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Jung, blond, tot: Roman

Jung, blond, tot: Roman

Titel: Jung, blond, tot: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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erschien mit fünfminütiger Verspätung im Vereinsheim. Er trug weder Tennisdreß, noch hatte er seine Ausrüstung bei sich.
»Nanu«, sagte Patanec verwundert, der bereits umgezogen an der Bar wartete, »soweit ich mich erinnern kann, waren wir für ein Match verabredet!« »Tut mir leid, Freund, aber es wird nichts aus dem Spiel«, sagte Tomlin außer Atem. »Bei mir ist heute abend etwas dazwischengekommen, und ich muß mich vorher unbedingt frisch machen. Ich habe dich angerufen, aber da war wieder mal nur dein dämlicher Anrufbeantworter, der mir ins Ohr gequakt hat. Aber ein paar Minuten habe ich schon noch Zeit.« Er setzte sich auf den Hocker neben Patanec, bestellte einen Martini für Patanec, einen Orangensaft mit Eis für sich, trank einen Schluck und sagte: »Susanne war wieder bei dir, stimmt's?« »Warum fragst du, du weißt es doch.« »Klar weiß ich das.« Er seufzte auf, verdrehte die Augen. »Ich weiß nicht mehr, was ich mit ihr machen soll! Sie hat große Probleme, Freund, und ich fürchte, auch du wirst sie nicht beseitigen können. Ihr Verhalten wird immer seltsamer, man könnte fast meinen, sie hätte Wahnvorstellungen. Aber um Himmels willen, kein Wort davon zu Susanne, klar?! Das bleibt jetzt genauso unter uns, wie das, was Susanne und du immer besprecht. Ich will dir nur sagen, daß irgend etwas Unerklärliches in ihrem Kopf vorgeht, ich komme aber nicht dahinter, was es sein könnte. Meine Mutter ist, wie du sicher weißt, seit heute morgen zu Besuch da, und ich weiß ja aus der Vergangenheit, daß Susanne und sie sich nicht sonderlich mögen, aber ist das ein Grund, sich gleich zu betrinken? Und dann hat sie auch noch behauptet, ich hätte Sachen, die sie mir angeblich zu Weihnachten geschenkt hat, versaut und verdreckt in einer Tonne versteckt! Mein Gott, die Sachen sind mindestens fünf Jahre alt, und ich habe sie nicht versteckt! Ich ziehe sie öfters an, wenn ich ein bißchen am Auto oder in der Garage rumfummele. Aber sie macht gleich eine Staatstragödie draus. Was ist bloß los mit ihr?« »Ich weiß es nicht, ehrlich«, sagte Patanec. »Aber sie kommt jetzt schon im elften Jahr zu dir!« »Na und? Sie spricht wirklich nur das Notwendigste. Ich kann dir leider nicht helfen«, log Patanec. »Wenn du es schon nicht weißt, wer dann?« Tomlin schüttelte den Kopf und spielte mit seinem Glas, Patanec beobachtete ihn dabei, dachte automatisch an das, was Susanne ihm von dem zerbrochenen Glas erzählt hatte. »Könnte sie«, er machte eine Pause, fuhr fort, »na ja, es hört sich für dich vielleicht sehr hart an, aber könnte sie...« Tomlin umkrampfte das Glas, seufzte auf, es fiel ihm offensichtlich äußerst schwer, das Folgende auszusprechen, schließlich überwand er sich doch und sagte leise, daß nur Patanec es hören konnte: »Mein Gott, ich weiß nicht, wie ich es ausdrücken soll, aber ich mache mir schon so lange Zeit Gedanken über sie, ich liebe sie doch, sie ist meine Frau, mein ein und alles! Ich kann einfach nicht mehr mit ansehen, wie sie innerlich von irgend etwas zerfressen wird... ich meine, ich weiß nicht, ob du das verstehen kannst, aber ich liebe sie viel zu sehr und... Sag mir, ist es möglich, daß Susanne paranoid ist, ich meine im klinischen Sinn paranoid? Oder ist sie einfach nur hysterisch?« Patanec trank seinen Martini aus, winkte den Barkeeper heran, bat ihn nachzufüllen, beantwortete erst dann Tomlins Frage. »Ich glaube, nein, ich bin überzeugt, weder das eine noch das andere trifft auf Susanne zu. Sie ist gewiß nicht paranoid. Hysterisch? Vielleicht, aber nicht mehr als andere. Ihr Problem sitzt tiefer. Wo genau, kann ich nicht sagen. Noch nicht. Ich werde mir aber Mühe geben, es herauszufinden. In deinem, vor allem aber in ihrem Interesse. Du weißt, was ich meine.«
Tomlin trank aus, warf einen unergründlichen Blick auf seinen Freund Patanec, erhob sich. Patanec bemerkte jetzt das breite Pflaster in Tomlins linker Innenhand. Er deutete darauf, fragte lachend: »Was hast du denn gemacht? Ist dir bei einer Operation das Skalpell ausgerutscht?« »So ähnlich«, meinte Tomlin schulterzuckend. »Ich habe mich geschnitten. Halb so schlimm. Ciao, wir sehen uns.«
Patanec sah ihm nach. Er war auf einmal sehr unsicher, er wußte überhaupt nicht mehr, wem und was er glauben sollte. Dennoch war da eine innere Stimme, und er 214 war geneigt, Susanne Tomlin zu glauben, was sie über ihren Mann erzählte. Doch warum, das wußte Patanec nicht.

Montag,

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