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Jung, blond, tot: Roman

Jung, blond, tot: Roman

Titel: Jung, blond, tot: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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auf einen Zettel, legte ihn auf den Tisch. »Und trinken Sie nicht so viel.« »Ich fahre seit zwanzig Jahren unfallfrei!« schrie er ihnen wütend hinterher.
Von der Haltestelle, an der Sabine zugestiegen sein sollte, bis zur Wohnung des Mädchens waren es mit dem Bus fünf bis zehn Minuten, es kam darauf an, wo sie ausgestiegen war. Sie parkten am Straßenrand, blieben im Wagen sitzen, sahen aus dem Fenster, nichts als Häuser und Mauern. Schulz trommelte mit den Fingern auf das Lenkrad, den Blick stur geradeaus gerichtet. Er würde lange brauchen, den ihm von Berger versetzten Schlag zu verdauen. Als wenn er nicht schon genug am Hals hätte! Julia Durant hatte ihr Fenster runtergekurbelt, einen Arm aufgestützt, den Kopf an die Nackenstütze gelehnt, und rauchte eine Zigarette, die zehnte oder elfte an diesem Tag, obwohl sie sich immer wieder vornahm, endlich damit aufzuhören, besonders nach dem Tod ihrer Mutter, einer starken Raucherin, die elend an Lungenkrebs zugrunde gegangen war. Nie würde sie das bläulich verfärbte Gesicht der letzten Tage und Wochen vergessen, die Luftnot, das Röcheln, dieses Ringen um Sauerstoff, die verzweifelten, stummen Hilfeschreie. Damals, vor sechs Jahren, hatte sie sich das erste Mal vorgenommen, das Rauchen auf zugeben. Sie schaffte es genau eine Woche lang. Sie war noch jung, jung genug, um die Warnungen des Arztes zu ignorieren.
»Und die nächste Haltestelle ist dann Oberforsthaus«, sagte sie nach einigen Minuten mehr zu sich selbst und blies den Rauch aus dem Fenster.
»Ich fahre mal dem Bus nach. Da kommt er nämlich schon.«
Die Linie 61 hielt vor ihnen, zwei ältere Frauen stiegen aus, soweit sie erkennen konnte, war der Bus bis auf den Fahrer leer. Schulz startete den Motor, hängte sich an den Bus. Kurz hinter der Haltestelle parkte er den Wagen auf dem Bürgersteig. »Oberforsthaus«, sagte Schulz, ohne Julia Durant anzusehen. »Was, wenn sie hier ausgestiegen ist? Aus welchen Gründen auch immer?«
»Wie weit ist es zu Fuß von hier bis zur Wohnung?« »Maximal zehn Minuten, wenn man sich sehr viel Zeit läßt.«
»Könnte sie hier ausgestiegen sein? Und wenn, warum? Ich meine, der Fahrer war sich nicht sicher, wo Sabine den Bus verlassen hat, aber er tendierte eher zum Oberforsthaus.«
»Ich bin der gleichen Meinung. Aber wer weiß schon, was im Kopf einer Siebzehnjährigen vorgeht? Ich jedenfalls nicht.«
»Ich hatte bei der Sitte viel mit Mädchen in diesem Alter zu tun, und ich denke, ich weiß einigermaßen, was in den Köpfen so mancher Mädchen vorgeht«, meinte Durant. »Aber spinnen wir den Faden weiter. Sie ist also hier ausgestiegen, was für mich bedeutet, daß sie nicht vorhatte, nach Hause zu gehen, zumindest nicht gleich. Sie wußte ja, daß ihre Eltern beide arbeiteten. Aber was hat sie hier gewollt? Und warum hat sie dieser Nicole gesagt, sie würde nach Hause fahren?« Schulz zuckte die Schultern. »Es gibt eine Menge Warums und genauso viele Antworten.«
»Und manchmal gibt es scheinbar Dinge, die man selbst einer besten Freundin nicht anvertraut.« »Was zum Beispiel?« »Ein Freund?«
»Nee«, sagte Schulz kopfschüttelnd, »glaub ich nicht. Außer, sie hätte einen Grund gehabt, diese Beziehung zu verheimlichen. Aber ehrlich, glauben Sie an den großen Unbekannten? Das ist mir eine Spur zu hypothetisch. Und außerdem, selbst wenn sie sich mit jemandem, nehmen wir an, einem Freund, verabredet hätte, was hätte sie daran gehindert, wenigstens später am Abend nach Hause zu gehen? Und wenn es stimmt, daß Nicole ihre beste Freundin ist oder war, dann hätte sie ihr von diesem unbekannten Freund erzählt. Fast jedes Mädchen in diesem Alter hat eine gute Freundin, mit der sie über alles und jeden quatscht.«
»Es gibt immer Ausnahmen! Sie kennen das mit den Pferden vor der Apotheke. Mein Gott, sie muß doch irgendwo geblieben sein! Kein Mensch löst sich einfach so in Luft auf!« sagte die Kommissarin und schnippte mit den Fingern. »Ich schlage vor, wir informieren Berger. Er soll am besten einen Suchtrupp anfordern. Oder was meinen Sie?« »Es wird uns wohl kaum etwas anderes übrigbleiben.« »Irgend etwas sagt mir, daß sie erst hier ausgestiegen ist. Wäre sie an der Triftstraße ausgestiegen, dann wäre sie doch bestimmt die wenigen Meter direkt nach Hause gegangen. Aber warum könnte sie bis hierher gefahren sein? Wollte sie vielleicht nur eine Kleinigkeit erledigen, was immer es auch gewesen sein mochte? Aber was kann man 26 hier schon

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