Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jung, blond, tot: Roman

Jung, blond, tot: Roman

Titel: Jung, blond, tot: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
Vom Netzwerk:
womöglich bereits in den besten Kreisen eingeführt. Und integer. Und gerissen. Und voller Haß, den er aber niemandem zeigte, nur blonden Mädchen. Sie strich sich über den Bauch, dachte an Tomlin, die Zeit nach ihrer Behandlung. Sie ließ ihre Hand tiefer, zwischen ihre Schenkel gleiten, sie sehnte sich nach einem Mann, nein, sie brauchte endlich mal wieder einen richtigen Mann, einen, der ihren Hormonhaushalt in Ordnung brachte. Nicht nur One-Night-Stands. Ihr in letzter Zeit schlechter Schlaf, ihre häufig üble Laune, die vielen Zigaretten und etwas zu viel Alkohol, das alles hatte fast nur eine Ursache, das Fehlen körperlicher Zuwendung. Tomlin, wenn er nur nicht verheiratet wäre, warum mußten immer alle Männer, die ihr gefielen, verheiratet sein? Aber die Frau an seiner Seite war eine Klasse für sich, die sich von den üblichen mondänen Weibchen in ihren Kreisen auf sehr angenehme Weise unterschied. Sie war elegant und schön, mit warmen, liebevollen Augen. Wahrscheinlich hatte Tomlin diese Frau gesucht und sie verdientermaßen gefunden. Doch wenn Tomlin Julia Durant jemals fragen sollte (was ja doch nie passieren würde), ob sie mit ihm schlafen würde, sie würde, ohne zu zögern, einwilligen.
Sie blieb eine halbe Stunde in der Wanne, die Finger einige Minuten lang zwischen den Beinen. Sie schüttelte den Kopf, stieg aus der Wanne, ließ das Wasser ablaufen. Sie war unbefriedigt, es machte keine wirkliche Freude, es immer wieder selber tun zu müssen. Keine Luftschlösser mehr, nicht länger träumen, wie es wäre mit Tomlin. Viel 196 leicht wäre es ein Traum, vielleicht aber auch nur eine Enttäuschung. Irgendwer hatte mal gesagt, die schönsten Männer seien angeblich die lausigsten Liebhaber. Und wenn das stimmte, dann müßte Tomlin der lausigste Liebhaber der Welt sein. Sie trocknete sich ab, holte eine Flasche Bier aus dem Kühlschrank, nahm die jetzt warme Suppe vom Herd, machte sich zwei Wurstbrote, aß. Später stellte sie die beiden Teller in die Spüle, nahm die Flasche Bier, lief ins Wohnzimmer.
Immer noch nackt, setzte sie sich auf den Sessel, legte die Beine hoch, die kalte Flasche Bier auf den Schenkeln. Sie betrachtete ihren üppigen Busen. Tomlin! Immer und immer wieder tauchte sein jungenhaftes Gesicht vor ihr auf. Sie schalt sich eine Närrin, trank das Bier aus, stellte die Flasche neben den Sessel. Sah die Nachrichten, den Wetterbericht. Es sollte noch mehr regnen, noch kälter werden, auf der Zugspitze lag bereits ein Meter Schnee. Sie drückte den Aus-Knopf der Fernbedienung, ging zu Bett. Zog die Bettdecke bis übers Kinn, blieb einen Moment auf dem Rücken liegen, starrte zur Decke, wo sich die Lichter der Straßenbeleuchtung in bizarren Formen abzeichneten.
Sie beschloß, am Wochenende ihren Vater zu besuchen. Sie hatten sich seit einem halben Jahr nicht gesehen, nur regelmäßig miteinander telefoniert. Einmal raus aus Frankfurt, einmal für zwei Tage ausspannen. Sich in den gepflegten Wintergarten ihres Elternhauses setzen, sich vorstellen, die Welt wäre eine saubere, friedliche Kugel. Vater zuhören, dem alt gewordenen Priester, der von der Weisheit Gottes und der Ungerechtigkeit der Menschen sprechen würde, von Mutter, die er so sehr geliebt hatte und die so verantwortungslos mit ihrem Körper umgegangen war, obgleich er sie immer wieder vor dem Rau chen gewarnt hatte, bis Mutter schließlich ihr Ende in einem fürchterlichen Leiden gefunden hatte. Vater würde sich die Last dieser Welt von der Seele reden, sie würde geduldig zuhören, und dann würde das Wochenende viel zu schnell vorüber und sie selbst so frustriert sein wie zuvor. Aber sie liebte ihren alten Vater, seine Marotten, seinen unerschütterlichen Gottesglauben, den er durch alle Schwierigkeiten und Fußangeln des Lebens hindurch nicht verloren hatte, und sie empfand es als ihre Pflicht, sich zumindest dann und wann um ihn, diesen alten, kränkelnden und manchmal auch einsamen Mann, zu kümmern. Wenn sie es nicht tat, dann tat es kaum jemand, aber nicht einmal diese Ungerechtigkeit ließ ihn verzweifeln. Sie drehte sich auf den Bauch und rollte sich in ihre Bettdecke. Sie schlief schnell ein.

Freitag, 24. September, 10.00 Uhr
    Berger hatte noch am Vorabend Kontakt mit Staatsanwalt Köhler aufgenommen, der daraufhin umgehend den CID einschaltete. Der CID hatte sich sofort bereit erklärt, alle Informationen, die über Soldatenbewegungen zwischen den USA und Deutschland abrufbar waren, der Frankfurter

Weitere Kostenlose Bücher