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Jung, blond, tot: Roman

Jung, blond, tot: Roman

Titel: Jung, blond, tot: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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dann nehmen wir uns den Fahrer des Busses vor. Irgendwer muß sie doch gesehen haben!« Sabine hatte Nicole um kurz vor halb neun verlassen, um den Bus um 20.33 Uhr zu erreichen. Die Haltestelle Triftstraße lag nur wenige Minuten von Sabines Wohnung entfernt, ab Einbruch der Dämmerung von Straßenlaternen mehr als genügend ausgeleuchtet. Ringsum langgezogene Wohnblocks, kein Gebüsch, kein Park, nichts, wo ein Mädchen unbemerkt hätte hingezerrt, vergewaltigt und ermordet werden können.
Sie forderten über Funk Namen und Adresse des Busfahrers an, der am vergangenen Abend Dienst auf dieser Strecke gehabt hatte. Er wohnte am Rand des Bahnhofsviertels in einem heruntergekommenen sechsstöckigen Haus aus der Jahrhundertwende, zu dem die Eingangstür weit offen stand, im Treppenhaus stank es nach einer Mischung aus orientalischer Küche und Fäkalien. Wegner war klein und untersetzt, dicke Tränensäcke unter den Augen, er gähnte, als er die Tür öffnete, seine dunkel behaarte Brust war von einem fleckigen Rippenunterhemd bedeckt, die fettigen Haare verwühlt. Durch die halbzugezogenen Vorhänge drang kaum Licht durch die kleinen, verschmierten Fenster, Bierflaschen, stinkende Mülltüten, un-gespülte, dickverkrustete Teller und Gläser, zentimeterdicker Staub, Schmuddelhefte verstreut über Tisch und Boden, Mief. Nur Wegners Dienstuniform hing fein säuberlich über einem Bügel an der Schranktür. Wegner setzte sich auf sein schmutziges Bett, Durant und Schulz zogen es vor, stehen zu bleiben. Wegner zündete sich eine Zigarette an und inhalierte tief. Gelbe Finger mit langen, brüchigen, ungepflegten Fingernägeln hielten die Zigarette, durch den Rauch sah er mit zusammengekniffenen Augen auf die Beamten.
»Was wollen Sie so früh am Morgen? Ich habe bis um eins Dienst geschoben!« »Sie sind Busfahrer auf der Linie 61?« fragte die Kommissarin, die oft in schmutzigen und verdreckten Wohnungen ermitteln mußte und doch nie begreifen würde, wie sich jemand in solchem Schmutz wohl fühlen konnte. Sie ärgerte sich schon über ihre eigene, im Vergleich dazu jedoch harmlose Unordnung. »Ist das ein Verbrechen?« »Sie trinken viel, nicht?«
»Wen geht das was an? Solange ich im Dienst nüchtern bin, kann ich machen, was ich will! Ich fahre seit mehr als zwanzig Jahren unfallfrei, wenn Ihnen das genügt?!« »Schon gut, war nicht so gemeint, wir haben nur ein paar Fragen an Sie. Hier«, sagte Durant, zog Sabines Foto aus der Jackentasche, hielt es Wegner vors Gesicht. »Kennen Sie dieses Mädchen?« »Keine Ahnung. Warum?« fragte er schmierig grinsend. »Können Sie sich erinnern, ob dieses Mädchen gestern abend um kurz nach halb neun an der Haltestelle Stresemannallee zugestiegen ist?«
»Ach so, das wollen Sie wissen! Zeigen Sie noch mal her.« Er betrachtete das Foto jetzt intensiver, nahm einen weiteren tiefen Zug an seiner Zigarette, hustete, zog den Schleim hoch und schluckte ihn runter, reichte das Foto zurück. »Sie ist in meinen Bus gestiegen. Ich weiß das auch nur, weil sie vorne eingestiegen ist und eine Fahrkarte gezogen hat. Und außerdem war der Bus fast leer. Da erinnert man sich an so ein hübsches Gesicht.« »Und wo ist sie ausgestiegen?«
»Woher soll ich das wissen?! Schwer zu sagen, aber ich glaube, es war an der Triftstraße.« Er überlegte, kratzte sich mit der linken Hand übers unrasierte Kinn, schüttelte den Kopf. »Nein, ich bin ziemlich sicher, daß sie erst am Oberforsthaus ausgestiegen ist. Aber beschwören könnte ich es nicht. Aber ich denke, es war Oberforsthaus. Sie ist hinten ausgestiegen.«
»Ist irgend jemand mit ihr zusammen ausgestiegen?« »Glaube nicht, der Bus war ja fast leer. Um diese Zeit habe ich kaum Fahrgäste. Außer bei einem Fußballspiel.« »Ist Ihnen sonst irgend etwas an dem Mädchen aufgefallen?«
»Was soll mir aufgefallen sein?«
»Wirkte das Mädchen zum Beispiel gehetzt, oder machte sie einen anderweitig auffälligen Eindruck? Weinte sie vielleicht?«
»Mein Gott, was Sie alles von mir wissen wollen! Ich habe nur gesehen, daß sie ganz passabel aussah und sonst nichts. Ich glaube, sie war völlig normal. Was ist überhaupt los?«
»Lesen Sie keine Zeitungen? Oder nur dieses Zeugs da?« fragte Julia Durant, auf die Pornos deutend. »Schon«, antwortete der Mann frech grinsend. »Aber das hier ist spannender.«
»Das war's dann fürs erste. Sollte Ihnen noch etwas einfallen, dann rufen Sie uns bitte an. Hier ist unsere Telefonnummer.« Sie schrieb sie

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