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Jung, blond, tot: Roman

Jung, blond, tot: Roman

Titel: Jung, blond, tot: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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seiner Tochter kam. Er war immer ein eifriger und dienstbeflissener Polizist, er hat sich nie etwas zuschulden kommen lassen, ich möchte fast sagen, er hat viel von seinem Leben für seinen Beruf geopfert. Er ist einfach zusammengebrochen, und die Gründe dafür kennen Sie, zumindest zum Teil.« »Aber...«
»Nein, kein aber! Er wird wieder auf die Beine kommen, da bin ich sicher. Und bis dahin wird er von mir alle Deckung erhalten, die ich ihm geben kann. Das hat nichts damit zu tun, daß ich Schulz bevorzugen würde«, er zuckte mit den Schultern, verzog den Mund ein wenig, »na ja, vielleicht bevorzuge ich ihn ja doch etwas, aber das spielt jetzt keine Rolle. Er steckt in einer verzweifelten Lage, und ich werde der letzte sein, der ihm aus dieser Lage auch noch einen Strick dreht. Können Sie mich ein klein wenig verstehen?«
Durant nickte, schnippte die Asche auf den Boden. »Ich werde es zumindest akzeptieren. Ich wollte nur Ihre Meinung dazu hören.«
»Natürlich werde ich ihn nicht immer decken können. Sobald er sich was zuschulden kommen läßt, muß ich natürlich handeln. Aber heute war er nur betrunken. Warten wir einfach die nächsten Tage ab, okay?«
Als Julia Durant am Abend nach Hause kam, war sie erschöpft und entmutigt, warf enttäuscht und zornig ihre Sachen in die Ecke, zog eine Leggings über und ein Sweatshirt, ließ sich in den Sessel fallen. Legte die nackten Füße auf den Tisch. Sie kam sich vor wie eine Katze, die vergeblich ihren eigenen Schwanz zu fangen suchte, sich dabei im Kreise drehte, ohne jemals eine Chance zu haben, den Schwanz auch zu erwischen. Ein Gefühl sagte ihr, während sie rauchte, eine Dose Bier trank und der Fernseher lief, ohne daß sie hinsah, daß Bergers Theorie, ein Gl könnte für die Morde verantwortlich sein, nicht paßte, nicht passen konnte. Irgend etwas störte sie daran; was es genau war, wollte ihr nicht einfallen. Schon im Büro hatte sie dieses Gefühl, hatte Berger dies auch mitgeteilt, er jedoch schien felsenfest überzeugt von seiner GITheorie. Für ihn stand die Lösung des Falles offensichtlich unmittelbar bevor. Sie wollte vorerst nicht weiter darüber nachdenken, nur entspannen und etwas Kraft tanken. Sie stand auf, ließ Wasser in die Wanne laufen. Schloß das Fenster, zog die Vorhänge zu, sie fröstelte. In der Küche machte sie eine Dose Tomatensuppe auf, kippte den Inhalt in einen kleinen Topf, stellte ihn auf den Herd. Schnitt zwei Scheiben 195 Brot ab, legte sie auf einen Teller, stellte Butter auf den Tisch, hörte das Rauschen des einlaufenden Wassers. Sie wollte mit dem Essen bis nach dem Bad warten, sich einen gemütlichen Abend machen.
Als sie in die Wanne stieg und einen Moment mit geschlossenen Augen ausgestreckt dalag, dachte sie (sie wollte doch nicht darüber nachdenken!) noch einmal an die Ungereimtheit in Bergers Theorie - es mußte sich tatsächlich, wenn es ein Gl war, um einen älteren Mann handeln, einen Berufssoldaten, der dann auch noch über einen längeren Zeitraum bei einer Einheit in der Gegend von Seattle stationiert gewesen und dann nach Deutschland gekommen war. Doch soweit ihr bekannt war, wurden Soldaten öfters versetzt, blieben also nur selten so lange an einem Ort. 1984 hatten die Morde in den USA begonnen und, wenn alles stimmte, 1992 dort aufgehört. Damit wäre der Mann, vorausgesetzt es war ein Soldat, mindestens acht Jahre an einem Ort stationiert gewesen. Dies schien ziemlich unwahrscheinlich. Dann war ein Jahr verstrichen, bis die Morde in Frankfurt begannen. Doch warum immer nur im April und September, warum diesmal nur im September? Womöglich war es nur ein Zufall, daß die Morde im April und September geschahen, was aber, wenn System dahintersteckte? War es denn ein und derselbe Täter? Natürlich war es das, so viele Zufälle auf einmal waren praktisch unmöglich. Dennoch, dachte Durant, sollten sie, bevor der CID eingeschaltet wurde, erst mehr Informationen zu den Morden in den USA einholen. Ob denn wirklich alle Details mit den hier verübten Taten übereinstimmten, die Art, wie die Brüste abgeschnitten wurden, ob es sich definitiv um einen Linkshänder handelte, die Lage der Toten, die über der Brust verschränkten Arme, die Rattenschwänze, und, und, und. Nein, kein Gl, eher jemand, der aus den Staaten nach Deutschland übergesiedelt war, jemand, der vielleicht für eine begrenzte Zeit von einem Unternehmen hergeschickt worden war, seinen Trieb aber hier weiter auslebte. Intelligent und

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