonia war ihr kleines Häschen, das alles haben durfte! Da siehst du, was du angerichtet hast! Sie hat andauernd die Schule geschwänzt, hier«, sagte er und deutete auf den Wohnzimmerschrank, »hier drin liegen die ganzen Briefe von der Schule.« »Herr Delgado, ich glaube nicht, daß es der richtige Zeitpunkt...«
»Es ist, zum Teufel noch mal, der richtige Zeitpunkt! Antonia hat sich dieses Heroin gespritzt, und ich habe es nicht gewußt! Ich hätte sie aus dem Haus geprügelt, wenn ich es gewußt hätte!«
»Julio, bitte! Ich hab doch nur versucht...«
»Halt dein Maul! Deine Erziehung war es!«
»Herr
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